Jn Jhrem, der hochansehnlichen Deputirten- kammer des Königreichs Würtemberg erstatteten Kommissionsbericht über den Nachdruck gedachten Sie einer meiner Schriften, des Judenspiegels auf solche Art, die mich und mehrere meiner Freunde vermuthen ließ, Sie möchten dem auserwählten Volke Gottes sehr nahe verwandt seyn. Zwei Jh- rer schönen Landsmänninnen aber, welche jetzt eine Lustreise durch die Schweiz machen, versicherten mich, daß Sie kein Beschnittener, sondern ein Ge- taufter sind, und sich zur allein seligmachenden lu- therischen Kirche bekennen, der ich gleichfalls mit Leib und Seele zugethan bin. Den Damen und -- den Aerzten, ich meyne den Seelenärzten, muß man in solchen Punkten schon trauen; deshalb hab' ich auch diesem Angebinde seinen gegenwärtigen Platz angewiesen, und wegen unserer Glaubensgenossen- schaft es weit glimpflicher gemacht, als ich Anfangs im Sinn hatte.
Nie war ich so glücklich oder so unglücklich, mit Jhnen in irgend einem Verhältnisse zu stehen, und daher begriff ich in der That nicht, was Sie, Herr Abgeordneter, veranlassen konnte, meiner Schrift mit Ausdrücken zu erwähnen, die nicht allein Ta- del, sondern persönliche Beleidigung enthalten? Man
Herr Abgeordneter!
Jn Jhrem, der hochanſehnlichen Deputirten- kammer des Koͤnigreichs Wuͤrtemberg erſtatteten Kommiſſionsbericht uͤber den Nachdruck gedachten Sie einer meiner Schriften, des Judenſpiegels auf ſolche Art, die mich und mehrere meiner Freunde vermuthen ließ, Sie moͤchten dem auserwaͤhlten Volke Gottes ſehr nahe verwandt ſeyn. Zwei Jh- rer ſchoͤnen Landsmaͤnninnen aber, welche jetzt eine Luſtreiſe durch die Schweiz machen, verſicherten mich, daß Sie kein Beſchnittener, ſondern ein Ge- taufter ſind, und ſich zur allein ſeligmachenden lu- theriſchen Kirche bekennen, der ich gleichfalls mit Leib und Seele zugethan bin. Den Damen und — den Aerzten, ich meyne den Seelenaͤrzten, muß man in ſolchen Punkten ſchon trauen; deshalb hab’ ich auch dieſem Angebinde ſeinen gegenwaͤrtigen Platz angewieſen, und wegen unſerer Glaubensgenoſſen- ſchaft es weit glimpflicher gemacht, als ich Anfangs im Sinn hatte.
Nie war ich ſo gluͤcklich oder ſo ungluͤcklich, mit Jhnen in irgend einem Verhaͤltniſſe zu ſtehen, und daher begriff ich in der That nicht, was Sie, Herr Abgeordneter, veranlaſſen konnte, meiner Schrift mit Ausdruͤcken zu erwaͤhnen, die nicht allein Ta- del, ſondern perſoͤnliche Beleidigung enthalten? Man
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Herr Abgeordneter!
Jn Jhrem, der hochanſehnlichen Deputirten-
kammer des Koͤnigreichs Wuͤrtemberg erſtatteten
Kommiſſionsbericht uͤber den Nachdruck gedachten Sie
einer meiner Schriften, des Judenſpiegels auf
ſolche Art, die mich und mehrere meiner Freunde
vermuthen ließ, Sie moͤchten dem auserwaͤhlten
Volke Gottes ſehr nahe verwandt ſeyn. Zwei Jh-
rer ſchoͤnen Landsmaͤnninnen aber, welche jetzt eine
Luſtreiſe durch die Schweiz machen, verſicherten
mich, daß Sie kein Beſchnittener, ſondern ein Ge-
taufter ſind, und ſich zur allein ſeligmachenden lu-
theriſchen Kirche bekennen, der ich gleichfalls mit
Leib und Seele zugethan bin. Den Damen und —
den Aerzten, ich meyne den Seelenaͤrzten, muß man
in ſolchen Punkten ſchon trauen; deshalb hab’ ich
auch dieſem Angebinde ſeinen gegenwaͤrtigen Platz
angewieſen, und wegen unſerer Glaubensgenoſſen-
ſchaft es weit glimpflicher gemacht, als ich Anfangs
im Sinn hatte.
Nie war ich ſo gluͤcklich oder ſo ungluͤcklich,
mit Jhnen in irgend einem Verhaͤltniſſe zu ſtehen,
und daher begriff ich in der That nicht, was Sie,
Herr Abgeordneter, veranlaſſen konnte, meiner Schrift
mit Ausdruͤcken zu erwaͤhnen, die nicht allein Ta-
del, ſondern perſoͤnliche Beleidigung enthalten? Man
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. [5]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/5>, abgerufen am 21.11.2024.
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