stehe, möge dahin gestellt seyn. Jch habe nicht die Ehre, Sie persönlich zu kennen, so sehr ich es wünsche. Jhre Persönlichkeit kümmert mich auch wenig, denn hier ist es einzig und allein Jhr geist- voller Bericht über den Büchernachdruck, womit ich es zu thun habe.
Jn diesem Bericht duftet eine große Menge von Blumen und Blüthen, wodurch Sie wahrscheinlich den ungeheuern Umfang Jhrer Belesenheit und Ge- lehrsamkeit beurkunden wollten. Jeder Unbefangene erkennt aber gleich, daß viele jener Blumen sich nicht in Jhrem Garten entfalteten; daß manche gar nicht an ihrem Platze stehen, und daß die meisten farbe- und geruchlose Gänseblümchen sind. Das Witzwort zum Beispiel vom heiligen Crispin ist schon so oft gehört und gesagt worden, daß es be- reits den Scheitelpunkt der Alltäglichkeit erlangt hat. Mit den witzigen Einfällen aber ist es, wie mit den Blumen, die Farbe und Duft verlieren, wenn sie zu oft aus einer Hand in die andere ge- hen. Wer überdies den Nachdruck für eine Ent- wendung von fremdem, geistigem Eigenthum erklärt, und ihn aus diesem Grunde verbieten will, muß sich ja keinen Nachwitz erlauben. Jst der Nach- druck eine Entwendung geistigen Eigenthums, wie viel mehr ist es der Nachwitz? Der Nachdruk- ker giebt sich nicht für den Verfasser oder -- wel- ches einerlei ist -- für den geistigen Eigenthü-
ſtehe, moͤge dahin geſtellt ſeyn. Jch habe nicht die Ehre, Sie perſoͤnlich zu kennen, ſo ſehr ich es wuͤnſche. Jhre Perſoͤnlichkeit kuͤmmert mich auch wenig, denn hier iſt es einzig und allein Jhr geiſt- voller Bericht uͤber den Buͤchernachdruck, womit ich es zu thun habe.
Jn dieſem Bericht duftet eine große Menge von Blumen und Bluͤthen, wodurch Sie wahrſcheinlich den ungeheuern Umfang Jhrer Beleſenheit und Ge- lehrſamkeit beurkunden wollten. Jeder Unbefangene erkennt aber gleich, daß viele jener Blumen ſich nicht in Jhrem Garten entfalteten; daß manche gar nicht an ihrem Platze ſtehen, und daß die meiſten farbe- und geruchloſe Gaͤnſebluͤmchen ſind. Das Witzwort zum Beiſpiel vom heiligen Crispin iſt ſchon ſo oft gehoͤrt und geſagt worden, daß es be- reits den Scheitelpunkt der Alltaͤglichkeit erlangt hat. Mit den witzigen Einfaͤllen aber iſt es, wie mit den Blumen, die Farbe und Duft verlieren, wenn ſie zu oft aus einer Hand in die andere ge- hen. Wer uͤberdies den Nachdruck fuͤr eine Ent- wendung von fremdem, geiſtigem Eigenthum erklaͤrt, und ihn aus dieſem Grunde verbieten will, muß ſich ja keinen Nachwitz erlauben. Jſt der Nach- druck eine Entwendung geiſtigen Eigenthums, wie viel mehr iſt es der Nachwitz? Der Nachdruk- ker giebt ſich nicht fuͤr den Verfaſſer oder — wel- ches einerlei iſt — fuͤr den geiſtigen Eigenthuͤ-
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ſtehe, moͤge dahin geſtellt ſeyn. Jch habe nicht die
Ehre, Sie perſoͤnlich zu kennen, ſo ſehr ich es
wuͤnſche. Jhre Perſoͤnlichkeit kuͤmmert mich auch
wenig, denn hier iſt es einzig und allein Jhr geiſt-
voller Bericht uͤber den Buͤchernachdruck, womit ich
es zu thun habe.
Jn dieſem Bericht duftet eine große Menge von
Blumen und Bluͤthen, wodurch Sie wahrſcheinlich
den ungeheuern Umfang Jhrer Beleſenheit und Ge-
lehrſamkeit beurkunden wollten. Jeder Unbefangene
erkennt aber gleich, daß viele jener Blumen ſich
nicht in Jhrem Garten entfalteten; daß manche gar
nicht an ihrem Platze ſtehen, und daß die meiſten
farbe- und geruchloſe Gaͤnſebluͤmchen ſind. Das
Witzwort zum Beiſpiel vom heiligen Crispin iſt
ſchon ſo oft gehoͤrt und geſagt worden, daß es be-
reits den Scheitelpunkt der Alltaͤglichkeit erlangt
hat. Mit den witzigen Einfaͤllen aber iſt es, wie
mit den Blumen, die Farbe und Duft verlieren,
wenn ſie zu oft aus einer Hand in die andere ge-
hen. Wer uͤberdies den Nachdruck fuͤr eine Ent-
wendung von fremdem, geiſtigem Eigenthum erklaͤrt,
und ihn aus dieſem Grunde verbieten will, muß
ſich ja keinen Nachwitz erlauben. Jſt der Nach-
druck eine Entwendung geiſtigen Eigenthums, wie
viel mehr iſt es der Nachwitz? Der Nachdruk-
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ches einerlei iſt — fuͤr den geiſtigen Eigenthuͤ-
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/8>, abgerufen am 23.11.2024.
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