möglich, alle diejenigen Schriftsteller an sich zu ziehen, deren Werke für das Publikum durchaus unentbehrlich wären, z. B. Aerzte, Rechtsgelehrte, Chemiker, Landwirthe u. s. w. Die Preise der Schriften dieser Leute würden dann von jenen Buch- händlern so sehr gesteigert werden, daß blos der Reiche sie kaufen könnte; was sollte aus unserm Vaterlande werden? Müßte nicht jeder Minder- wohlhabende, der einen oder mehrere talentvolle Söhne hätte, darauf verzichten, ihnen eine wissen- schaftliche höhere Bildung zu geben und dadurch ihr Fortkommen zu befördern? Würden nicht auf diese Weise durch den Eigennutz von zehn bis zwölf Buch- händlern dem gemeinsamen Vaterlande vielleicht ge- rade die besten und fähigsten Diener entrissen? Und wo sollte unter jenen Umständen der Arzt, der Rechtsgelehrte, der Geistliche, dem keine großen Glücksgüter beschieden waren, bei einer zahlreichen Familie wohl das Geld zu den kostbaren Büchern hernehmen, um sich in seinem Fache zu vervollkomm- nen und mit seinem Zeitalter fort zu schreiten? Jetzt wird jener Eigennutz der Buchhändler noch etwas gebändigt durch die Besorgniß vor dem Nach- druck; was sollte ihm aber die Wage halten, wenn diese Besorgniß hinwegfiele?
Gesetzt indessen, alle unsere Verlagsbuchhänd- ler wären so fromm und so rein, wie die Engelchen im Himmel; es wäre durchaus von dergleichen
moͤglich, alle diejenigen Schriftſteller an ſich zu ziehen, deren Werke fuͤr das Publikum durchaus unentbehrlich waͤren, z. B. Aerzte, Rechtsgelehrte, Chemiker, Landwirthe u. ſ. w. Die Preiſe der Schriften dieſer Leute wuͤrden dann von jenen Buch- haͤndlern ſo ſehr geſteigert werden, daß blos der Reiche ſie kaufen koͤnnte; was ſollte aus unſerm Vaterlande werden? Muͤßte nicht jeder Minder- wohlhabende, der einen oder mehrere talentvolle Soͤhne haͤtte, darauf verzichten, ihnen eine wiſſen- ſchaftliche hoͤhere Bildung zu geben und dadurch ihr Fortkommen zu befoͤrdern? Wuͤrden nicht auf dieſe Weiſe durch den Eigennutz von zehn bis zwoͤlf Buch- haͤndlern dem gemeinſamen Vaterlande vielleicht ge- rade die beſten und faͤhigſten Diener entriſſen? Und wo ſollte unter jenen Umſtaͤnden der Arzt, der Rechtsgelehrte, der Geiſtliche, dem keine großen Gluͤcksguͤter beſchieden waren, bei einer zahlreichen Familie wohl das Geld zu den koſtbaren Buͤchern hernehmen, um ſich in ſeinem Fache zu vervollkomm- nen und mit ſeinem Zeitalter fort zu ſchreiten? Jetzt wird jener Eigennutz der Buchhaͤndler noch etwas gebaͤndigt durch die Beſorgniß vor dem Nach- druck; was ſollte ihm aber die Wage halten, wenn dieſe Beſorgniß hinwegfiele?
Geſetzt indeſſen, alle unſere Verlagsbuchhaͤnd- ler waͤren ſo fromm und ſo rein, wie die Engelchen im Himmel; es waͤre durchaus von dergleichen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0080"n="80"/>
moͤglich, alle diejenigen Schriftſteller an ſich zu<lb/>
ziehen, deren Werke fuͤr das Publikum durchaus<lb/>
unentbehrlich waͤren, z. B. Aerzte, Rechtsgelehrte,<lb/>
Chemiker, Landwirthe u. ſ. w. Die Preiſe der<lb/>
Schriften dieſer Leute wuͤrden dann von jenen Buch-<lb/>
haͤndlern ſo ſehr geſteigert werden, daß blos der<lb/>
Reiche ſie kaufen koͤnnte; was ſollte aus unſerm<lb/>
Vaterlande werden? Muͤßte nicht jeder Minder-<lb/>
wohlhabende, der einen oder mehrere talentvolle<lb/>
Soͤhne haͤtte, darauf verzichten, ihnen eine wiſſen-<lb/>ſchaftliche hoͤhere Bildung zu geben und dadurch ihr<lb/>
Fortkommen zu befoͤrdern? Wuͤrden nicht auf dieſe<lb/>
Weiſe durch den Eigennutz von zehn bis zwoͤlf Buch-<lb/>
haͤndlern dem gemeinſamen Vaterlande vielleicht ge-<lb/>
rade die beſten und faͤhigſten Diener entriſſen? Und<lb/>
wo ſollte unter jenen Umſtaͤnden der Arzt, der<lb/>
Rechtsgelehrte, der Geiſtliche, dem keine großen<lb/>
Gluͤcksguͤter beſchieden waren, bei einer zahlreichen<lb/>
Familie wohl das Geld zu den koſtbaren Buͤchern<lb/>
hernehmen, um ſich in ſeinem Fache zu vervollkomm-<lb/>
nen und mit ſeinem Zeitalter fort zu ſchreiten?<lb/>
Jetzt wird jener Eigennutz der Buchhaͤndler noch<lb/>
etwas gebaͤndigt durch die Beſorgniß vor dem Nach-<lb/>
druck; was ſollte ihm aber die Wage halten, wenn<lb/>
dieſe Beſorgniß hinwegfiele?</p><lb/><p>Geſetzt indeſſen, alle unſere Verlagsbuchhaͤnd-<lb/>
ler waͤren ſo fromm und ſo rein, wie die Engelchen<lb/>
im Himmel; es waͤre durchaus von dergleichen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[80/0080]
moͤglich, alle diejenigen Schriftſteller an ſich zu
ziehen, deren Werke fuͤr das Publikum durchaus
unentbehrlich waͤren, z. B. Aerzte, Rechtsgelehrte,
Chemiker, Landwirthe u. ſ. w. Die Preiſe der
Schriften dieſer Leute wuͤrden dann von jenen Buch-
haͤndlern ſo ſehr geſteigert werden, daß blos der
Reiche ſie kaufen koͤnnte; was ſollte aus unſerm
Vaterlande werden? Muͤßte nicht jeder Minder-
wohlhabende, der einen oder mehrere talentvolle
Soͤhne haͤtte, darauf verzichten, ihnen eine wiſſen-
ſchaftliche hoͤhere Bildung zu geben und dadurch ihr
Fortkommen zu befoͤrdern? Wuͤrden nicht auf dieſe
Weiſe durch den Eigennutz von zehn bis zwoͤlf Buch-
haͤndlern dem gemeinſamen Vaterlande vielleicht ge-
rade die beſten und faͤhigſten Diener entriſſen? Und
wo ſollte unter jenen Umſtaͤnden der Arzt, der
Rechtsgelehrte, der Geiſtliche, dem keine großen
Gluͤcksguͤter beſchieden waren, bei einer zahlreichen
Familie wohl das Geld zu den koſtbaren Buͤchern
hernehmen, um ſich in ſeinem Fache zu vervollkomm-
nen und mit ſeinem Zeitalter fort zu ſchreiten?
Jetzt wird jener Eigennutz der Buchhaͤndler noch
etwas gebaͤndigt durch die Beſorgniß vor dem Nach-
druck; was ſollte ihm aber die Wage halten, wenn
dieſe Beſorgniß hinwegfiele?
Geſetzt indeſſen, alle unſere Verlagsbuchhaͤnd-
ler waͤren ſo fromm und ſo rein, wie die Engelchen
im Himmel; es waͤre durchaus von dergleichen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/80>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.