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Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

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samer, schneller in der Aufnahmefähigkeit, feiner
in der Beobachtung seien. Jm Ausland wird mit-
unter sogar eine geistige Superiorität der Mädchen
konstatiert, so beispielsweise in Schweden, wo man
beobachtet hat, daß die raschere geistige Entwick-
lung der Mädchen vielen Knaben das Schritthalten
mit ihnen erschwere. Ebenso war auch der ge-
trennte Unterricht in den ersten zwei Universitäts-
jahren, den die vier amerikanischen Universitäten
- Sanford, Columbia, Chicago und Northwestern-
University - vor einigen Jahren vorgenommen
haben, deshalb erfolgt, weil sich die geistige Über-
legenheit der Mädchen in den ersten Semestern für
die Studenten unangenehm bemerkbar gemacht
hatte. Es war dies wohl darauf zurückzuführen,
daß das Auffassungsvermögen der Mädchen bis zu
einem gewissen Alter dem des gleichaltrigen Jüng-
lings überlegen ist, wie denn das Mädchen zu
anderen Zeiten Stillstandsepochen hat. Jedenfalls
aber sehen wir daraus, daß von einer geistigen Jn-
feriorität des weiblichen Geschlechts an sich nicht
die Rede sein kann.

Ebenso wie die Erfahrungen ergeben haben,
daß die Mädchen körperlich und geistig den An-
forderungen, die die Gemeinschaftserziehung an sie
stellen, völlig gewachsen sind, ebenso hat sich ge-
zeigt, daß die Befürchtungen etwaiger sittlicher

samer, schneller in der Aufnahmefähigkeit, feiner
in der Beobachtung seien. Jm Ausland wird mit-
unter sogar eine geistige Superiorität der Mädchen
konstatiert, so beispielsweise in Schweden, wo man
beobachtet hat, daß die raschere geistige Entwick-
lung der Mädchen vielen Knaben das Schritthalten
mit ihnen erschwere. Ebenso war auch der ge-
trennte Unterricht in den ersten zwei Universitäts-
jahren, den die vier amerikanischen Universitäten
– Sanford, Columbia, Chicago und Northwestern-
University – vor einigen Jahren vorgenommen
haben, deshalb erfolgt, weil sich die geistige Über-
legenheit der Mädchen in den ersten Semestern für
die Studenten unangenehm bemerkbar gemacht
hatte. Es war dies wohl darauf zurückzuführen,
daß das Auffassungsvermögen der Mädchen bis zu
einem gewissen Alter dem des gleichaltrigen Jüng-
lings überlegen ist, wie denn das Mädchen zu
anderen Zeiten Stillstandsepochen hat. Jedenfalls
aber sehen wir daraus, daß von einer geistigen Jn-
feriorität des weiblichen Geschlechts an sich nicht
die Rede sein kann.

Ebenso wie die Erfahrungen ergeben haben,
daß die Mädchen körperlich und geistig den An-
forderungen, die die Gemeinschaftserziehung an sie
stellen, völlig gewachsen sind, ebenso hat sich ge-
zeigt, daß die Befürchtungen etwaiger sittlicher

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[134/0138] samer, schneller in der Aufnahmefähigkeit, feiner in der Beobachtung seien. Jm Ausland wird mit- unter sogar eine geistige Superiorität der Mädchen konstatiert, so beispielsweise in Schweden, wo man beobachtet hat, daß die raschere geistige Entwick- lung der Mädchen vielen Knaben das Schritthalten mit ihnen erschwere. Ebenso war auch der ge- trennte Unterricht in den ersten zwei Universitäts- jahren, den die vier amerikanischen Universitäten – Sanford, Columbia, Chicago und Northwestern- University – vor einigen Jahren vorgenommen haben, deshalb erfolgt, weil sich die geistige Über- legenheit der Mädchen in den ersten Semestern für die Studenten unangenehm bemerkbar gemacht hatte. Es war dies wohl darauf zurückzuführen, daß das Auffassungsvermögen der Mädchen bis zu einem gewissen Alter dem des gleichaltrigen Jüng- lings überlegen ist, wie denn das Mädchen zu anderen Zeiten Stillstandsepochen hat. Jedenfalls aber sehen wir daraus, daß von einer geistigen Jn- feriorität des weiblichen Geschlechts an sich nicht die Rede sein kann. Ebenso wie die Erfahrungen ergeben haben, daß die Mädchen körperlich und geistig den An- forderungen, die die Gemeinschaftserziehung an sie stellen, völlig gewachsen sind, ebenso hat sich ge- zeigt, daß die Befürchtungen etwaiger sittlicher

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/138>, abgerufen am 02.05.2024.