Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

hältnis der Geschlechter zueinander in Frage
kommt, am schwierigsten ist, gerechte Gesetze zu
erzielen.

Vielleicht am merkwürdigsten sind die Gesetze,
die das Verhältnis der Eltern zu den Kindern
regeln. Während doch seit jeher sowohl die körper-
liche Pflege als auch die Erziehung der Kinder in
den Händen der Mutter lag und dies heute mehr
denn je der Fall ist, da der Vater anerkannter-
maßen von den Berufssorgen so in Anspruch ge-
nommen ist, daß er für Haus und Kind absolut
keine Zeit hat, geben die meisten Gesetze dem Vater
das Recht, über ihre Erziehung und ihre Person zu
bestimmen, die sogenannte elterliche Gewalt. Nur
in einer verhältnismäßig geringen Zahl durchaus
fortgeschrittener Länder ist es den Frauen neuer-
dings gelungen, die elterliche Gewalt den Müttern
zu gleichen Teilen mit den Vätern zu erwirken, so
in 13 Staaten Nordamerikas, seit 3 Jahren in
Norwegen und seit dem 1. Januar 1912 in der
Schweiz.

Der Vergleich der die Frauen betreffenden Ge-
setze der verschiedenen Länder bietet in dieser Hin-
sicht eine Fülle des Jnteressanten. Die vom Jnter-
nationalen Frauenbund kürzlich herausgegebene
Broschüre "Die Stellung der Frau im Recht der
Kulturstaaten1)" beweist es unwiderleglich, wie

1) Karlsruhe i. B, 1912.

hältnis der Geschlechter zueinander in Frage
kommt, am schwierigsten ist, gerechte Gesetze zu
erzielen.

Vielleicht am merkwürdigsten sind die Gesetze,
die das Verhältnis der Eltern zu den Kindern
regeln. Während doch seit jeher sowohl die körper-
liche Pflege als auch die Erziehung der Kinder in
den Händen der Mutter lag und dies heute mehr
denn je der Fall ist, da der Vater anerkannter-
maßen von den Berufssorgen so in Anspruch ge-
nommen ist, daß er für Haus und Kind absolut
keine Zeit hat, geben die meisten Gesetze dem Vater
das Recht, über ihre Erziehung und ihre Person zu
bestimmen, die sogenannte elterliche Gewalt. Nur
in einer verhältnismäßig geringen Zahl durchaus
fortgeschrittener Länder ist es den Frauen neuer-
dings gelungen, die elterliche Gewalt den Müttern
zu gleichen Teilen mit den Vätern zu erwirken, so
in 13 Staaten Nordamerikas, seit 3 Jahren in
Norwegen und seit dem 1. Januar 1912 in der
Schweiz.

Der Vergleich der die Frauen betreffenden Ge-
setze der verschiedenen Länder bietet in dieser Hin-
sicht eine Fülle des Jnteressanten. Die vom Jnter-
nationalen Frauenbund kürzlich herausgegebene
Broschüre „Die Stellung der Frau im Recht der
Kulturstaaten1)“ beweist es unwiderleglich, wie

1) Karlsruhe i. B, 1912.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0288" n="284"/>
hältnis der Geschlechter zueinander in Frage<lb/>
kommt, am schwierigsten ist, gerechte Gesetze zu<lb/>
erzielen.</p><lb/>
          <p>Vielleicht am merkwürdigsten sind die Gesetze,<lb/>
die das Verhältnis der Eltern zu den Kindern<lb/>
regeln. Während doch seit jeher sowohl die körper-<lb/>
liche Pflege als auch die Erziehung der Kinder in<lb/>
den Händen der Mutter lag und dies heute mehr<lb/>
denn je der Fall ist, da der Vater anerkannter-<lb/>
maßen von den Berufssorgen so in Anspruch ge-<lb/>
nommen ist, daß er für Haus und Kind absolut<lb/>
keine Zeit hat, geben die meisten Gesetze dem Vater<lb/>
das Recht, über ihre Erziehung und ihre Person zu<lb/>
bestimmen, die sogenannte elterliche Gewalt. Nur<lb/>
in einer verhältnismäßig geringen Zahl durchaus<lb/>
fortgeschrittener Länder ist es den Frauen neuer-<lb/>
dings gelungen, die elterliche Gewalt den Müttern<lb/>
zu gleichen Teilen mit den Vätern zu erwirken, so<lb/>
in 13 Staaten Nordamerikas, seit 3 Jahren in<lb/>
Norwegen und seit dem 1. Januar 1912 in der<lb/>
Schweiz.</p><lb/>
          <p>Der Vergleich der die Frauen betreffenden Ge-<lb/>
setze der verschiedenen Länder bietet in dieser Hin-<lb/>
sicht eine Fülle des Jnteressanten. Die vom Jnter-<lb/>
nationalen Frauenbund kürzlich herausgegebene<lb/>
Broschüre &#x201E;Die Stellung der Frau im Recht der<lb/>
Kulturstaaten<note place="foot" n="1)">Karlsruhe i. B, 1912.</note>&#x201C; beweist es unwiderleglich, wie<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284/0288] hältnis der Geschlechter zueinander in Frage kommt, am schwierigsten ist, gerechte Gesetze zu erzielen. Vielleicht am merkwürdigsten sind die Gesetze, die das Verhältnis der Eltern zu den Kindern regeln. Während doch seit jeher sowohl die körper- liche Pflege als auch die Erziehung der Kinder in den Händen der Mutter lag und dies heute mehr denn je der Fall ist, da der Vater anerkannter- maßen von den Berufssorgen so in Anspruch ge- nommen ist, daß er für Haus und Kind absolut keine Zeit hat, geben die meisten Gesetze dem Vater das Recht, über ihre Erziehung und ihre Person zu bestimmen, die sogenannte elterliche Gewalt. Nur in einer verhältnismäßig geringen Zahl durchaus fortgeschrittener Länder ist es den Frauen neuer- dings gelungen, die elterliche Gewalt den Müttern zu gleichen Teilen mit den Vätern zu erwirken, so in 13 Staaten Nordamerikas, seit 3 Jahren in Norwegen und seit dem 1. Januar 1912 in der Schweiz. Der Vergleich der die Frauen betreffenden Ge- setze der verschiedenen Länder bietet in dieser Hin- sicht eine Fülle des Jnteressanten. Die vom Jnter- nationalen Frauenbund kürzlich herausgegebene Broschüre „Die Stellung der Frau im Recht der Kulturstaaten 1)“ beweist es unwiderleglich, wie 1) Karlsruhe i. B, 1912.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-12-07T10:34:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/288
Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/288>, abgerufen am 24.11.2024.