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Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

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Selbst von dem Standpunkt ausgehend, daß die
uneheliche Mutterschaft unsittlich ist - ein Stand-
punkt, der gegenwärtig bereits vielfach bekämpft
wird, sollte doch gerade die Mutterschaft, die an der
Tagesordnung stehenden und solange sie kinderlos
sind, stillschweigend akzeptierten "Verhältnisse"
versittlichen - müsste doch erst auf ihre Ursachen
zurückgegangen werden, ehe man sich ihre Verur-
teilung anmaßen kann.

Die Männer wollen doch sonst immer die
Starken und Aktiven sein und die Frauen als die
Schwachen und die Passiven hinstellen, warum
ziehen sie auf dem Gebiete, wo es sicherlich mehr,
als auf vielen anderen zutrifft, nicht die nötigen
Konsequenzen? Wenn die Männer die Werbenden,
die Eroberer sind - und im Liebesleben sind sie es,
denn es wäre keine weiblich empfindende Frau,
die selber werbend auftreten würde, und sie würde
auch schwerlich anziehend auf die Männer wirken,
denen die weibliche Zurückhaltung einer ihrer
größten Reize bedeutet - da die Jnitiative also
immer von den Männern ausgeht, so ist es doch
außerordentlich ungerecht, die Folgen auf die
schwachen Schultern der Frauen abzuwälzen. Die
Natur selbst hat die letzteren darin doch schon ge-
nügend benachteiligt. Jst es nicht eine Schmach für
die Zivilisation, daß diesen natürlichen Lasten noch im
Zeitalter der "Humanitätsduselei" wie Ge-

Selbst von dem Standpunkt ausgehend, daß die
uneheliche Mutterschaft unsittlich ist – ein Stand-
punkt, der gegenwärtig bereits vielfach bekämpft
wird, sollte doch gerade die Mutterschaft, die an der
Tagesordnung stehenden und solange sie kinderlos
sind, stillschweigend akzeptierten „Verhältnisse“
versittlichen – müsste doch erst auf ihre Ursachen
zurückgegangen werden, ehe man sich ihre Verur-
teilung anmaßen kann.

Die Männer wollen doch sonst immer die
Starken und Aktiven sein und die Frauen als die
Schwachen und die Passiven hinstellen, warum
ziehen sie auf dem Gebiete, wo es sicherlich mehr,
als auf vielen anderen zutrifft, nicht die nötigen
Konsequenzen? Wenn die Männer die Werbenden,
die Eroberer sind – und im Liebesleben sind sie es,
denn es wäre keine weiblich empfindende Frau,
die selber werbend auftreten würde, und sie würde
auch schwerlich anziehend auf die Männer wirken,
denen die weibliche Zurückhaltung einer ihrer
größten Reize bedeutet – da die Jnitiative also
immer von den Männern ausgeht, so ist es doch
außerordentlich ungerecht, die Folgen auf die
schwachen Schultern der Frauen abzuwälzen. Die
Natur selbst hat die letzteren darin doch schon ge-
nügend benachteiligt. Jst es nicht eine Schmach für
die Zivilisation, daß diesen natürlichen Lasten noch im
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[296/0300] Selbst von dem Standpunkt ausgehend, daß die uneheliche Mutterschaft unsittlich ist – ein Stand- punkt, der gegenwärtig bereits vielfach bekämpft wird, sollte doch gerade die Mutterschaft, die an der Tagesordnung stehenden und solange sie kinderlos sind, stillschweigend akzeptierten „Verhältnisse“ versittlichen – müsste doch erst auf ihre Ursachen zurückgegangen werden, ehe man sich ihre Verur- teilung anmaßen kann. Die Männer wollen doch sonst immer die Starken und Aktiven sein und die Frauen als die Schwachen und die Passiven hinstellen, warum ziehen sie auf dem Gebiete, wo es sicherlich mehr, als auf vielen anderen zutrifft, nicht die nötigen Konsequenzen? Wenn die Männer die Werbenden, die Eroberer sind – und im Liebesleben sind sie es, denn es wäre keine weiblich empfindende Frau, die selber werbend auftreten würde, und sie würde auch schwerlich anziehend auf die Männer wirken, denen die weibliche Zurückhaltung einer ihrer größten Reize bedeutet – da die Jnitiative also immer von den Männern ausgeht, so ist es doch außerordentlich ungerecht, die Folgen auf die schwachen Schultern der Frauen abzuwälzen. Die Natur selbst hat die letzteren darin doch schon ge- nügend benachteiligt. Jst es nicht eine Schmach für die Zivilisation, daß diesen natürlichen Lasten noch im Zeitalter der „Humanitätsduselei“ wie Ge-

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Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/300>, abgerufen am 22.11.2024.