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Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

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Vereins- und Versammlungsrecht gebracht und sie
damit in die politische Arena eingeführt.

Wie schnell sie sich in ihr zuhause fühlten, das
zeigten die letzten Reichstagswahlen 1912.

Außer dem gewaltigen Ruck nach links war
wohl die Mitarbeit der bürgerlichen Frauen das
interessanteste Novum, das sie zeitigten.

Jn der sozialdemokratischen Partei sind die
Frauen bereits seit geraumer Zeit mit vielem Er-
folg tätig. Das ist aber auch nicht verwunderlich,
da die Sozialdemokratie seit 21 Jahren das
Frauenstimmrecht auf ihr Banner geschrieben hat
und seither, diesem Beschlusse treu, bei jeder Ge-
legenheit für volle Gleichberechtigung der Frau
eingetreten ist.

Erstaunlicher erscheint das Werben um die Mit-
arbeit der Frauen bei jenen Parteien, deren Ruf
auch heute noch lautet, die Frau gehört ins Haus,
die bis vor kurzem noch die Frau als geistig
minderwertig erklärten, denen die Hebung der
Frauenbildung, jede Erweiterung der Erwerbs-
gebiete für die Frau, jede Verbesserung ihrer gesetz-
lichen Stellung, jede Möglichkeit öffentlicher Be-
tätigung mühsam abgerungen werden mußte, die
heute noch weit entfernt davon sind, in ihrem Pro-
gramm der Frauen auch nur zu gedenken. Jch
meine da in erster Linie die konservative Partei.
Trotzdem diese Herren einen "Horror" vor der po-

Vereins- und Versammlungsrecht gebracht und sie
damit in die politische Arena eingeführt.

Wie schnell sie sich in ihr zuhause fühlten, das
zeigten die letzten Reichstagswahlen 1912.

Außer dem gewaltigen Ruck nach links war
wohl die Mitarbeit der bürgerlichen Frauen das
interessanteste Novum, das sie zeitigten.

Jn der sozialdemokratischen Partei sind die
Frauen bereits seit geraumer Zeit mit vielem Er-
folg tätig. Das ist aber auch nicht verwunderlich,
da die Sozialdemokratie seit 21 Jahren das
Frauenstimmrecht auf ihr Banner geschrieben hat
und seither, diesem Beschlusse treu, bei jeder Ge-
legenheit für volle Gleichberechtigung der Frau
eingetreten ist.

Erstaunlicher erscheint das Werben um die Mit-
arbeit der Frauen bei jenen Parteien, deren Ruf
auch heute noch lautet, die Frau gehört ins Haus,
die bis vor kurzem noch die Frau als geistig
minderwertig erklärten, denen die Hebung der
Frauenbildung, jede Erweiterung der Erwerbs-
gebiete für die Frau, jede Verbesserung ihrer gesetz-
lichen Stellung, jede Möglichkeit öffentlicher Be-
tätigung mühsam abgerungen werden mußte, die
heute noch weit entfernt davon sind, in ihrem Pro-
gramm der Frauen auch nur zu gedenken. Jch
meine da in erster Linie die konservative Partei.
Trotzdem diese Herren einen „Horror“ vor der po-

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[331/0335] Vereins- und Versammlungsrecht gebracht und sie damit in die politische Arena eingeführt. Wie schnell sie sich in ihr zuhause fühlten, das zeigten die letzten Reichstagswahlen 1912. Außer dem gewaltigen Ruck nach links war wohl die Mitarbeit der bürgerlichen Frauen das interessanteste Novum, das sie zeitigten. Jn der sozialdemokratischen Partei sind die Frauen bereits seit geraumer Zeit mit vielem Er- folg tätig. Das ist aber auch nicht verwunderlich, da die Sozialdemokratie seit 21 Jahren das Frauenstimmrecht auf ihr Banner geschrieben hat und seither, diesem Beschlusse treu, bei jeder Ge- legenheit für volle Gleichberechtigung der Frau eingetreten ist. Erstaunlicher erscheint das Werben um die Mit- arbeit der Frauen bei jenen Parteien, deren Ruf auch heute noch lautet, die Frau gehört ins Haus, die bis vor kurzem noch die Frau als geistig minderwertig erklärten, denen die Hebung der Frauenbildung, jede Erweiterung der Erwerbs- gebiete für die Frau, jede Verbesserung ihrer gesetz- lichen Stellung, jede Möglichkeit öffentlicher Be- tätigung mühsam abgerungen werden mußte, die heute noch weit entfernt davon sind, in ihrem Pro- gramm der Frauen auch nur zu gedenken. Jch meine da in erster Linie die konservative Partei. Trotzdem diese Herren einen „Horror“ vor der po-

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/335>, abgerufen am 13.05.2024.