setzen, dann muß man sagen, daß es die höchste Zeit ist, daß hier Wandel geschaffen werde, und daß, was für alle anderen Menschen recht, auch für die häusliche Arbeiterin billig sei.
Während nach der ein Jahrhundert alten preußischen Gesindeordnung dem Arbeitgeber zahl- reiche Gründe zur Verfügung stehen, um das Ge- sinde sofort zu entlassen, so z. B. Nachlässigkeit im Dienst, beharrlicher Ungehorsam, Unverträglich- keit, Unvorsichtigkeit im Gebrauch von Licht und Feuer, wiederholtes ungenehmigtes Ausbleiben über Nacht, Unehrlichkeit und eine Reihe anderer Gründe, darf das Gesinde innerhalb des Gebietes des Preußischen Landrechts, nur in beschränkten und ganz besonders krassen Fällen, wie bei Miß- handlung oder bei Verleitung zu Handlungen gegen Gesetz und gute Sitten, seinen Dienst sofort verlassen. Während bei Vertragsbruch des Ge- sindes ein polizeilicher Zwang zur Vertrags- erfüllung stattfindet, und Bestrafung erfolgt, über- dies den Arbeitgebern der Anspruch auf Schaden- ersatz zusteht, sind die Folgen des Vertragsbruches der Dienstherrschaft ausschließlich zivilrechtlicher Natur. Die Gesindeordnung des Herzogtums Lauen- burg ist 180 Jahre alt. Sie sieht als Strafe noch das Karrenschieben und den Schandpfahl vor.
Nicht minder veraltet sind die Gesindebücher. Auch hier ist wieder das Gesinde der einzige Stand,
6 Jchenhaeuser, Frauenziele.
setzen, dann muß man sagen, daß es die höchste Zeit ist, daß hier Wandel geschaffen werde, und daß, was für alle anderen Menschen recht, auch für die häusliche Arbeiterin billig sei.
Während nach der ein Jahrhundert alten preußischen Gesindeordnung dem Arbeitgeber zahl- reiche Gründe zur Verfügung stehen, um das Ge- sinde sofort zu entlassen, so z. B. Nachlässigkeit im Dienst, beharrlicher Ungehorsam, Unverträglich- keit, Unvorsichtigkeit im Gebrauch von Licht und Feuer, wiederholtes ungenehmigtes Ausbleiben über Nacht, Unehrlichkeit und eine Reihe anderer Gründe, darf das Gesinde innerhalb des Gebietes des Preußischen Landrechts, nur in beschränkten und ganz besonders krassen Fällen, wie bei Miß- handlung oder bei Verleitung zu Handlungen gegen Gesetz und gute Sitten, seinen Dienst sofort verlassen. Während bei Vertragsbruch des Ge- sindes ein polizeilicher Zwang zur Vertrags- erfüllung stattfindet, und Bestrafung erfolgt, über- dies den Arbeitgebern der Anspruch auf Schaden- ersatz zusteht, sind die Folgen des Vertragsbruches der Dienstherrschaft ausschließlich zivilrechtlicher Natur. Die Gesindeordnung des Herzogtums Lauen- burg ist 180 Jahre alt. Sie sieht als Strafe noch das Karrenschieben und den Schandpfahl vor.
Nicht minder veraltet sind die Gesindebücher. Auch hier ist wieder das Gesinde der einzige Stand,
6 Jchenhaeuser, Frauenziele.
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[81/0085]
setzen, dann muß man sagen, daß es die höchste Zeit
ist, daß hier Wandel geschaffen werde, und daß,
was für alle anderen Menschen recht, auch für die
häusliche Arbeiterin billig sei.
Während nach der ein Jahrhundert alten
preußischen Gesindeordnung dem Arbeitgeber zahl-
reiche Gründe zur Verfügung stehen, um das Ge-
sinde sofort zu entlassen, so z. B. Nachlässigkeit im
Dienst, beharrlicher Ungehorsam, Unverträglich-
keit, Unvorsichtigkeit im Gebrauch von Licht und
Feuer, wiederholtes ungenehmigtes Ausbleiben
über Nacht, Unehrlichkeit und eine Reihe anderer
Gründe, darf das Gesinde innerhalb des Gebietes
des Preußischen Landrechts, nur in beschränkten
und ganz besonders krassen Fällen, wie bei Miß-
handlung oder bei Verleitung zu Handlungen
gegen Gesetz und gute Sitten, seinen Dienst sofort
verlassen. Während bei Vertragsbruch des Ge-
sindes ein polizeilicher Zwang zur Vertrags-
erfüllung stattfindet, und Bestrafung erfolgt, über-
dies den Arbeitgebern der Anspruch auf Schaden-
ersatz zusteht, sind die Folgen des Vertragsbruches
der Dienstherrschaft ausschließlich zivilrechtlicher
Natur. Die Gesindeordnung des Herzogtums Lauen-
burg ist 180 Jahre alt. Sie sieht als Strafe noch
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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-12-07T10:34:09Z)
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Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-12-07T10:34:09Z)
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Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/85>, abgerufen am 11.02.2025.
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