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Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

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dem eine solche polizeiliche Bevormundung zuteil
wird. Sogar das Arbeitsbuch, das lange nicht so
schlimm wie das Gesindebuch war, weil in ihm
Urteile über Fleiß, Fähigkeiten, Leistungen usw.
ausgeschlossen waren, während die Dienstherr-
schaften sogar verpflichtet sind, bei Entlassung ein
vollständiges Zeugnis über Führung und Leistun-
gen einzutragen, hat sich nur für die minder-
jährigen Arbeiter erhalten, um wieviel mehr muß
dies von den Gesindebüchern verlangt werden.
Freie Zeugnisse wie in jedem anderen Berufe ge-
nügen auch hier vollständig.

Außer der Abschaffung der Gesindeordnung und
ihrem Ersatz durch ein einheitliches Recht, außer
der Abschaffung der Gesindebücher und ihrem Er-
satze durch das fakultative Arbeitszeugnis, ist
die allgemeine Unterstellung der Dienstboten unter
die Deutsche Reichsgewerbeordnung zu fordern. Sie
gewährleistet ihm den freien Arbeitsvertrag mit den
ihm notwendigen sozialpolitischen Sicherungen. Ge-
wisse Änderungen werden, der Natur des häus-
lichen Betriebes entsprechend, vorzunehmen sein,
so z. B. in bezug auf die Regelung der Arbeitszeit.
Diese ist außerordentlich notwendig, ja, ich halte
die überlange Arbeitszeit für einen der größten
Mißstände im häuslichen Berufe, aber sie wird
vielleicht erst nach und nach herabgesetzt werden
können. Jedenfalls sollten die Hausfrauen schon

dem eine solche polizeiliche Bevormundung zuteil
wird. Sogar das Arbeitsbuch, das lange nicht so
schlimm wie das Gesindebuch war, weil in ihm
Urteile über Fleiß, Fähigkeiten, Leistungen usw.
ausgeschlossen waren, während die Dienstherr-
schaften sogar verpflichtet sind, bei Entlassung ein
vollständiges Zeugnis über Führung und Leistun-
gen einzutragen, hat sich nur für die minder-
jährigen Arbeiter erhalten, um wieviel mehr muß
dies von den Gesindebüchern verlangt werden.
Freie Zeugnisse wie in jedem anderen Berufe ge-
nügen auch hier vollständig.

Außer der Abschaffung der Gesindeordnung und
ihrem Ersatz durch ein einheitliches Recht, außer
der Abschaffung der Gesindebücher und ihrem Er-
satze durch das fakultative Arbeitszeugnis, ist
die allgemeine Unterstellung der Dienstboten unter
die Deutsche Reichsgewerbeordnung zu fordern. Sie
gewährleistet ihm den freien Arbeitsvertrag mit den
ihm notwendigen sozialpolitischen Sicherungen. Ge-
wisse Änderungen werden, der Natur des häus-
lichen Betriebes entsprechend, vorzunehmen sein,
so z. B. in bezug auf die Regelung der Arbeitszeit.
Diese ist außerordentlich notwendig, ja, ich halte
die überlange Arbeitszeit für einen der größten
Mißstände im häuslichen Berufe, aber sie wird
vielleicht erst nach und nach herabgesetzt werden
können. Jedenfalls sollten die Hausfrauen schon

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[82/0086] dem eine solche polizeiliche Bevormundung zuteil wird. Sogar das Arbeitsbuch, das lange nicht so schlimm wie das Gesindebuch war, weil in ihm Urteile über Fleiß, Fähigkeiten, Leistungen usw. ausgeschlossen waren, während die Dienstherr- schaften sogar verpflichtet sind, bei Entlassung ein vollständiges Zeugnis über Führung und Leistun- gen einzutragen, hat sich nur für die minder- jährigen Arbeiter erhalten, um wieviel mehr muß dies von den Gesindebüchern verlangt werden. Freie Zeugnisse wie in jedem anderen Berufe ge- nügen auch hier vollständig. Außer der Abschaffung der Gesindeordnung und ihrem Ersatz durch ein einheitliches Recht, außer der Abschaffung der Gesindebücher und ihrem Er- satze durch das fakultative Arbeitszeugnis, ist die allgemeine Unterstellung der Dienstboten unter die Deutsche Reichsgewerbeordnung zu fordern. Sie gewährleistet ihm den freien Arbeitsvertrag mit den ihm notwendigen sozialpolitischen Sicherungen. Ge- wisse Änderungen werden, der Natur des häus- lichen Betriebes entsprechend, vorzunehmen sein, so z. B. in bezug auf die Regelung der Arbeitszeit. Diese ist außerordentlich notwendig, ja, ich halte die überlange Arbeitszeit für einen der größten Mißstände im häuslichen Berufe, aber sie wird vielleicht erst nach und nach herabgesetzt werden können. Jedenfalls sollten die Hausfrauen schon

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/86>, abgerufen am 07.05.2024.