Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

den Dienstbotenberuf liebenswerter zu machen und
der drohenden Dienstbotennot zu steuern.

Vor 13 Jahren bereits machte ich in Vorträgen,
Broschüren und in der Presse folgende Reform-
vorschläge: 1. Abschaffung der Gesindeordnungen,
2. Beseitigung der Gesindebücher, an deren Stelle
das fakultative Zeugnis zu setzen und für mino-
renne Dienstboten Arbeitsbücher einzuführen,
3. Unterstellung unter die Gewerbeordnung,
4. obligatorische Kranken- und Unfallversicherung,
5. Freigabe des Sonntagnachmittags oder ab-
wechselnd eines Sonntag- und eines Wochentag-
nachmittags, 6. Festsetzung einer wöchentlichen
Mindestruhezeit, 7. obligatorische Fortbildungs-
schule mit Haushaltungsunterricht, 8. nicht nur
allein gesunde, sondern auch behagliche Wohn-
räume, 9. Abschaffung der Trinkgelder und an
ihrer Stelle Bezahlung der Überstunden, 10. kom-
munale Arbeitsnachweise, 11. Berichtigung der Be-
zeichnung Dienstbote und Ersatz etwa durch "Haus-
gehilfin".

Selbstverständlich wurde ich damals wegen
meiner Forderungen vielfach angegriffen und von
den Witzblättern verulkt. Die Entwicklung der
Dinge hat mir aber recht gegeben. Manche meiner
damaligen Forderungen sind bereits verwirklicht,
so beispielsweise in manchen Städten der kom-
munale Arbeitsnachweis. Der Vorschlag der Um-

den Dienstbotenberuf liebenswerter zu machen und
der drohenden Dienstbotennot zu steuern.

Vor 13 Jahren bereits machte ich in Vorträgen,
Broschüren und in der Presse folgende Reform-
vorschläge: 1. Abschaffung der Gesindeordnungen,
2. Beseitigung der Gesindebücher, an deren Stelle
das fakultative Zeugnis zu setzen und für mino-
renne Dienstboten Arbeitsbücher einzuführen,
3. Unterstellung unter die Gewerbeordnung,
4. obligatorische Kranken- und Unfallversicherung,
5. Freigabe des Sonntagnachmittags oder ab-
wechselnd eines Sonntag- und eines Wochentag-
nachmittags, 6. Festsetzung einer wöchentlichen
Mindestruhezeit, 7. obligatorische Fortbildungs-
schule mit Haushaltungsunterricht, 8. nicht nur
allein gesunde, sondern auch behagliche Wohn-
räume, 9. Abschaffung der Trinkgelder und an
ihrer Stelle Bezahlung der Überstunden, 10. kom-
munale Arbeitsnachweise, 11. Berichtigung der Be-
zeichnung Dienstbote und Ersatz etwa durch „Haus-
gehilfin“.

Selbstverständlich wurde ich damals wegen
meiner Forderungen vielfach angegriffen und von
den Witzblättern verulkt. Die Entwicklung der
Dinge hat mir aber recht gegeben. Manche meiner
damaligen Forderungen sind bereits verwirklicht,
so beispielsweise in manchen Städten der kom-
munale Arbeitsnachweis. Der Vorschlag der Um-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0093" n="89"/>
den Dienstbotenberuf liebenswerter zu machen und<lb/>
der drohenden Dienstbotennot zu steuern.</p><lb/>
            <p>Vor 13 Jahren bereits machte ich in Vorträgen,<lb/>
Broschüren und in der Presse folgende Reform-<lb/>
vorschläge: 1. Abschaffung der Gesindeordnungen,<lb/>
2. Beseitigung der Gesindebücher, an deren Stelle<lb/>
das fakultative Zeugnis zu setzen und für mino-<lb/>
renne Dienstboten Arbeitsbücher einzuführen,<lb/>
3. Unterstellung unter die Gewerbeordnung,<lb/>
4. obligatorische Kranken- und Unfallversicherung,<lb/>
5. Freigabe des Sonntagnachmittags oder ab-<lb/>
wechselnd eines Sonntag- und eines Wochentag-<lb/>
nachmittags, 6. Festsetzung einer wöchentlichen<lb/>
Mindestruhezeit, 7. obligatorische Fortbildungs-<lb/>
schule mit Haushaltungsunterricht, 8. nicht nur<lb/>
allein gesunde, sondern auch behagliche Wohn-<lb/>
räume, 9. Abschaffung der Trinkgelder und an<lb/>
ihrer Stelle Bezahlung der Überstunden, 10. kom-<lb/>
munale Arbeitsnachweise, 11. Berichtigung der Be-<lb/>
zeichnung Dienstbote und Ersatz etwa durch &#x201E;Haus-<lb/>
gehilfin&#x201C;.</p><lb/>
            <p>Selbstverständlich wurde ich damals wegen<lb/>
meiner Forderungen vielfach angegriffen und von<lb/>
den Witzblättern verulkt. Die Entwicklung der<lb/>
Dinge hat mir aber recht gegeben. Manche meiner<lb/>
damaligen Forderungen sind bereits verwirklicht,<lb/>
so beispielsweise in manchen Städten der kom-<lb/>
munale Arbeitsnachweis. Der Vorschlag der Um-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0093] den Dienstbotenberuf liebenswerter zu machen und der drohenden Dienstbotennot zu steuern. Vor 13 Jahren bereits machte ich in Vorträgen, Broschüren und in der Presse folgende Reform- vorschläge: 1. Abschaffung der Gesindeordnungen, 2. Beseitigung der Gesindebücher, an deren Stelle das fakultative Zeugnis zu setzen und für mino- renne Dienstboten Arbeitsbücher einzuführen, 3. Unterstellung unter die Gewerbeordnung, 4. obligatorische Kranken- und Unfallversicherung, 5. Freigabe des Sonntagnachmittags oder ab- wechselnd eines Sonntag- und eines Wochentag- nachmittags, 6. Festsetzung einer wöchentlichen Mindestruhezeit, 7. obligatorische Fortbildungs- schule mit Haushaltungsunterricht, 8. nicht nur allein gesunde, sondern auch behagliche Wohn- räume, 9. Abschaffung der Trinkgelder und an ihrer Stelle Bezahlung der Überstunden, 10. kom- munale Arbeitsnachweise, 11. Berichtigung der Be- zeichnung Dienstbote und Ersatz etwa durch „Haus- gehilfin“. Selbstverständlich wurde ich damals wegen meiner Forderungen vielfach angegriffen und von den Witzblättern verulkt. Die Entwicklung der Dinge hat mir aber recht gegeben. Manche meiner damaligen Forderungen sind bereits verwirklicht, so beispielsweise in manchen Städten der kom- munale Arbeitsnachweis. Der Vorschlag der Um-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-12-07T10:34:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/93
Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/93>, abgerufen am 07.05.2024.