In den Wahlrechten aller Länder war bis auf jüngste Vorgänge wie in demjenigen des deutschen Reiches der Frauen nicht ausdrücklich gedacht, es musste daher zweifel- haft erscheinen, ob sie ausgeschlossen oder mitinbegriffen sind, ja die Wage neigte sich bei eingehender objectiver Betrachtung der Frage sogar zu Gunsten der Frau. Es erscheint daher durchaus nicht verwunderlich, dass in unserem Jahrhundert, dem Jahrhundert, das bis in die fernsten Zeiten hinein strahlen wird durch den Glanz der Thatsache, dass es die grössere Hälfte der Menschheit aus dunkler Träumerei zu tagfrohem thatkräftigem Handeln erhob, die Frauen von dem Recht, in dessen Besitz sie sich wähnten, Gebrauch machen und ihr vermeintliches Wahlrecht ausüben wollten.
Es geschah dies zum ersten Male in Grossbritannien im Jahre 1867. Frauen, die den Wahlcensus besassen, liessen sich in den verschiedensten Städten in die Wähler- listen eintragen. Die Wahlaufseher liessen es an einigen Orten geschehen, an anderen wieder nicht, sie waren sich selbst nicht einig, ob die Frauen in ihrem Rechte waren oder nicht, ebenso erging es den controllirenden Beamten und die widersprechendsten Entscheidungen wurden von ihnen gefällt. Immerhin gelang es über zweihundert Frauen, in die endgültigen Wahllisten eingetragen zu werden.
Da gelangte die ganze Frage zum Austrage durch die Klage von mehreren Tausenden von Frauen gegen die ihre Eintragung verweigernden Beamten. Ihre Ar- gumente lauteten: In früheren Zeiten habe es keinen
Eliza Ichenhaeuser.
In den Wahlrechten aller Länder war bis auf jüngste Vorgänge wie in demjenigen des deutschen Reiches der Frauen nicht ausdrücklich gedacht, es musste daher zweifel- haft erscheinen, ob sie ausgeschlossen oder mitinbegriffen sind, ja die Wage neigte sich bei eingehender objectiver Betrachtung der Frage sogar zu Gunsten der Frau. Es erscheint daher durchaus nicht verwunderlich, dass in unserem Jahrhundert, dem Jahrhundert, das bis in die fernsten Zeiten hinein strahlen wird durch den Glanz der Thatsache, dass es die grössere Hälfte der Menschheit aus dunkler Träumerei zu tagfrohem thatkräftigem Handeln erhob, die Frauen von dem Recht, in dessen Besitz sie sich wähnten, Gebrauch machen und ihr vermeintliches Wahlrecht ausüben wollten.
Es geschah dies zum ersten Male in Grossbritannien im Jahre 1867. Frauen, die den Wahlcensus besassen, liessen sich in den verschiedensten Städten in die Wähler- listen eintragen. Die Wahlaufseher liessen es an einigen Orten geschehen, an anderen wieder nicht, sie waren sich selbst nicht einig, ob die Frauen in ihrem Rechte waren oder nicht, ebenso erging es den controllirenden Beamten und die widersprechendsten Entscheidungen wurden von ihnen gefällt. Immerhin gelang es über zweihundert Frauen, in die endgültigen Wahllisten eingetragen zu werden.
Da gelangte die ganze Frage zum Austrage durch die Klage von mehreren Tausenden von Frauen gegen die ihre Eintragung verweigernden Beamten. Ihre Ar- gumente lauteten: In früheren Zeiten habe es keinen
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Eliza Ichenhaeuser.
In den Wahlrechten aller Länder war bis auf jüngste
Vorgänge wie in demjenigen des deutschen Reiches der
Frauen nicht ausdrücklich gedacht, es musste daher zweifel-
haft erscheinen, ob sie ausgeschlossen oder mitinbegriffen
sind, ja die Wage neigte sich bei eingehender objectiver
Betrachtung der Frage sogar zu Gunsten der Frau. Es
erscheint daher durchaus nicht verwunderlich, dass in
unserem Jahrhundert, dem Jahrhundert, das bis in die
fernsten Zeiten hinein strahlen wird durch den Glanz der
Thatsache, dass es die grössere Hälfte der Menschheit
aus dunkler Träumerei zu tagfrohem thatkräftigem Handeln
erhob, die Frauen von dem Recht, in dessen Besitz sie
sich wähnten, Gebrauch machen und ihr vermeintliches
Wahlrecht ausüben wollten.
Es geschah dies zum ersten Male in Grossbritannien
im Jahre 1867. Frauen, die den Wahlcensus besassen,
liessen sich in den verschiedensten Städten in die Wähler-
listen eintragen. Die Wahlaufseher liessen es an einigen
Orten geschehen, an anderen wieder nicht, sie waren sich
selbst nicht einig, ob die Frauen in ihrem Rechte waren
oder nicht, ebenso erging es den controllirenden Beamten
und die widersprechendsten Entscheidungen wurden von
ihnen gefällt. Immerhin gelang es über zweihundert Frauen,
in die endgültigen Wahllisten eingetragen zu werden.
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Ichenhaeuser, Eliza: Die politische Gleichberechtigung der Frau. Berlin, 1898, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_gleichberechtigung_1898/19>, abgerufen am 16.07.2024.
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