Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ichenhaeuser, Eliza: Die politische Gleichberechtigung der Frau. Berlin, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

Eliza Ichenhaeuser.
dem Satz kommen: diejenigen Dinge, welche man den
Frauen nicht zu thun erlaubt, sind gerade die, zu welchen
sie die meiste Befähigung besitzen; so ist ohne Zweifel
ihr Beruf für die Regierungskunst bei den wenigen Ge-
legenheiten, die ihnen zur Ausübung derselben geboten
waren, glänzend zu Tage getreten. ... Wir wissen,
welche kleine Zahl regierender Königinnen die Geschichte
im Vergleich zu den Königen aufzuweisen hat. Von
dieser kleinen Zahl hat nun aber verhältnissmässig ein
weit grösserer Theil Talent für die Regierung gezeigt,
obschon viele davon den Thron zu sehr verschiedenen
Zeitpunkten, also unter ganz verschiedenen Bedingungen
eingenommen haben. Merkwürdig ist ausserdem, dass
die gekrönten Frauen sich, wie sich an vielen Beispielen
erweisen lässt, häufig durch Vorzüge ausgezeichnet haben,
die der herkömmlichen Vorstellung vom weiblichen
Character schnurstracks entgegen sind, nämlich Willens-
kraft, Festigkeit und hohe Einsicht."*) Diese auf geschicht-
licher Basis beruhenden Feststellungen John Stuart Mills
schlagen die hypothetischen Behauptungen Dubocs voll-
ständig und Herr D. wird mir doch zugeben, dass zum
regieren selbst beim Parlamentarismus immer noch etwas
mehr gehört als einfach seine Stimme an der Wahlurne
abzugeben. Dass alle vortrefflichen Königinnen, Kaiser-
innen, Statthalterinnen und Regentinnen Ausnahmenaturen
waren, ist absolut ausgeschlossen, da sie nicht kraft ihrer
Persönlichkeit, sondern kraft ihrer Geburt zur Regierung
gelangten. "Hätten aber Königin Elisabeth oder Königin

*) "Die Hörigkeit der Frau", S. a. a. O.

Eliza Ichenhaeuser.
dem Satz kommen: diejenigen Dinge, welche man den
Frauen nicht zu thun erlaubt, sind gerade die, zu welchen
sie die meiste Befähigung besitzen; so ist ohne Zweifel
ihr Beruf für die Regierungskunst bei den wenigen Ge-
legenheiten, die ihnen zur Ausübung derselben geboten
waren, glänzend zu Tage getreten. … Wir wissen,
welche kleine Zahl regierender Königinnen die Geschichte
im Vergleich zu den Königen aufzuweisen hat. Von
dieser kleinen Zahl hat nun aber verhältnissmässig ein
weit grösserer Theil Talent für die Regierung gezeigt,
obschon viele davon den Thron zu sehr verschiedenen
Zeitpunkten, also unter ganz verschiedenen Bedingungen
eingenommen haben. Merkwürdig ist ausserdem, dass
die gekrönten Frauen sich, wie sich an vielen Beispielen
erweisen lässt, häufig durch Vorzüge ausgezeichnet haben,
die der herkömmlichen Vorstellung vom weiblichen
Character schnurstracks entgegen sind, nämlich Willens-
kraft, Festigkeit und hohe Einsicht.«*) Diese auf geschicht-
licher Basis beruhenden Feststellungen John Stuart Mills
schlagen die hypothetischen Behauptungen Dubocs voll-
ständig und Herr D. wird mir doch zugeben, dass zum
regieren selbst beim Parlamentarismus immer noch etwas
mehr gehört als einfach seine Stimme an der Wahlurne
abzugeben. Dass alle vortrefflichen Königinnen, Kaiser-
innen, Statthalterinnen und Regentinnen Ausnahmenaturen
waren, ist absolut ausgeschlossen, da sie nicht kraft ihrer
Persönlichkeit, sondern kraft ihrer Geburt zur Regierung
gelangten. »Hätten aber Königin Elisabeth oder Königin

*) »Die Hörigkeit der Frau«, S. a. a. O.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0095" n="82"/><fw place="top" type="header">Eliza Ichenhaeuser.</fw><lb/>
dem Satz kommen: diejenigen Dinge, welche man den<lb/>
Frauen nicht zu thun erlaubt, sind gerade die, zu welchen<lb/>
sie die meiste Befähigung besitzen; so ist ohne Zweifel<lb/>
ihr Beruf für die Regierungskunst bei den wenigen Ge-<lb/>
legenheiten, die ihnen zur Ausübung derselben geboten<lb/>
waren, glänzend zu Tage getreten. &#x2026; Wir wissen,<lb/>
welche kleine Zahl regierender Königinnen die Geschichte<lb/>
im Vergleich zu den Königen aufzuweisen hat. Von<lb/>
dieser kleinen Zahl hat nun aber verhältnissmässig ein<lb/>
weit grösserer Theil Talent für die Regierung gezeigt,<lb/>
obschon viele davon den Thron zu sehr verschiedenen<lb/>
Zeitpunkten, also unter ganz verschiedenen Bedingungen<lb/>
eingenommen haben. Merkwürdig ist ausserdem, dass<lb/>
die gekrönten Frauen sich, wie sich an vielen Beispielen<lb/>
erweisen lässt, häufig durch Vorzüge ausgezeichnet haben,<lb/>
die der herkömmlichen Vorstellung vom weiblichen<lb/>
Character schnurstracks entgegen sind, nämlich Willens-<lb/>
kraft, Festigkeit und hohe Einsicht.«<note place="foot" n="*)">»Die Hörigkeit der Frau«, S. a. a. O.</note> Diese auf geschicht-<lb/>
licher Basis beruhenden Feststellungen John Stuart Mills<lb/>
schlagen die hypothetischen Behauptungen Dubocs voll-<lb/>
ständig und Herr D. wird mir doch zugeben, dass zum<lb/>
regieren selbst beim Parlamentarismus immer noch etwas<lb/>
mehr gehört als einfach seine Stimme an der Wahlurne<lb/>
abzugeben. Dass alle vortrefflichen Königinnen, Kaiser-<lb/>
innen, Statthalterinnen und Regentinnen Ausnahmenaturen<lb/>
waren, ist absolut ausgeschlossen, da sie nicht kraft ihrer<lb/>
Persönlichkeit, sondern kraft ihrer Geburt zur Regierung<lb/>
gelangten. »Hätten aber Königin Elisabeth oder Königin<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0095] Eliza Ichenhaeuser. dem Satz kommen: diejenigen Dinge, welche man den Frauen nicht zu thun erlaubt, sind gerade die, zu welchen sie die meiste Befähigung besitzen; so ist ohne Zweifel ihr Beruf für die Regierungskunst bei den wenigen Ge- legenheiten, die ihnen zur Ausübung derselben geboten waren, glänzend zu Tage getreten. … Wir wissen, welche kleine Zahl regierender Königinnen die Geschichte im Vergleich zu den Königen aufzuweisen hat. Von dieser kleinen Zahl hat nun aber verhältnissmässig ein weit grösserer Theil Talent für die Regierung gezeigt, obschon viele davon den Thron zu sehr verschiedenen Zeitpunkten, also unter ganz verschiedenen Bedingungen eingenommen haben. Merkwürdig ist ausserdem, dass die gekrönten Frauen sich, wie sich an vielen Beispielen erweisen lässt, häufig durch Vorzüge ausgezeichnet haben, die der herkömmlichen Vorstellung vom weiblichen Character schnurstracks entgegen sind, nämlich Willens- kraft, Festigkeit und hohe Einsicht.« *) Diese auf geschicht- licher Basis beruhenden Feststellungen John Stuart Mills schlagen die hypothetischen Behauptungen Dubocs voll- ständig und Herr D. wird mir doch zugeben, dass zum regieren selbst beim Parlamentarismus immer noch etwas mehr gehört als einfach seine Stimme an der Wahlurne abzugeben. Dass alle vortrefflichen Königinnen, Kaiser- innen, Statthalterinnen und Regentinnen Ausnahmenaturen waren, ist absolut ausgeschlossen, da sie nicht kraft ihrer Persönlichkeit, sondern kraft ihrer Geburt zur Regierung gelangten. »Hätten aber Königin Elisabeth oder Königin *) »Die Hörigkeit der Frau«, S. a. a. O.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-02-20T18:11:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-02-20T18:11:38Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_gleichberechtigung_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_gleichberechtigung_1898/95
Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Die politische Gleichberechtigung der Frau. Berlin, 1898, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_gleichberechtigung_1898/95>, abgerufen am 24.11.2024.