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Ideler, Karl Wilhelm: Der religiöse Wahnsinn, erläutert durch Krankengeschichten. Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen Wirren der Gegenwart. Halle (Saale), 1847.

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abreden, und um aus ihrer Mitte durch das Loos einen
Landespräsidenten zu erwählen. Nach der getroffenen Wahl
des Präsidenten wird Uns das israelitische Landes Collegium,
welches aus den Provinzialräthen besteht, davon unterrichten,
und die Wahl Unserer Bestätigung vorlegen. Wir werden
Uns alsdann die Landespräsidenten vorstellen lassen, aus ih¬
ren Händen die Verzeichnisse und Glückwünsche Unseres ge¬
liebten Volkes entnehmen, und Uns mit ihnen über das Wohl
Israels berathen," u. s. w.

Nachdem unser Weltverbesserer durch Veranlassung der
Königl. Preuß. Gesandtschaft in Constantinopel nach Deutsch¬
land zurückgebracht worden, und er seinen Angehörigen, welche
den Erwerblosen bei sich aufnehmen mußten, durch die stets
wiederholten Aeußerungen seines Wahns sehr zur Last gefal¬
len war, erfolgte im Winter des Jahres 1834 seine Auf¬
nahme in die Charite. Diese seinen Hochmuth demüthigende
Maaßregel beugte ihn tief, und er gab während der ganzen Zeit
seiner Anwesenheit in der Heilanstalt durch sein Benehmen
eine leidende Haltung des Gemüths zu erkennen, weshalb er
allen an ihn gerichteten Anforderungen mit der strengsten
Pünktlichkeit nachlebte. Eine Zeit lang gab er sich das An¬
sehen, als ob er über seine Verirrungen zum deutlichen Selbst¬
bewußtsein gekommen sei, und deshalb seinen hochfliegenden
Planen auf immer entsage; denn er versicherte, durch den Er¬
folg seines Unternehmens zu der Ueberzeugung gelangt zu sein,
daß er dasselbe nicht nach göttlichem Willen begonnen habe.
Indeß bedürfte es nur eines Blicks auf den langjährigen
Ursprung seines Gemüthsleidens, um zu erkennen, daß das¬
selbe mit seiner ganzen geistigen Entwickelung innig verwebt
war, und daher die Hoffnung auf Heilung fast unbedingt
ausschloß. Auch verrieth er seine wahre Gesinnung in einigen
unbewachten Augenblicken, wo er, gereizt durch die Bemer¬
kungen eines anderen Kranken, der seine Verirrungen richtig
beurtheilte, seinen grenzenlosen Hochmuth in den unzweideu¬
tigsten Ausdrücken kund gab. Nachdem ihm die Larve der
Verstellung entfallen, und er auf die Unredlichkeit einer ab¬
sichtlichen Täuschung aufmerksam gemacht worden war, ent¬
hielt er sich auch derselben in der Folgezeit; doch versicherte

abreden, und um aus ihrer Mitte durch das Loos einen
Landespraͤſidenten zu erwaͤhlen. Nach der getroffenen Wahl
des Praͤſidenten wird Uns das israelitiſche Landes Collegium,
welches aus den Provinzialraͤthen beſteht, davon unterrichten,
und die Wahl Unſerer Beſtaͤtigung vorlegen. Wir werden
Uns alsdann die Landespraͤſidenten vorſtellen laſſen, aus ih¬
ren Haͤnden die Verzeichniſſe und Gluͤckwuͤnſche Unſeres ge¬
liebten Volkes entnehmen, und Uns mit ihnen uͤber das Wohl
Israels berathen,” u. ſ. w.

Nachdem unſer Weltverbeſſerer durch Veranlaſſung der
Koͤnigl. Preuß. Geſandtſchaft in Conſtantinopel nach Deutſch¬
land zuruͤckgebracht worden, und er ſeinen Angehoͤrigen, welche
den Erwerbloſen bei ſich aufnehmen mußten, durch die ſtets
wiederholten Aeußerungen ſeines Wahns ſehr zur Laſt gefal¬
len war, erfolgte im Winter des Jahres 1834 ſeine Auf¬
nahme in die Charité. Dieſe ſeinen Hochmuth demuͤthigende
Maaßregel beugte ihn tief, und er gab waͤhrend der ganzen Zeit
ſeiner Anweſenheit in der Heilanſtalt durch ſein Benehmen
eine leidende Haltung des Gemuͤths zu erkennen, weshalb er
allen an ihn gerichteten Anforderungen mit der ſtrengſten
Puͤnktlichkeit nachlebte. Eine Zeit lang gab er ſich das An¬
ſehen, als ob er uͤber ſeine Verirrungen zum deutlichen Selbſt¬
bewußtſein gekommen ſei, und deshalb ſeinen hochfliegenden
Planen auf immer entſage; denn er verſicherte, durch den Er¬
folg ſeines Unternehmens zu der Ueberzeugung gelangt zu ſein,
daß er daſſelbe nicht nach goͤttlichem Willen begonnen habe.
Indeß beduͤrfte es nur eines Blicks auf den langjaͤhrigen
Urſprung ſeines Gemuͤthsleidens, um zu erkennen, daß daſ¬
ſelbe mit ſeiner ganzen geiſtigen Entwickelung innig verwebt
war, und daher die Hoffnung auf Heilung faſt unbedingt
ausſchloß. Auch verrieth er ſeine wahre Geſinnung in einigen
unbewachten Augenblicken, wo er, gereizt durch die Bemer¬
kungen eines anderen Kranken, der ſeine Verirrungen richtig
beurtheilte, ſeinen grenzenloſen Hochmuth in den unzweideu¬
tigſten Ausdruͤcken kund gab. Nachdem ihm die Larve der
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[229/0237] abreden, und um aus ihrer Mitte durch das Loos einen Landespraͤſidenten zu erwaͤhlen. Nach der getroffenen Wahl des Praͤſidenten wird Uns das israelitiſche Landes Collegium, welches aus den Provinzialraͤthen beſteht, davon unterrichten, und die Wahl Unſerer Beſtaͤtigung vorlegen. Wir werden Uns alsdann die Landespraͤſidenten vorſtellen laſſen, aus ih¬ ren Haͤnden die Verzeichniſſe und Gluͤckwuͤnſche Unſeres ge¬ liebten Volkes entnehmen, und Uns mit ihnen uͤber das Wohl Israels berathen,” u. ſ. w. Nachdem unſer Weltverbeſſerer durch Veranlaſſung der Koͤnigl. Preuß. Geſandtſchaft in Conſtantinopel nach Deutſch¬ land zuruͤckgebracht worden, und er ſeinen Angehoͤrigen, welche den Erwerbloſen bei ſich aufnehmen mußten, durch die ſtets wiederholten Aeußerungen ſeines Wahns ſehr zur Laſt gefal¬ len war, erfolgte im Winter des Jahres 1834 ſeine Auf¬ nahme in die Charité. Dieſe ſeinen Hochmuth demuͤthigende Maaßregel beugte ihn tief, und er gab waͤhrend der ganzen Zeit ſeiner Anweſenheit in der Heilanſtalt durch ſein Benehmen eine leidende Haltung des Gemuͤths zu erkennen, weshalb er allen an ihn gerichteten Anforderungen mit der ſtrengſten Puͤnktlichkeit nachlebte. Eine Zeit lang gab er ſich das An¬ ſehen, als ob er uͤber ſeine Verirrungen zum deutlichen Selbſt¬ bewußtſein gekommen ſei, und deshalb ſeinen hochfliegenden Planen auf immer entſage; denn er verſicherte, durch den Er¬ folg ſeines Unternehmens zu der Ueberzeugung gelangt zu ſein, daß er daſſelbe nicht nach goͤttlichem Willen begonnen habe. Indeß beduͤrfte es nur eines Blicks auf den langjaͤhrigen Urſprung ſeines Gemuͤthsleidens, um zu erkennen, daß daſ¬ ſelbe mit ſeiner ganzen geiſtigen Entwickelung innig verwebt war, und daher die Hoffnung auf Heilung faſt unbedingt ausſchloß. Auch verrieth er ſeine wahre Geſinnung in einigen unbewachten Augenblicken, wo er, gereizt durch die Bemer¬ kungen eines anderen Kranken, der ſeine Verirrungen richtig beurtheilte, ſeinen grenzenloſen Hochmuth in den unzweideu¬ tigſten Ausdruͤcken kund gab. Nachdem ihm die Larve der Verſtellung entfallen, und er auf die Unredlichkeit einer ab¬ ſichtlichen Taͤuſchung aufmerkſam gemacht worden war, ent¬ hielt er ſich auch derſelben in der Folgezeit; doch verſicherte

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Zitationshilfe: Ideler, Karl Wilhelm: Der religiöse Wahnsinn, erläutert durch Krankengeschichten. Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen Wirren der Gegenwart. Halle (Saale), 1847, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ideler_wahnsinn_1847/237>, abgerufen am 21.11.2024.