Ideler, Karl Wilhelm: Der religiöse Wahnsinn, erläutert durch Krankengeschichten. Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen Wirren der Gegenwart. Halle (Saale), 1847.Angriff des Teufels, welcher ihm überall in den Weg trete. Von Nachdem der zur Aussöhnung seiner Familie bei der Abend¬ Ideler über d. rel. Wahnsinn. 3
Angriff des Teufels, welcher ihm uͤberall in den Weg trete. Von Nachdem der zur Ausſoͤhnung ſeiner Familie bei der Abend¬ Ideler uͤber d. rel. Wahnſinn. 3
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Angriff des Teufels, welcher ihm uͤberall in den Weg trete. Von
raſtloſer Quaal gefoltert, hatte er nach der Ruͤckkehr von der Ar¬
beit nichts Eiligeres zu thun, als die erhaltenen 8 Groſchen in
den zerriſſenen Stiefel zu ſtecken, und letzteren an einem
entfernten Orte ins Waſſer zu werfen. Das Entſetzen uͤber die
Verſuchungen des Teufels machte in ihm die Empfindung rege,
als ob dieſer ihn in Stuͤcke zerreißen wollte, weshalb er im ſchnel¬
len Laufe nach der Wohnung zuruͤckkehrte, um alle Gegenſtaͤnde,
welche ſeiner Meinung nach irgend vom Teufel beruͤhrt ſein konn¬
ten, ſorgfaͤltig abzuwaſchen. Eifriges Flehen zu Gott um Schutz
gegen den Boͤſen und fleißiges Bibelleſen wurden ihm nun zum
Beduͤrfniß, konnten aber nur dazu dienen, ſeiner ſchon in Wahn¬
witz ausgearteten Schwaͤrmerei neue Nahrung zu geben.
Nachdem der zur Ausſoͤhnung ſeiner Familie bei der Abend¬
mahlsfeier von ihm beſtimmte Sonntag verſtrichen war, ohne
ſeine ſehnliche Hoffnung in Erfuͤllung zu bringen, betete er in¬
bruͤnſtig zu Gott, daß er durch ſeine Gnade die Ausſoͤhnung der
Entzweiten bewirken wolle, wobei er eifrig in der Bibel las,
um aus ihr Troſt zu ſchoͤpfen. Vorzuͤglich wurde ſeine Aufmerk¬
ſamkeit gefeſſelt durch das 10. Kapitel der Apoſtelgeſchichte, wo
die von Petrus an dem Hauptmann Cornelius vollzogene Taufe
erzaͤhlt, und zugleich berichtet wird, daß letzterer 4 Tage faſtete
und betete, worauf ein Mann in hellem Kleide mit den Worten
auf ihn zutrat: „Corneli, dein Gebet iſt erhoͤrt, und deiner
Almoſen iſt gedacht vor Gott.” R. glaubte hieraus folgern zu
duͤrfen, daß man durch Faſten Gott zur Erhoͤrung inbruͤnſtiger
Gebete bewegen koͤnne, und ſogleich ſtand ſein Entſchluß feſt,
ſich dieſes Mittels zu bedienen. Er enthielt ſich daher von naͤch¬
ſter Mittwoche an aller Nahrung gaͤnzlich, wollte dies zuerſt nur
bis zum Donnerstage fortſetzen, weil an demſelben eine Wochen¬
communion gehalten wurde, fuͤhrte aber ſeinen Vorſatz, da ſeine
Familie an letzterer nicht Theil nahm, bis zum naͤchſten Montage,
wo ſeine Verſetzung in die Charité erfolgte, beharrlich durch, in
der feſten Ueberzeugung, daß Gott ſein inbruͤnſtiges Flehen er¬
hoͤren werde. Er verſichert, in dieſer ganzen Zeit nicht den ge¬
ringſten Hunger, und erſt am Sonntage einigen Durſt empfun¬
den zu haben, wurde aber zu aller Arbeit unfaͤhig, und beſchaͤf¬
tigte ſich nur mit anhaltendem Bibelleſen bei verſchloſſener Thuͤre,
Ideler uͤber d. rel. Wahnſinn. 3
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