Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite
Amtmann. Glauben Sie, daß ich Gedächtniß für
pöbelhafte Beleidigungen habe?
Pastor. Sind Sie von den Beweisen überzeugt,
wonach Sie handeln?
Amtmann. Was kann mich verbinden, solche Fra-
gen zu beantworten!
Pastor. Getrauen Sie sich, auf den Bericht, wel-
chen Sie von der Sache gemacht haben, plözlich vor
Gott zu erscheinen?
Amtmann. Sie nehmen sich heraus, mir Dinge
zu --
Pastor. Mann! Das Sterben des ungerechten
Richters ist schrecklich. Nicht der Prunk frommer
Stiftungen, nicht bezahlte Fürbitten mildern die Angst
der Seele -- Zagen der Verzweiflung macht die Leiden
des Körpers entsezlicher. Niemand -- nimmt An-
theil; selbst die nicht, die er bereichert hat. Die Um-
stehenden beten und zweifeln. Mit Schauer sehen sie
der abgeforderten Seele in das ewige Dunkel nach --
und verlassen die Hülle mit Grausen.
Amtmann. Wozu soll denn der Galimathias am
Ende?
Pastor. Weg mit dem Ausdruck; er ist unter Ih-
nen, wenn ich ihn auch verzeihe. -- Sie sind kränklich;
Amtmann. Glauben Sie, daß ich Gedaͤchtniß fuͤr
poͤbelhafte Beleidigungen habe?
Paſtor. Sind Sie von den Beweiſen uͤberzeugt,
wonach Sie handeln?
Amtmann. Was kann mich verbinden, ſolche Fra-
gen zu beantworten!
Paſtor. Getrauen Sie ſich, auf den Bericht, wel-
chen Sie von der Sache gemacht haben, ploͤzlich vor
Gott zu erſcheinen?
Amtmann. Sie nehmen ſich heraus, mir Dinge
zu —
Paſtor. Mann! Das Sterben des ungerechten
Richters iſt ſchrecklich. Nicht der Prunk frommer
Stiftungen, nicht bezahlte Fuͤrbitten mildern die Angſt
der Seele — Zagen der Verzweiflung macht die Leiden
des Koͤrpers entſezlicher. Niemand — nimmt An-
theil; ſelbſt die nicht, die er bereichert hat. Die Um-
ſtehenden beten und zweifeln. Mit Schauer ſehen ſie
der abgeforderten Seele in das ewige Dunkel nach —
und verlaſſen die Huͤlle mit Grauſen.
Amtmann. Wozu ſoll denn der Galimathias am
Ende?
Paſtor. Weg mit dem Ausdruck; er iſt unter Ih-
nen, wenn ich ihn auch verzeihe. — Sie ſind kraͤnklich;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0178" n="172"/>
          <sp who="#AMT">
            <speaker>Amtmann.</speaker>
            <p>Glauben Sie, daß ich Geda&#x0364;chtniß fu&#x0364;r<lb/>
po&#x0364;belhafte Beleidigungen habe?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#PAS">
            <speaker>Pa&#x017F;tor.</speaker>
            <p>Sind Sie von den Bewei&#x017F;en u&#x0364;berzeugt,<lb/>
wonach Sie handeln?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#AMT">
            <speaker>Amtmann.</speaker>
            <p>Was kann mich verbinden, &#x017F;olche Fra-<lb/>
gen zu beantworten!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#PAS">
            <speaker>Pa&#x017F;tor.</speaker>
            <p>Getrauen Sie &#x017F;ich, auf den Bericht, wel-<lb/>
chen Sie von der Sache gemacht haben, plo&#x0364;zlich vor<lb/>
Gott zu er&#x017F;cheinen?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#AMT">
            <speaker>Amtmann.</speaker>
            <p>Sie nehmen &#x017F;ich heraus, mir Dinge<lb/>
zu &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#PAS">
            <speaker>Pa&#x017F;tor.</speaker>
            <p>Mann! Das Sterben des ungerechten<lb/>
Richters i&#x017F;t &#x017F;chrecklich. Nicht der Prunk frommer<lb/>
Stiftungen, nicht bezahlte Fu&#x0364;rbitten mildern die Ang&#x017F;t<lb/>
der Seele &#x2014; Zagen der Verzweiflung macht die Leiden<lb/>
des Ko&#x0364;rpers ent&#x017F;ezlicher. Niemand &#x2014; nimmt An-<lb/>
theil; &#x017F;elb&#x017F;t die nicht, die er bereichert hat. Die Um-<lb/>
&#x017F;tehenden beten und zweifeln. Mit Schauer &#x017F;ehen &#x017F;ie<lb/>
der abgeforderten Seele in das ewige Dunkel nach &#x2014;<lb/>
und verla&#x017F;&#x017F;en die Hu&#x0364;lle mit Grau&#x017F;en.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#AMT">
            <speaker>Amtmann.</speaker>
            <p>Wozu &#x017F;oll denn der Galimathias am<lb/>
Ende?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#PAS">
            <speaker>Pa&#x017F;tor.</speaker>
            <p>Weg mit dem Ausdruck; er i&#x017F;t unter Ih-<lb/>
nen, wenn ich ihn auch verzeihe. &#x2014; Sie &#x017F;ind kra&#x0364;nklich;<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0178] Amtmann. Glauben Sie, daß ich Gedaͤchtniß fuͤr poͤbelhafte Beleidigungen habe? Paſtor. Sind Sie von den Beweiſen uͤberzeugt, wonach Sie handeln? Amtmann. Was kann mich verbinden, ſolche Fra- gen zu beantworten! Paſtor. Getrauen Sie ſich, auf den Bericht, wel- chen Sie von der Sache gemacht haben, ploͤzlich vor Gott zu erſcheinen? Amtmann. Sie nehmen ſich heraus, mir Dinge zu — Paſtor. Mann! Das Sterben des ungerechten Richters iſt ſchrecklich. Nicht der Prunk frommer Stiftungen, nicht bezahlte Fuͤrbitten mildern die Angſt der Seele — Zagen der Verzweiflung macht die Leiden des Koͤrpers entſezlicher. Niemand — nimmt An- theil; ſelbſt die nicht, die er bereichert hat. Die Um- ſtehenden beten und zweifeln. Mit Schauer ſehen ſie der abgeforderten Seele in das ewige Dunkel nach — und verlaſſen die Huͤlle mit Grauſen. Amtmann. Wozu ſoll denn der Galimathias am Ende? Paſtor. Weg mit dem Ausdruck; er iſt unter Ih- nen, wenn ich ihn auch verzeihe. — Sie ſind kraͤnklich;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/iffland_jaeger_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/iffland_jaeger_1785/178
Zitationshilfe: Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/iffland_jaeger_1785/178>, abgerufen am 04.12.2024.