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Immermann, Karl: Der Carneval und die Somnambüle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 139–273. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Und was mehr, der Psychologe lernt daraus, wie die Frauenzimmer der verschiedenen Nationen sich in der Liebe benehmen.

Er ließ unsern Freund allein zurück bei jenen Briefen und begab sich zu dem Verwundeten, der eben unter dem Fenster mit verdoppelter Heftigkeit wieder sein Geschrei ausstieß. -- Als er nach einer halben Stunde zurückkehrte, hatte er einen Anblick, den er nicht erwartete. Gustav lag, das Gesicht auf dem Tische, beide Hände weit über demselben ausgestreckt, und vor ihm lag eines der Packete, geöffnet und, wie es schien, gelesen. Was fehlt Ihnen? fragte der Amtmann bestürzt. Gustav richtete sich in die Höhe, sein Gesicht war blaß und entstellt, wie das Antlitz eines Mannes, der etwas Furchtbares sah. Können Sie mir diese Briefe wohl auf wenige Tage anvertrauen gegen Pfand oder sonstige Sicherheit, die Ihnen angemessen dünkt? fragte er den Verwunderten mit tonloser, erstorbner Stimme, indem er auf das geöffnete Packet deutete. -- Diese? die italienische Korrespondenz? versetzte der Richter. Mir genügt Ihr Wort, die Briefe nach gedachtem Gebrauch zurückzugeben. Aber was wollen Sie damit? Er that noch verschiedne Fragen, das Innere unsres verwandelten Freundes zu erforschen, jedoch vergebens. Zum erstenmal in seinem Leben fühlte er sich von seinem Scharfsinne, seiner Seelenkennerschaft, diesem Kummer gegenüber, verlassen.

Und was mehr, der Psychologe lernt daraus, wie die Frauenzimmer der verschiedenen Nationen sich in der Liebe benehmen.

Er ließ unsern Freund allein zurück bei jenen Briefen und begab sich zu dem Verwundeten, der eben unter dem Fenster mit verdoppelter Heftigkeit wieder sein Geschrei ausstieß. — Als er nach einer halben Stunde zurückkehrte, hatte er einen Anblick, den er nicht erwartete. Gustav lag, das Gesicht auf dem Tische, beide Hände weit über demselben ausgestreckt, und vor ihm lag eines der Packete, geöffnet und, wie es schien, gelesen. Was fehlt Ihnen? fragte der Amtmann bestürzt. Gustav richtete sich in die Höhe, sein Gesicht war blaß und entstellt, wie das Antlitz eines Mannes, der etwas Furchtbares sah. Können Sie mir diese Briefe wohl auf wenige Tage anvertrauen gegen Pfand oder sonstige Sicherheit, die Ihnen angemessen dünkt? fragte er den Verwunderten mit tonloser, erstorbner Stimme, indem er auf das geöffnete Packet deutete. — Diese? die italienische Korrespondenz? versetzte der Richter. Mir genügt Ihr Wort, die Briefe nach gedachtem Gebrauch zurückzugeben. Aber was wollen Sie damit? Er that noch verschiedne Fragen, das Innere unsres verwandelten Freundes zu erforschen, jedoch vergebens. Zum erstenmal in seinem Leben fühlte er sich von seinem Scharfsinne, seiner Seelenkennerschaft, diesem Kummer gegenüber, verlassen.

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[0132] Und was mehr, der Psychologe lernt daraus, wie die Frauenzimmer der verschiedenen Nationen sich in der Liebe benehmen. Er ließ unsern Freund allein zurück bei jenen Briefen und begab sich zu dem Verwundeten, der eben unter dem Fenster mit verdoppelter Heftigkeit wieder sein Geschrei ausstieß. — Als er nach einer halben Stunde zurückkehrte, hatte er einen Anblick, den er nicht erwartete. Gustav lag, das Gesicht auf dem Tische, beide Hände weit über demselben ausgestreckt, und vor ihm lag eines der Packete, geöffnet und, wie es schien, gelesen. Was fehlt Ihnen? fragte der Amtmann bestürzt. Gustav richtete sich in die Höhe, sein Gesicht war blaß und entstellt, wie das Antlitz eines Mannes, der etwas Furchtbares sah. Können Sie mir diese Briefe wohl auf wenige Tage anvertrauen gegen Pfand oder sonstige Sicherheit, die Ihnen angemessen dünkt? fragte er den Verwunderten mit tonloser, erstorbner Stimme, indem er auf das geöffnete Packet deutete. — Diese? die italienische Korrespondenz? versetzte der Richter. Mir genügt Ihr Wort, die Briefe nach gedachtem Gebrauch zurückzugeben. Aber was wollen Sie damit? Er that noch verschiedne Fragen, das Innere unsres verwandelten Freundes zu erforschen, jedoch vergebens. Zum erstenmal in seinem Leben fühlte er sich von seinem Scharfsinne, seiner Seelenkennerschaft, diesem Kummer gegenüber, verlassen.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:19:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:19:09Z)

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Der Carneval und die Somnambüle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 139–273. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_carneval_1910/132>, abgerufen am 21.11.2024.