es regnete, (und es pflegt oft in jener Gegend zu regnen;) so verwandelte sich bald der Burghof in einen undurchwatbaren Sumpf, auf welchem, wenn die Geschichte nicht Lügen berichtet, zuweilen selbst Schnepfen sich hatten betreten lassen.
Völlig entsprechend diesem Zugange war das Aeußere und Innere des Schloßgebäudes selbst. Die Wände hatten ihre Tünche, ja zum Theil ihren Bewurf verloren. Nach einer Seite hin war die Giebelwand bedeutend ausgewichen und durch einen Balken gestützt worden, der aber am unteren Ende auch schon zu morschen begann, und daher nur eine geringe Zuversicht gewährte. Ließ man sich nun durch diesen Anblick nicht abschrecken, in das Gebäude eintreten zu wollen, so bot die Thüre immer noch ein großes Hinderniß dar. Denn die Feder war in dem alten verrosteten Schlosse längst unthätig geworden, und die Klinke gab nur wiederholtem und gewaltsamem Drücken nach, bei welchem sie aber nicht selten aus ihrer Mutter fuhr und dem Klinkenden in der Hand sitzen blieb. Die Bewohner pflegten sich daher auch mehr eines nach und nach sehr erweiterten Loches in der Wand zum Ein- und Ausgange zu bedienen,
es regnete, (und es pflegt oft in jener Gegend zu regnen;) ſo verwandelte ſich bald der Burghof in einen undurchwatbaren Sumpf, auf welchem, wenn die Geſchichte nicht Lügen berichtet, zuweilen ſelbſt Schnepfen ſich hatten betreten laſſen.
Völlig entſprechend dieſem Zugange war das Aeußere und Innere des Schloßgebäudes ſelbſt. Die Wände hatten ihre Tünche, ja zum Theil ihren Bewurf verloren. Nach einer Seite hin war die Giebelwand bedeutend ausgewichen und durch einen Balken geſtützt worden, der aber am unteren Ende auch ſchon zu morſchen begann, und daher nur eine geringe Zuverſicht gewährte. Ließ man ſich nun durch dieſen Anblick nicht abſchrecken, in das Gebäude eintreten zu wollen, ſo bot die Thüre immer noch ein großes Hinderniß dar. Denn die Feder war in dem alten verroſteten Schloſſe längſt unthätig geworden, und die Klinke gab nur wiederholtem und gewaltſamem Drücken nach, bei welchem ſie aber nicht ſelten aus ihrer Mutter fuhr und dem Klinkenden in der Hand ſitzen blieb. Die Bewohner pflegten ſich daher auch mehr eines nach und nach ſehr erweiterten Loches in der Wand zum Ein- und Ausgange zu bedienen,
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es regnete, (und es pflegt oft in jener Gegend zu
regnen;) ſo verwandelte ſich bald der Burghof
in einen undurchwatbaren Sumpf, auf welchem,
wenn die Geſchichte nicht Lügen berichtet, zuweilen
ſelbſt Schnepfen ſich hatten betreten laſſen.
Völlig entſprechend dieſem Zugange war das
Aeußere und Innere des Schloßgebäudes ſelbſt.
Die Wände hatten ihre Tünche, ja zum Theil
ihren Bewurf verloren. Nach einer Seite hin
war die Giebelwand bedeutend ausgewichen und
durch einen Balken geſtützt worden, der aber am
unteren Ende auch ſchon zu morſchen begann, und
daher nur eine geringe Zuverſicht gewährte. Ließ
man ſich nun durch dieſen Anblick nicht abſchrecken,
in das Gebäude eintreten zu wollen, ſo bot die
Thüre immer noch ein großes Hinderniß dar.
Denn die Feder war in dem alten verroſteten
Schloſſe längſt unthätig geworden, und die Klinke
gab nur wiederholtem und gewaltſamem Drücken
nach, bei welchem ſie aber nicht ſelten aus ihrer
Mutter fuhr und dem Klinkenden in der Hand
ſitzen blieb. Die Bewohner pflegten ſich daher auch
mehr eines nach und nach ſehr erweiterten Loches
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/108>, abgerufen am 18.12.2024.
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