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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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er entwarf das Bild des Sessionstisches mit den
großen Haufen von Schriften und Papieren dar-
auf, die er mit seinen Herrn Nachbarn nicht zu
lesen habe, sondern welche von gelehrten und bür-
gerlichen Beisitzern durchzustudiren seien; aber als
dieses Gemälde von ihm zum hundertsten und
aber hundertsten Male im Stillen vollendet und
seinen zwei Angehörigen beschrieben worden war,
wurde es ihm doch zu eintönig, und er sehnte sich
nach anderer Beschäftigung. Diese versuchte ihm
nun seine Tochter Emerentia zu gewähren, indem
sie ihrerseits eine Schilderung zu liefern begann,
wie Fürst Hechelkram, pseudonym Rucciopuccio ge-
heißen, plötzlich eines Tages in einem rothlackirten
Wagen mit sechs Isabellen bespannt, ankommen,
einen schottischquarrirten Läufer mit Blumenhut
und seidenem goldbefranztem Schurz hereinschicken
und anfragen lassen werde, ob Marcebille oder
Emerentia, nach der er so lange das ganze Schnur-
renburg-Mixpickelsche Geschlecht vergebens hindurch
gefragt habe, bis er endlich zufällig erfahren, sie
sei eine geborne Schnuck-Puckelig -- ob sie, Eme-
rentia, noch an die Stunde denke, die Stunde der
Andacht in Nizza? Wie sie sich für diesen Fall

er entwarf das Bild des Seſſionstiſches mit den
großen Haufen von Schriften und Papieren dar-
auf, die er mit ſeinen Herrn Nachbarn nicht zu
leſen habe, ſondern welche von gelehrten und bür-
gerlichen Beiſitzern durchzuſtudiren ſeien; aber als
dieſes Gemälde von ihm zum hundertſten und
aber hundertſten Male im Stillen vollendet und
ſeinen zwei Angehörigen beſchrieben worden war,
wurde es ihm doch zu eintönig, und er ſehnte ſich
nach anderer Beſchäftigung. Dieſe verſuchte ihm
nun ſeine Tochter Emerentia zu gewähren, indem
ſie ihrerſeits eine Schilderung zu liefern begann,
wie Fürſt Hechelkram, pſeudonym Rucciopuccio ge-
heißen, plötzlich eines Tages in einem rothlackirten
Wagen mit ſechs Iſabellen beſpannt, ankommen,
einen ſchottiſchquarrirten Läufer mit Blumenhut
und ſeidenem goldbefranztem Schurz hereinſchicken
und anfragen laſſen werde, ob Marcebille oder
Emerentia, nach der er ſo lange das ganze Schnur-
renburg-Mixpickelſche Geſchlecht vergebens hindurch
gefragt habe, bis er endlich zufällig erfahren, ſie
ſei eine geborne Schnuck-Puckelig — ob ſie, Eme-
rentia, noch an die Stunde denke, die Stunde der
Andacht in Nizza? Wie ſie ſich für dieſen Fall

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[138/0146] er entwarf das Bild des Seſſionstiſches mit den großen Haufen von Schriften und Papieren dar- auf, die er mit ſeinen Herrn Nachbarn nicht zu leſen habe, ſondern welche von gelehrten und bür- gerlichen Beiſitzern durchzuſtudiren ſeien; aber als dieſes Gemälde von ihm zum hundertſten und aber hundertſten Male im Stillen vollendet und ſeinen zwei Angehörigen beſchrieben worden war, wurde es ihm doch zu eintönig, und er ſehnte ſich nach anderer Beſchäftigung. Dieſe verſuchte ihm nun ſeine Tochter Emerentia zu gewähren, indem ſie ihrerſeits eine Schilderung zu liefern begann, wie Fürſt Hechelkram, pſeudonym Rucciopuccio ge- heißen, plötzlich eines Tages in einem rothlackirten Wagen mit ſechs Iſabellen beſpannt, ankommen, einen ſchottiſchquarrirten Läufer mit Blumenhut und ſeidenem goldbefranztem Schurz hereinſchicken und anfragen laſſen werde, ob Marcebille oder Emerentia, nach der er ſo lange das ganze Schnur- renburg-Mixpickelſche Geſchlecht vergebens hindurch gefragt habe, bis er endlich zufällig erfahren, ſie ſei eine geborne Schnuck-Puckelig — ob ſie, Eme- rentia, noch an die Stunde denke, die Stunde der Andacht in Nizza? Wie ſie ſich für dieſen Fall

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/146>, abgerufen am 17.05.2024.