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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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Die Aufmerksamkeit des Fräuleins war dage-
gen in diesen ersten Augenblicken weit mehr von
dem Bedienten gefesselt worden. In der That
zeigte der Aufzug dieses Menschen auch so manches
von einer gewöhnlichen Livree Abweichende. Denn
um von dem Strauße wilder Feldblumen zu schwei-
gen, der an seinem Hute duftete, so mußte gewiß
Jedem sonderbar vorkommen, daß er einen großen
bunten Tuch wie einen Schurz sich um die Hüften
geknüpft hatte.

Der Herr war indessen in die Mitte zwischen
den Baron und den Schulmeister getreten, durch
diese Bewegung war auch das Fräulein veranlaßt
worden, ihn achtsamer zu betrachten, und sich zu
nähern; so bildeten die Drei eine Gruppe von
Hörern um den Fremden, welche wie von selbst
entstanden war. Lassen Sie uns, geschätzte drei
Unbekannte, nicht zu lange in einem leeren Erstau-
nen einander gegenüber stehen, hob er mit einer
gewissen Feierlichkeit an, welche jedoch die Wie-
derholung jener Muskelbewegungen im Antlitz, auf
die wir schon hingedeutet haben, nicht verhinderte.
Ich fühle etwas in mir, welches mir sagen will,
daß unser Zusammentreffen in diesem verwilderten

Die Aufmerkſamkeit des Fräuleins war dage-
gen in dieſen erſten Augenblicken weit mehr von
dem Bedienten gefeſſelt worden. In der That
zeigte der Aufzug dieſes Menſchen auch ſo manches
von einer gewöhnlichen Livree Abweichende. Denn
um von dem Strauße wilder Feldblumen zu ſchwei-
gen, der an ſeinem Hute duftete, ſo mußte gewiß
Jedem ſonderbar vorkommen, daß er einen großen
bunten Tuch wie einen Schurz ſich um die Hüften
geknüpft hatte.

Der Herr war indeſſen in die Mitte zwiſchen
den Baron und den Schulmeiſter getreten, durch
dieſe Bewegung war auch das Fräulein veranlaßt
worden, ihn achtſamer zu betrachten, und ſich zu
nähern; ſo bildeten die Drei eine Gruppe von
Hörern um den Fremden, welche wie von ſelbſt
entſtanden war. Laſſen Sie uns, geſchätzte drei
Unbekannte, nicht zu lange in einem leeren Erſtau-
nen einander gegenüber ſtehen, hob er mit einer
gewiſſen Feierlichkeit an, welche jedoch die Wie-
derholung jener Muskelbewegungen im Antlitz, auf
die wir ſchon hingedeutet haben, nicht verhinderte.
Ich fühle etwas in mir, welches mir ſagen will,
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[176/0184] Die Aufmerkſamkeit des Fräuleins war dage- gen in dieſen erſten Augenblicken weit mehr von dem Bedienten gefeſſelt worden. In der That zeigte der Aufzug dieſes Menſchen auch ſo manches von einer gewöhnlichen Livree Abweichende. Denn um von dem Strauße wilder Feldblumen zu ſchwei- gen, der an ſeinem Hute duftete, ſo mußte gewiß Jedem ſonderbar vorkommen, daß er einen großen bunten Tuch wie einen Schurz ſich um die Hüften geknüpft hatte. Der Herr war indeſſen in die Mitte zwiſchen den Baron und den Schulmeiſter getreten, durch dieſe Bewegung war auch das Fräulein veranlaßt worden, ihn achtſamer zu betrachten, und ſich zu nähern; ſo bildeten die Drei eine Gruppe von Hörern um den Fremden, welche wie von ſelbſt entſtanden war. Laſſen Sie uns, geſchätzte drei Unbekannte, nicht zu lange in einem leeren Erſtau- nen einander gegenüber ſtehen, hob er mit einer gewiſſen Feierlichkeit an, welche jedoch die Wie- derholung jener Muskelbewegungen im Antlitz, auf die wir ſchon hingedeutet haben, nicht verhinderte. Ich fühle etwas in mir, welches mir ſagen will, daß unſer Zuſammentreffen in dieſem verwilderten

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/184>, abgerufen am 18.05.2024.