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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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Hypothese über Eure zweifarbigen Augen und Euer
Ergrünen zum Besten gäbet. Unmöglich können
Euch diese Naturwunder entgangen seyn; nun seid
Ihr aber ein Mann, der über Alles nachdenkt, also
habt Ihr gewiß auch darüber eine Hypothese fertig.

Keine Hypothese habe ich darüber fertig, sondern
ich weiß, wie es damit sicherlich zusammenhängt,
versetzte Münchhausen und zog die Augenbraunen
in die Höhe, daß das blaue und das braune Auge
noch gewaltiger hervortrat, als gewöhnlich. --
Was die Zwiefarbigkeit meiner Sehorgane betrifft,
so leiten sich diese aus Geheimnissen meiner Erzeu-
gung ab -- werden Sie nicht roth, meine Gnädige,
ich berühre diesen Punkt nicht weiter -- die leider
über ganze Regionen meines Daseyns einen schwar-
zen Schatten werfen. Wie oft habe ich den Tage-
löhner beneidet, der im sauren Schweiße seines
Antlitzes, bei dem harten Stücke Schwarzbrod,
welches seine Kinnladen zermalmen, doch den süßen
Trost nimmer entbehrt: Du bist, wie jeder andre
Mensch entstanden, und fährest dahin, wo deine
Väter ruhn. Aber ich ... oh! -- -- Doch den
Schleier über diese Abgründe! Sie sind tief und
schrecklich, armer Münchhausen!


Hypotheſe über Eure zweifarbigen Augen und Euer
Ergrünen zum Beſten gäbet. Unmöglich können
Euch dieſe Naturwunder entgangen ſeyn; nun ſeid
Ihr aber ein Mann, der über Alles nachdenkt, alſo
habt Ihr gewiß auch darüber eine Hypotheſe fertig.

Keine Hypotheſe habe ich darüber fertig, ſondern
ich weiß, wie es damit ſicherlich zuſammenhängt,
verſetzte Münchhauſen und zog die Augenbraunen
in die Höhe, daß das blaue und das braune Auge
noch gewaltiger hervortrat, als gewöhnlich. —
Was die Zwiefarbigkeit meiner Sehorgane betrifft,
ſo leiten ſich dieſe aus Geheimniſſen meiner Erzeu-
gung ab — werden Sie nicht roth, meine Gnädige,
ich berühre dieſen Punkt nicht weiter — die leider
über ganze Regionen meines Daſeyns einen ſchwar-
zen Schatten werfen. Wie oft habe ich den Tage-
löhner beneidet, der im ſauren Schweiße ſeines
Antlitzes, bei dem harten Stücke Schwarzbrod,
welches ſeine Kinnladen zermalmen, doch den ſüßen
Troſt nimmer entbehrt: Du biſt, wie jeder andre
Menſch entſtanden, und fähreſt dahin, wo deine
Väter ruhn. Aber ich … oh! — — Doch den
Schleier über dieſe Abgründe! Sie ſind tief und
ſchrecklich, armer Münchhauſen!


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[217/0225] Hypotheſe über Eure zweifarbigen Augen und Euer Ergrünen zum Beſten gäbet. Unmöglich können Euch dieſe Naturwunder entgangen ſeyn; nun ſeid Ihr aber ein Mann, der über Alles nachdenkt, alſo habt Ihr gewiß auch darüber eine Hypotheſe fertig. Keine Hypotheſe habe ich darüber fertig, ſondern ich weiß, wie es damit ſicherlich zuſammenhängt, verſetzte Münchhauſen und zog die Augenbraunen in die Höhe, daß das blaue und das braune Auge noch gewaltiger hervortrat, als gewöhnlich. — Was die Zwiefarbigkeit meiner Sehorgane betrifft, ſo leiten ſich dieſe aus Geheimniſſen meiner Erzeu- gung ab — werden Sie nicht roth, meine Gnädige, ich berühre dieſen Punkt nicht weiter — die leider über ganze Regionen meines Daſeyns einen ſchwar- zen Schatten werfen. Wie oft habe ich den Tage- löhner beneidet, der im ſauren Schweiße ſeines Antlitzes, bei dem harten Stücke Schwarzbrod, welches ſeine Kinnladen zermalmen, doch den ſüßen Troſt nimmer entbehrt: Du biſt, wie jeder andre Menſch entſtanden, und fähreſt dahin, wo deine Väter ruhn. Aber ich … oh! — — Doch den Schleier über dieſe Abgründe! Sie ſind tief und ſchrecklich, armer Münchhauſen!

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/225>, abgerufen am 30.11.2024.