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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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Worauf der Hofschulze entgegnete, daß ihm der-
gleichen allgemeine Redensarten nichts frommen könn-
ten, daß er den Zwist und den Zweifel an seinem
Schwerte einfürallemal abgethan wissen wollte, und
daß es nur ein Mittel gäbe, in den Besitz des
alten Topfes zu kommen, nämlich, wenn der Herr
Schmitz auf der Stelle eine Schrift von sich gäbe,
worin das im Oberhofe aufbewahrte Schwert förm-
lich für das wahre Schwert Caroli Magni aner-
kannt würde.

Nach dieser Eröffnung hatte der Alterthümler
freilich einen harten Kampf zwischen seinem anti-
quarischen Gewissen und seiner antiquarischen Be-
gierde zu kämpfen. Er warf die Lippe auf und
trommelte mit den Fingern auf der Stelle umher,
wo er den Knochen vom teutoburger Schlachtfelde
stecken hatte. Sichtlich war sein Bestreben, über
die Anmahnungen des ihn zur Unwahrheit verlocken-
den Gelustes Herr zu werden. Endlich aber erhielt
dennoch die Leidenschaft, wie dieses immer zu gesche-
hen pflegt, die Oberhand. Hastig forderte er Feder
und Papier und stellte mit fliegender Eile, zuwei-
len seitwärts nach der Amphora schielend, ein
unumwundenes Bekenntniß aus, daß er nach oft-

Worauf der Hofſchulze entgegnete, daß ihm der-
gleichen allgemeine Redensarten nichts frommen könn-
ten, daß er den Zwiſt und den Zweifel an ſeinem
Schwerte einfürallemal abgethan wiſſen wollte, und
daß es nur ein Mittel gäbe, in den Beſitz des
alten Topfes zu kommen, nämlich, wenn der Herr
Schmitz auf der Stelle eine Schrift von ſich gäbe,
worin das im Oberhofe aufbewahrte Schwert förm-
lich für das wahre Schwert Caroli Magni aner-
kannt würde.

Nach dieſer Eröffnung hatte der Alterthümler
freilich einen harten Kampf zwiſchen ſeinem anti-
quariſchen Gewiſſen und ſeiner antiquariſchen Be-
gierde zu kämpfen. Er warf die Lippe auf und
trommelte mit den Fingern auf der Stelle umher,
wo er den Knochen vom teutoburger Schlachtfelde
ſtecken hatte. Sichtlich war ſein Beſtreben, über
die Anmahnungen des ihn zur Unwahrheit verlocken-
den Geluſtes Herr zu werden. Endlich aber erhielt
dennoch die Leidenſchaft, wie dieſes immer zu geſche-
hen pflegt, die Oberhand. Haſtig forderte er Feder
und Papier und ſtellte mit fliegender Eile, zuwei-
len ſeitwärts nach der Amphora ſchielend, ein
unumwundenes Bekenntniß aus, daß er nach oft-

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[286/0294] Worauf der Hofſchulze entgegnete, daß ihm der- gleichen allgemeine Redensarten nichts frommen könn- ten, daß er den Zwiſt und den Zweifel an ſeinem Schwerte einfürallemal abgethan wiſſen wollte, und daß es nur ein Mittel gäbe, in den Beſitz des alten Topfes zu kommen, nämlich, wenn der Herr Schmitz auf der Stelle eine Schrift von ſich gäbe, worin das im Oberhofe aufbewahrte Schwert förm- lich für das wahre Schwert Caroli Magni aner- kannt würde. Nach dieſer Eröffnung hatte der Alterthümler freilich einen harten Kampf zwiſchen ſeinem anti- quariſchen Gewiſſen und ſeiner antiquariſchen Be- gierde zu kämpfen. Er warf die Lippe auf und trommelte mit den Fingern auf der Stelle umher, wo er den Knochen vom teutoburger Schlachtfelde ſtecken hatte. Sichtlich war ſein Beſtreben, über die Anmahnungen des ihn zur Unwahrheit verlocken- den Geluſtes Herr zu werden. Endlich aber erhielt dennoch die Leidenſchaft, wie dieſes immer zu geſche- hen pflegt, die Oberhand. Haſtig forderte er Feder und Papier und ſtellte mit fliegender Eile, zuwei- len ſeitwärts nach der Amphora ſchielend, ein unumwundenes Bekenntniß aus, daß er nach oft-

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/294>, abgerufen am 23.11.2024.