Geselligkeit empfunden. -- Zu den Abentheuerlich- keiten des Schrimbs oder Peppel gehörte auch, daß er sich regelmäßig des Tages drei Stunden über mit drei jungen Leuten einschloß, die kurz nach ihm eingelaufen waren und die Unbefriedig- ten hießen. Sie sprachen nämlich nie ein anderes Wort, als; sie fühlten sich unbefriedigt, und sahen immer starr und sonderbar vor sich hin. Woher die gekommen waren, wußte auch Niemand, da sie aber still und nüchtern lebten, so konnten sie nicht verdächtig erscheinen. Mit den drei Unbefriedigten schloß sich also Schrimbs, wie gesagt, täglich drei Stunden lang ein. Was sie zusammen trieben, erfuhr Keiner. Aber weder ein Geschäft, noch eine Einladung, noch ein Spaziergang mit andäch- tigen Zuhörern, noch sonst etwas, konnte ihn abhal- ten, wenn die Stunde des Einschließens kam, Alles aufzugeben, und in das Haus zu gehen, worin die geheimnißvollen Zusammenkünfte Statt fanden. Wollte man ihn darüber ausforschen, so pflegte er mit seiner abscheulichen Ruhe und Würde zu sagen, die Unbefriedigten studirten ihn; wollte man den Sinn dieses räthselhaften Ausdrucks kennen lernen, so versetzte er gemeiniglich, es sei ihrer Studien
Immermann's Münchhausen 1. Th. 22
Geſelligkeit empfunden. — Zu den Abentheuerlich- keiten des Schrimbs oder Peppel gehörte auch, daß er ſich regelmäßig des Tages drei Stunden über mit drei jungen Leuten einſchloß, die kurz nach ihm eingelaufen waren und die Unbefriedig- ten hießen. Sie ſprachen nämlich nie ein anderes Wort, als; ſie fühlten ſich unbefriedigt, und ſahen immer ſtarr und ſonderbar vor ſich hin. Woher die gekommen waren, wußte auch Niemand, da ſie aber ſtill und nüchtern lebten, ſo konnten ſie nicht verdächtig erſcheinen. Mit den drei Unbefriedigten ſchloß ſich alſo Schrimbs, wie geſagt, täglich drei Stunden lang ein. Was ſie zuſammen trieben, erfuhr Keiner. Aber weder ein Geſchäft, noch eine Einladung, noch ein Spaziergang mit andäch- tigen Zuhörern, noch ſonſt etwas, konnte ihn abhal- ten, wenn die Stunde des Einſchließens kam, Alles aufzugeben, und in das Haus zu gehen, worin die geheimnißvollen Zuſammenkünfte Statt fanden. Wollte man ihn darüber ausforſchen, ſo pflegte er mit ſeiner abſcheulichen Ruhe und Würde zu ſagen, die Unbefriedigten ſtudirten ihn; wollte man den Sinn dieſes räthſelhaften Ausdrucks kennen lernen, ſo verſetzte er gemeiniglich, es ſei ihrer Studien
Immermann’s Münchhauſen 1. Th. 22
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Geſelligkeit empfunden. — Zu den Abentheuerlich-
keiten des Schrimbs oder Peppel gehörte auch,
daß er ſich regelmäßig des Tages drei Stunden
über mit drei jungen Leuten einſchloß, die kurz
nach ihm eingelaufen waren und die Unbefriedig-
ten hießen. Sie ſprachen nämlich nie ein anderes
Wort, als; ſie fühlten ſich unbefriedigt, und ſahen
immer ſtarr und ſonderbar vor ſich hin. Woher
die gekommen waren, wußte auch Niemand, da ſie
aber ſtill und nüchtern lebten, ſo konnten ſie nicht
verdächtig erſcheinen. Mit den drei Unbefriedigten
ſchloß ſich alſo Schrimbs, wie geſagt, täglich drei
Stunden lang ein. Was ſie zuſammen trieben,
erfuhr Keiner. Aber weder ein Geſchäft, noch
eine Einladung, noch ein Spaziergang mit andäch-
tigen Zuhörern, noch ſonſt etwas, konnte ihn abhal-
ten, wenn die Stunde des Einſchließens kam, Alles
aufzugeben, und in das Haus zu gehen, worin
die geheimnißvollen Zuſammenkünfte Statt fanden.
Wollte man ihn darüber ausforſchen, ſo pflegte er
mit ſeiner abſcheulichen Ruhe und Würde zu ſagen,
die Unbefriedigten ſtudirten ihn; wollte man den
Sinn dieſes räthſelhaften Ausdrucks kennen lernen,
ſo verſetzte er gemeiniglich, es ſei ihrer Studien
Immermann’s Münchhauſen 1. Th. 22
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/345>, abgerufen am 21.11.2024.
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