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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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westphälischen Hügelebene, wo ich bei Menschen
und Vieh seit acht Tagen einquartirt bin. Und
zwar recht eigentlich bei Menschen und Vieh, denn
die Kühe stehen mit im Hause zu beiden Seiten
des großen Flurs, was aber gar nichts Unange-
nehmes oder Unreinliches hat, vielmehr den Ein-
druck patriarchalischer Wirthschaft vermehren hilft.
Vor meinem Fenster rauschen Eichenwipfel, und
neben denen hin sehe ich auf lange, lange Wiesen
und wallende Kornfelder, zwischen denen sich dann
wieder jezuweilen ein Eichenkamp mit einem einzel-
nen Gehöfte erhebt. Denn hier geht es noch zu, wie
zu Tacitus Zeiten. "Colunt discreti ac diversi,
ut fons, ut campus, ut nemus placuit."
Darum
ist denn auch so ein einzelner Hof ein kleiner Staat
für sich, rund abgeschlossen, und der Herr darin so
gut König, als der König auf dem Throne.

Mein Wirth ist ein alter prächtiger Kerl. Er
heißt Hofschulze, obgleich er gewiß noch einen andern
Namen führt, denn jener bezieht sich ja nur auf
den Besitz seines Eigenthums. Ich höre aber, daß
dieß überall hier so gehalten wird. Nur der Hof
hat meistentheils einen Namen, der Name des
Besitzers geht in dem der Scholle unter. Daher

weſtphäliſchen Hügelebene, wo ich bei Menſchen
und Vieh ſeit acht Tagen einquartirt bin. Und
zwar recht eigentlich bei Menſchen und Vieh, denn
die Kühe ſtehen mit im Hauſe zu beiden Seiten
des großen Flurs, was aber gar nichts Unange-
nehmes oder Unreinliches hat, vielmehr den Ein-
druck patriarchaliſcher Wirthſchaft vermehren hilft.
Vor meinem Fenſter rauſchen Eichenwipfel, und
neben denen hin ſehe ich auf lange, lange Wieſen
und wallende Kornfelder, zwiſchen denen ſich dann
wieder jezuweilen ein Eichenkamp mit einem einzel-
nen Gehöfte erhebt. Denn hier geht es noch zu, wie
zu Tacitus Zeiten. „Colunt discreti ac diversi,
ut fons, ut campus, ut nemus placuit.“
Darum
iſt denn auch ſo ein einzelner Hof ein kleiner Staat
für ſich, rund abgeſchloſſen, und der Herr darin ſo
gut König, als der König auf dem Throne.

Mein Wirth iſt ein alter prächtiger Kerl. Er
heißt Hofſchulze, obgleich er gewiß noch einen andern
Namen führt, denn jener bezieht ſich ja nur auf
den Beſitz ſeines Eigenthums. Ich höre aber, daß
dieß überall hier ſo gehalten wird. Nur der Hof
hat meiſtentheils einen Namen, der Name des
Beſitzers geht in dem der Scholle unter. Daher

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[341/0349] weſtphäliſchen Hügelebene, wo ich bei Menſchen und Vieh ſeit acht Tagen einquartirt bin. Und zwar recht eigentlich bei Menſchen und Vieh, denn die Kühe ſtehen mit im Hauſe zu beiden Seiten des großen Flurs, was aber gar nichts Unange- nehmes oder Unreinliches hat, vielmehr den Ein- druck patriarchaliſcher Wirthſchaft vermehren hilft. Vor meinem Fenſter rauſchen Eichenwipfel, und neben denen hin ſehe ich auf lange, lange Wieſen und wallende Kornfelder, zwiſchen denen ſich dann wieder jezuweilen ein Eichenkamp mit einem einzel- nen Gehöfte erhebt. Denn hier geht es noch zu, wie zu Tacitus Zeiten. „Colunt discreti ac diversi, ut fons, ut campus, ut nemus placuit.“ Darum iſt denn auch ſo ein einzelner Hof ein kleiner Staat für ſich, rund abgeſchloſſen, und der Herr darin ſo gut König, als der König auf dem Throne. Mein Wirth iſt ein alter prächtiger Kerl. Er heißt Hofſchulze, obgleich er gewiß noch einen andern Namen führt, denn jener bezieht ſich ja nur auf den Beſitz ſeines Eigenthums. Ich höre aber, daß dieß überall hier ſo gehalten wird. Nur der Hof hat meiſtentheils einen Namen, der Name des Beſitzers geht in dem der Scholle unter. Daher

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/349>, abgerufen am 21.11.2024.