die Hitze und den Eifer zu lange währt. Vorher kann der Mensch thun, was er will, danach kommt nichts, aber der Ehestand macht einen Abschnitt und giebt ein Exempel, da muß der Mensch sich zusammennehmen, denn auf Eheleute sieht ein Jeder, und Aergerniß, welches durch sie kommt, ist doppelt Aergerniß. Mit einem losledigen Menschen haben We- nige Verkehr, aber auf den Haus- und Ehestand ver- läßt sich aller Handel und Wandel, Nachbarhülfe und Ansprache, Christenthum, Kirchen- und Schulzucht, Haus und Hof, Rind und Kind, und wie sollen nun alle diese Sachen in gehöriger Ordnung und Ver- fassung bleiben, wenn die Eheleute selbst sich wie die Gecken betragen? Bei uns Bauern kommt der Fehler weniger vor, aber bei den Stadtleuten, mit denen ich vielfältig hier und dahaußen verkehre, und deren Gebräuche ich daher kenne, will mir in dem Puncte Manches schlimm gefallen. Wenn ein Mann sein Weib schlägt, oder angrunzt ohne Noth, so giebt er Aergerniß, denn der Apostel schreibt, daß die Männer ihre Weiber lieben sollen, wie der Herr Christus seine Gemeine liebt, aber wenn ein Weib ihren Mann so unterkriegt mit Caressen und süßen Reden, daß er zwischen guten
die Hitze und den Eifer zu lange währt. Vorher kann der Menſch thun, was er will, danach kommt nichts, aber der Eheſtand macht einen Abſchnitt und giebt ein Exempel, da muß der Menſch ſich zuſammennehmen, denn auf Eheleute ſieht ein Jeder, und Aergerniß, welches durch ſie kommt, iſt doppelt Aergerniß. Mit einem losledigen Menſchen haben We- nige Verkehr, aber auf den Haus- und Eheſtand ver- läßt ſich aller Handel und Wandel, Nachbarhülfe und Anſprache, Chriſtenthum, Kirchen- und Schulzucht, Haus und Hof, Rind und Kind, und wie ſollen nun alle dieſe Sachen in gehöriger Ordnung und Ver- faſſung bleiben, wenn die Eheleute ſelbſt ſich wie die Gecken betragen? Bei uns Bauern kommt der Fehler weniger vor, aber bei den Stadtleuten, mit denen ich vielfältig hier und dahaußen verkehre, und deren Gebräuche ich daher kenne, will mir in dem Puncte Manches ſchlimm gefallen. Wenn ein Mann ſein Weib ſchlägt, oder angrunzt ohne Noth, ſo giebt er Aergerniß, denn der Apoſtel ſchreibt, daß die Männer ihre Weiber lieben ſollen, wie der Herr Chriſtus ſeine Gemeine liebt, aber wenn ein Weib ihren Mann ſo unterkriegt mit Careſſen und ſüßen Reden, daß er zwiſchen guten
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die Hitze und den Eifer zu lange währt. Vorher
kann der Menſch thun, was er will, danach kommt
nichts, aber der Eheſtand macht einen Abſchnitt
und giebt ein Exempel, da muß der Menſch ſich
zuſammennehmen, denn auf Eheleute ſieht ein Jeder,
und Aergerniß, welches durch ſie kommt, iſt doppelt
Aergerniß. Mit einem losledigen Menſchen haben We-
nige Verkehr, aber auf den Haus- und Eheſtand ver-
läßt ſich aller Handel und Wandel, Nachbarhülfe und
Anſprache, Chriſtenthum, Kirchen- und Schulzucht,
Haus und Hof, Rind und Kind, und wie ſollen
nun alle dieſe Sachen in gehöriger Ordnung und Ver-
faſſung bleiben, wenn die Eheleute ſelbſt ſich wie
die Gecken betragen? Bei uns Bauern kommt der
Fehler weniger vor, aber bei den Stadtleuten, mit
denen ich vielfältig hier und dahaußen verkehre,
und deren Gebräuche ich daher kenne, will mir in
dem Puncte Manches ſchlimm gefallen. Wenn
ein Mann ſein Weib ſchlägt, oder angrunzt ohne
Noth, ſo giebt er Aergerniß, denn der Apoſtel
ſchreibt, daß die Männer ihre Weiber lieben ſollen,
wie der Herr Chriſtus ſeine Gemeine liebt, aber
wenn ein Weib ihren Mann ſo unterkriegt mit
Careſſen und ſüßen Reden, daß er zwiſchen guten
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/376>, abgerufen am 22.11.2024.
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