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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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Hühnerkorb nahmen wir aus der Stadt mit, da
dieser aber bei dem ersten Hofe schon voll wird,
so leihet nunmehr letzterer einen neuen für den
zweiten, und sofort bis hieher. Der Colonus füt-
tert hier seine Pferde mit einem Scheffel Hafer,
der vom Balstrup erhoben und mitgenommen wor-
den ist, und die Magd, welche die Teller und
Schüsseln vor den Augen des Herrn Diaconus
wieder rein waschen muß, erhält dafür ihre drei
und einen halben Stüber, gleichfalls heute zu diesem
Zweck und Ende erfallen und empfangen auf dem
kleinen Beek, Bauerschaft Branstedde.

Und die Sprüche, die Sie so laut und ver-
nehmlich vortrugen, Herr Küster, rühren diese auch
von Alters her? fragte der Jäger.

Ja freilich, versetzte der Küster. Indessen,
fuhr er wohlgefällig fort, habe ich Einiges, was
darin an die finstern Zeiten erinnerte, weggelassen
oder verbessert, wie es sich für die Gegenwart
schicken will. So lautet der Text in der Danksa-
gungsrede eigentlich zum Schluß:

Wenn Ihr aber uns verkürzen wollen,
So soll Euch Alle der Teufel hohlen,
Und fehlt am Käs ein einzig Loth,
So kriegt Ihr gar die schwere Noth!

Hühnerkorb nahmen wir aus der Stadt mit, da
dieſer aber bei dem erſten Hofe ſchon voll wird,
ſo leihet nunmehr letzterer einen neuen für den
zweiten, und ſofort bis hieher. Der Colonus füt-
tert hier ſeine Pferde mit einem Scheffel Hafer,
der vom Balſtrup erhoben und mitgenommen wor-
den iſt, und die Magd, welche die Teller und
Schüſſeln vor den Augen des Herrn Diaconus
wieder rein waſchen muß, erhält dafür ihre drei
und einen halben Stüber, gleichfalls heute zu dieſem
Zweck und Ende erfallen und empfangen auf dem
kleinen Beek, Bauerſchaft Branſtedde.

Und die Sprüche, die Sie ſo laut und ver-
nehmlich vortrugen, Herr Küſter, rühren dieſe auch
von Alters her? fragte der Jäger.

Ja freilich, verſetzte der Küſter. Indeſſen,
fuhr er wohlgefällig fort, habe ich Einiges, was
darin an die finſtern Zeiten erinnerte, weggelaſſen
oder verbeſſert, wie es ſich für die Gegenwart
ſchicken will. So lautet der Text in der Dankſa-
gungsrede eigentlich zum Schluß:

Wenn Ihr aber uns verkürzen wollen,
So ſoll Euch Alle der Teufel hohlen,
Und fehlt am Käs ein einzig Loth,
So kriegt Ihr gar die ſchwere Noth!

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[388/0396] Hühnerkorb nahmen wir aus der Stadt mit, da dieſer aber bei dem erſten Hofe ſchon voll wird, ſo leihet nunmehr letzterer einen neuen für den zweiten, und ſofort bis hieher. Der Colonus füt- tert hier ſeine Pferde mit einem Scheffel Hafer, der vom Balſtrup erhoben und mitgenommen wor- den iſt, und die Magd, welche die Teller und Schüſſeln vor den Augen des Herrn Diaconus wieder rein waſchen muß, erhält dafür ihre drei und einen halben Stüber, gleichfalls heute zu dieſem Zweck und Ende erfallen und empfangen auf dem kleinen Beek, Bauerſchaft Branſtedde. Und die Sprüche, die Sie ſo laut und ver- nehmlich vortrugen, Herr Küſter, rühren dieſe auch von Alters her? fragte der Jäger. Ja freilich, verſetzte der Küſter. Indeſſen, fuhr er wohlgefällig fort, habe ich Einiges, was darin an die finſtern Zeiten erinnerte, weggelaſſen oder verbeſſert, wie es ſich für die Gegenwart ſchicken will. So lautet der Text in der Dankſa- gungsrede eigentlich zum Schluß: Wenn Ihr aber uns verkürzen wollen, So ſoll Euch Alle der Teufel hohlen, Und fehlt am Käs ein einzig Loth, So kriegt Ihr gar die ſchwere Noth!

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/396>, abgerufen am 22.11.2024.