Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

bin ich denn doch erst hier zwischen den wunder-
lichen aber achtbaren Originalen meiner Mittelstadt
und unter diesen ländlichen Wehrfestern wieder zu
mir selbst gekommen, habe Posto gefaßt, den Schaum
der Zeit von mir weichen sehen und Muth bekom-
men, mir ein liebes häusliches Verhältniß zu grün-
den. Denn in dem Volke sind die Grundbezüge
der Menschheit noch wach, da ist das richtige
Verhältniß der Geschlechter noch fest ausgeprägt,
da gilt das Geschwätz noch nichts, sondern das
Gewerbe und der Beruf, den Jeder hat, da folgt
der Arbeit in gemessener Ordnung die Ruhe, da ist
von den Vergnügungen das Vergnügen noch nicht
verbannt. Hören Sie den Jubel in der Stadt
oder auf dem Lande bei sonntäglichen Tänzen, bei
Hochzeiten und Scheibenschießen, und urtheilen Sie,
ob der Spaß sobald in der Welt aussterben wird,
wie die grämlichen Jünglinge der Gegenwart mei-
nen? Es giebt Müßiggänger, schlechte Ehen und
böse Weiber auch hier in Stadt und Land, aber
sie heißen bei ihren und nicht bei vornehm umge-
bogenen Namen. Jene Mischungen von Langeweile
und Begeisterung endlich, wie sie mir einst ein
Freund treffend nannte, aus denen in den subli-

bin ich denn doch erſt hier zwiſchen den wunder-
lichen aber achtbaren Originalen meiner Mittelſtadt
und unter dieſen ländlichen Wehrfeſtern wieder zu
mir ſelbſt gekommen, habe Poſto gefaßt, den Schaum
der Zeit von mir weichen ſehen und Muth bekom-
men, mir ein liebes häusliches Verhältniß zu grün-
den. Denn in dem Volke ſind die Grundbezüge
der Menſchheit noch wach, da iſt das richtige
Verhältniß der Geſchlechter noch feſt ausgeprägt,
da gilt das Geſchwätz noch nichts, ſondern das
Gewerbe und der Beruf, den Jeder hat, da folgt
der Arbeit in gemeſſener Ordnung die Ruhe, da iſt
von den Vergnügungen das Vergnügen noch nicht
verbannt. Hören Sie den Jubel in der Stadt
oder auf dem Lande bei ſonntäglichen Tänzen, bei
Hochzeiten und Scheibenſchießen, und urtheilen Sie,
ob der Spaß ſobald in der Welt ausſterben wird,
wie die grämlichen Jünglinge der Gegenwart mei-
nen? Es giebt Müßiggänger, ſchlechte Ehen und
böſe Weiber auch hier in Stadt und Land, aber
ſie heißen bei ihren und nicht bei vornehm umge-
bogenen Namen. Jene Miſchungen von Langeweile
und Begeiſterung endlich, wie ſie mir einſt ein
Freund treffend nannte, aus denen in den ſubli-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0406" n="398"/>
bin ich denn doch er&#x017F;t hier zwi&#x017F;chen den wunder-<lb/>
lichen aber achtbaren Originalen meiner Mittel&#x017F;tadt<lb/>
und unter die&#x017F;en ländlichen Wehrfe&#x017F;tern wieder zu<lb/>
mir &#x017F;elb&#x017F;t gekommen, habe Po&#x017F;to gefaßt, den Schaum<lb/>
der Zeit von mir weichen &#x017F;ehen und Muth bekom-<lb/>
men, mir ein liebes häusliches Verhältniß zu grün-<lb/>
den. Denn in dem Volke &#x017F;ind die Grundbezüge<lb/>
der Men&#x017F;chheit noch wach, da i&#x017F;t das richtige<lb/>
Verhältniß der Ge&#x017F;chlechter noch fe&#x017F;t ausgeprägt,<lb/>
da gilt das Ge&#x017F;chwätz noch nichts, &#x017F;ondern das<lb/>
Gewerbe und der Beruf, den Jeder hat, da folgt<lb/>
der Arbeit in geme&#x017F;&#x017F;ener Ordnung die Ruhe, da i&#x017F;t<lb/>
von den Vergnügungen das Vergnügen noch nicht<lb/>
verbannt. Hören Sie den Jubel in der Stadt<lb/>
oder auf dem Lande bei &#x017F;onntäglichen Tänzen, bei<lb/>
Hochzeiten und Scheiben&#x017F;chießen, und urtheilen Sie,<lb/>
ob der Spaß &#x017F;obald in der Welt aus&#x017F;terben wird,<lb/>
wie die grämlichen Jünglinge der Gegenwart mei-<lb/>
nen? Es giebt Müßiggänger, &#x017F;chlechte Ehen und<lb/>&#x017F;e Weiber auch hier in Stadt und Land, aber<lb/>
&#x017F;ie heißen bei ihren und nicht bei vornehm umge-<lb/>
bogenen Namen. Jene Mi&#x017F;chungen von Langeweile<lb/>
und Begei&#x017F;terung endlich, wie &#x017F;ie mir ein&#x017F;t ein<lb/>
Freund treffend nannte, aus denen in den &#x017F;ubli-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[398/0406] bin ich denn doch erſt hier zwiſchen den wunder- lichen aber achtbaren Originalen meiner Mittelſtadt und unter dieſen ländlichen Wehrfeſtern wieder zu mir ſelbſt gekommen, habe Poſto gefaßt, den Schaum der Zeit von mir weichen ſehen und Muth bekom- men, mir ein liebes häusliches Verhältniß zu grün- den. Denn in dem Volke ſind die Grundbezüge der Menſchheit noch wach, da iſt das richtige Verhältniß der Geſchlechter noch feſt ausgeprägt, da gilt das Geſchwätz noch nichts, ſondern das Gewerbe und der Beruf, den Jeder hat, da folgt der Arbeit in gemeſſener Ordnung die Ruhe, da iſt von den Vergnügungen das Vergnügen noch nicht verbannt. Hören Sie den Jubel in der Stadt oder auf dem Lande bei ſonntäglichen Tänzen, bei Hochzeiten und Scheibenſchießen, und urtheilen Sie, ob der Spaß ſobald in der Welt ausſterben wird, wie die grämlichen Jünglinge der Gegenwart mei- nen? Es giebt Müßiggänger, ſchlechte Ehen und böſe Weiber auch hier in Stadt und Land, aber ſie heißen bei ihren und nicht bei vornehm umge- bogenen Namen. Jene Miſchungen von Langeweile und Begeiſterung endlich, wie ſie mir einſt ein Freund treffend nannte, aus denen in den ſubli-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/406
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/406>, abgerufen am 13.06.2024.