Lande, dennoch auf seiner Burg seinen Geburtstag feire. Er komme nämlich um sechs Uhr Abends gerade zur Stunde, wo vor Zeiten an der Stän- detafel die Gesundheit ausgebracht worden sei, und man die Kanonen vor der Aue gelöst habe, in das gelbe Commodenzimmer, worin der alte Fritz als kleiner Junge abgemalt hängt, gegan- gen, und verlustire sich dort eine halbe Stunde lang.
Das nächste Jahr gab uns der Vater die Sache zu schauen. Nämlich, wir steckten uns mit ihm sacht hinter den grünen Vorhang im gelben Commodenzimmer. Was geschieht? Wie die Glocke auf dem Schloßthurm sechs schlägt, hören wir auf dem langen Rittergange, der zum Zimmer führt, Thüre nach Thüre aufklappen, endlich springt auch die vom gelben Commodenzimmer auf, und herein tritt der Herr, wie er leibt und lebt, steife Stiefeln, gekollerte Hosen, Montirung, drei- eckichter Hut, Klebelocken, kurz Alles und Jedes. Setzt sich an das Fenster, was nach dem Garten sieht, macht sich eine Pfeife Taback an, raucht, daß der Dampf davon geht, kuckt unterweilen in den Garten, klopft, wie die Pfeife zu Ende
Lande, dennoch auf ſeiner Burg ſeinen Geburtstag feire. Er komme nämlich um ſechs Uhr Abends gerade zur Stunde, wo vor Zeiten an der Stän- detafel die Geſundheit ausgebracht worden ſei, und man die Kanonen vor der Aue gelöſt habe, in das gelbe Commodenzimmer, worin der alte Fritz als kleiner Junge abgemalt hängt, gegan- gen, und verluſtire ſich dort eine halbe Stunde lang.
Das nächſte Jahr gab uns der Vater die Sache zu ſchauen. Nämlich, wir ſteckten uns mit ihm ſacht hinter den grünen Vorhang im gelben Commodenzimmer. Was geſchieht? Wie die Glocke auf dem Schloßthurm ſechs ſchlägt, hören wir auf dem langen Rittergange, der zum Zimmer führt, Thüre nach Thüre aufklappen, endlich ſpringt auch die vom gelben Commodenzimmer auf, und herein tritt der Herr, wie er leibt und lebt, ſteife Stiefeln, gekollerte Hoſen, Montirung, drei- eckichter Hut, Klebelocken, kurz Alles und Jedes. Setzt ſich an das Fenſter, was nach dem Garten ſieht, macht ſich eine Pfeife Taback an, raucht, daß der Dampf davon geht, kuckt unterweilen in den Garten, klopft, wie die Pfeife zu Ende
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Lande, dennoch auf ſeiner Burg ſeinen Geburtstag
feire. Er komme nämlich um ſechs Uhr Abends
gerade zur Stunde, wo vor Zeiten an der Stän-
detafel die Geſundheit ausgebracht worden ſei,
und man die Kanonen vor der Aue gelöſt habe,
in das gelbe Commodenzimmer, worin der alte
Fritz als kleiner Junge abgemalt hängt, gegan-
gen, und verluſtire ſich dort eine halbe Stunde
lang.
Das nächſte Jahr gab uns der Vater die
Sache zu ſchauen. Nämlich, wir ſteckten uns mit
ihm ſacht hinter den grünen Vorhang im gelben
Commodenzimmer. Was geſchieht? Wie die
Glocke auf dem Schloßthurm ſechs ſchlägt, hören
wir auf dem langen Rittergange, der zum Zimmer
führt, Thüre nach Thüre aufklappen, endlich
ſpringt auch die vom gelben Commodenzimmer auf,
und herein tritt der Herr, wie er leibt und lebt,
ſteife Stiefeln, gekollerte Hoſen, Montirung, drei-
eckichter Hut, Klebelocken, kurz Alles und Jedes.
Setzt ſich an das Fenſter, was nach dem Garten
ſieht, macht ſich eine Pfeife Taback an, raucht,
daß der Dampf davon geht, kuckt unterweilen in
den Garten, klopft, wie die Pfeife zu Ende
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/42>, abgerufen am 21.11.2024.
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