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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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Wer hat nicht einmal die Last solcher Wind-
stillen in der Gesellschaft erfahren? Die gesammte
Societät sitzt wie eine Flotte, die sich auf dem
unbewegten Meeresspiegel nicht zu rühren vermag.
Schlaff hangen die Segel herab, verzweiflungsvoll
schaun alle Blicke nach ihnen hinauf, ob nicht ein
frisches Lüftchen sie endlich schwellen wolle. Um-
sonst! Das ist, als ob ein Rad in der Schöpfung
gebrochen, und die ganze Maschine mit Sonne,
Mond und Fixsternen in Stockung gerathen sei.
So sucht eine in Windstille versetzte Gesellschaft
auch verzweiflungsvoll nach einem Gedanken, nach
einer Vorstellung, ja nur nach einer Redensart,
um sie in die Segel der Conversation zu hauchen;
vergebens! Nichts will über die Lippen, Nichts
hörbaren Laut gewinnen. Der Mythus sagt, in
solchen Zeiten fliege ein Engel durch das Zimmer,
aber nach der Länge derartiger Pausen zu urtheilen,
müssen zuweilen auch Engel diese Flugübungen
anstellen, deren Gefieder aus der Uebung gekommen
ist. Endlich pflegt Einer sich zum Opfer für das
Gemeinwesen darzubringen, er fährt mit einer un-
geheuren Dummheit heraus, und damit ist der
Zauber gelöset, das Band der Zungen entfesselt;

Wer hat nicht einmal die Laſt ſolcher Wind-
ſtillen in der Geſellſchaft erfahren? Die geſammte
Societät ſitzt wie eine Flotte, die ſich auf dem
unbewegten Meeresſpiegel nicht zu rühren vermag.
Schlaff hangen die Segel herab, verzweiflungsvoll
ſchaun alle Blicke nach ihnen hinauf, ob nicht ein
friſches Lüftchen ſie endlich ſchwellen wolle. Um-
ſonſt! Das iſt, als ob ein Rad in der Schöpfung
gebrochen, und die ganze Maſchine mit Sonne,
Mond und Fixſternen in Stockung gerathen ſei.
So ſucht eine in Windſtille verſetzte Geſellſchaft
auch verzweiflungsvoll nach einem Gedanken, nach
einer Vorſtellung, ja nur nach einer Redensart,
um ſie in die Segel der Converſation zu hauchen;
vergebens! Nichts will über die Lippen, Nichts
hörbaren Laut gewinnen. Der Mythus ſagt, in
ſolchen Zeiten fliege ein Engel durch das Zimmer,
aber nach der Länge derartiger Pauſen zu urtheilen,
müſſen zuweilen auch Engel dieſe Flugübungen
anſtellen, deren Gefieder aus der Uebung gekommen
iſt. Endlich pflegt Einer ſich zum Opfer für das
Gemeinweſen darzubringen, er fährt mit einer un-
geheuren Dummheit heraus, und damit iſt der
Zauber gelöſet, das Band der Zungen entfeſſelt;

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[71/0079] Wer hat nicht einmal die Laſt ſolcher Wind- ſtillen in der Geſellſchaft erfahren? Die geſammte Societät ſitzt wie eine Flotte, die ſich auf dem unbewegten Meeresſpiegel nicht zu rühren vermag. Schlaff hangen die Segel herab, verzweiflungsvoll ſchaun alle Blicke nach ihnen hinauf, ob nicht ein friſches Lüftchen ſie endlich ſchwellen wolle. Um- ſonſt! Das iſt, als ob ein Rad in der Schöpfung gebrochen, und die ganze Maſchine mit Sonne, Mond und Fixſternen in Stockung gerathen ſei. So ſucht eine in Windſtille verſetzte Geſellſchaft auch verzweiflungsvoll nach einem Gedanken, nach einer Vorſtellung, ja nur nach einer Redensart, um ſie in die Segel der Converſation zu hauchen; vergebens! Nichts will über die Lippen, Nichts hörbaren Laut gewinnen. Der Mythus ſagt, in ſolchen Zeiten fliege ein Engel durch das Zimmer, aber nach der Länge derartiger Pauſen zu urtheilen, müſſen zuweilen auch Engel dieſe Flugübungen anſtellen, deren Gefieder aus der Uebung gekommen iſt. Endlich pflegt Einer ſich zum Opfer für das Gemeinweſen darzubringen, er fährt mit einer un- geheuren Dummheit heraus, und damit iſt der Zauber gelöſet, das Band der Zungen entfeſſelt;

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/79>, abgerufen am 27.11.2024.