Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

habt Ihr mich darum gerettet, um mich in dieser
Einöde dem Hunger, dem Durst, den wilden Thie-
ren Preis zu geben? rief ich. Bei der Gnade des
Himmels! nehmt mich auf der Kruppe Eures Pferdes
mit. You would deprive me of my comfort,
versetzte der großmüthige Engländer kalt und ritt
wirklich fort, so daß ich ihn bald aus dem Gesichte
verloren hatte. -- Elender, sagte ich dumpf, ist dieses
die Großmuth Albion's? Du dachtest an dein Jagd-
vergnügen und nicht an das gebildete Kind gebil-
deter Eltern, an den sauer zubereiteten Wurm
seines Vaters, als du schossest. Geh, falscher,
heuchlerischer Britte, wir sind quitt! Bewaffne dich
mit dem ganzen Stolze deines Englands, ich, ein
deutscher Knabe, verwerfe dich!

Durch diesen Monolog fühlte sich meine Seele
erhoben und gekräftigt. Ich empfand zugleich, was
ich meiner Ehre gegen den verruchten Geier schul-
dig war, der noch immer schnappte und jappte,
trat daher zu ihm und sagte: Ein anderesmal
sehen Sie besser zu, wen Sie vor sich haben,
Federvieh! Die Naturgeschichte erlaubt Ihnen,
ausnahmsweise auf Hirtenknaben zu stoßen, nicht
aber auf gebildete Kinder gebildeter Eltern. --

habt Ihr mich darum gerettet, um mich in dieſer
Einöde dem Hunger, dem Durſt, den wilden Thie-
ren Preis zu geben? rief ich. Bei der Gnade des
Himmels! nehmt mich auf der Kruppe Eures Pferdes
mit. You would deprive me of my comfort,
verſetzte der großmüthige Engländer kalt und ritt
wirklich fort, ſo daß ich ihn bald aus dem Geſichte
verloren hatte. — Elender, ſagte ich dumpf, iſt dieſes
die Großmuth Albion’s? Du dachteſt an dein Jagd-
vergnügen und nicht an das gebildete Kind gebil-
deter Eltern, an den ſauer zubereiteten Wurm
ſeines Vaters, als du ſchoſſeſt. Geh, falſcher,
heuchleriſcher Britte, wir ſind quitt! Bewaffne dich
mit dem ganzen Stolze deines Englands, ich, ein
deutſcher Knabe, verwerfe dich!

Durch dieſen Monolog fühlte ſich meine Seele
erhoben und gekräftigt. Ich empfand zugleich, was
ich meiner Ehre gegen den verruchten Geier ſchul-
dig war, der noch immer ſchnappte und jappte,
trat daher zu ihm und ſagte: Ein anderesmal
ſehen Sie beſſer zu, wen Sie vor ſich haben,
Federvieh! Die Naturgeſchichte erlaubt Ihnen,
ausnahmsweiſe auf Hirtenknaben zu ſtoßen, nicht
aber auf gebildete Kinder gebildeter Eltern. —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0137" n="119"/>
habt Ihr mich darum gerettet, um mich in die&#x017F;er<lb/>
Einöde dem Hunger, dem Dur&#x017F;t, den wilden Thie-<lb/>
ren Preis zu geben? rief ich. Bei der Gnade des<lb/>
Himmels! nehmt mich auf der Kruppe Eures Pferdes<lb/>
mit. <hi rendition="#aq">You would deprive me of my comfort,</hi><lb/>
ver&#x017F;etzte der großmüthige Engländer kalt und ritt<lb/>
wirklich fort, &#x017F;o daß ich ihn bald aus dem Ge&#x017F;ichte<lb/>
verloren hatte. &#x2014; Elender, &#x017F;agte ich dumpf, i&#x017F;t die&#x017F;es<lb/>
die Großmuth Albion&#x2019;s? Du dachte&#x017F;t an dein Jagd-<lb/>
vergnügen und nicht an das gebildete Kind gebil-<lb/>
deter Eltern, an den &#x017F;auer zubereiteten Wurm<lb/>
&#x017F;eines Vaters, als du &#x017F;cho&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t. Geh, fal&#x017F;cher,<lb/>
heuchleri&#x017F;cher Britte, wir &#x017F;ind quitt! Bewaffne dich<lb/>
mit dem ganzen Stolze deines Englands, ich, ein<lb/>
deut&#x017F;cher Knabe, verwerfe dich!</p><lb/>
          <p>Durch die&#x017F;en Monolog fühlte &#x017F;ich meine Seele<lb/>
erhoben und gekräftigt. Ich empfand zugleich, was<lb/>
ich meiner Ehre gegen den verruchten Geier &#x017F;chul-<lb/>
dig war, der noch immer &#x017F;chnappte und jappte,<lb/>
trat daher zu ihm und &#x017F;agte: Ein anderesmal<lb/>
&#x017F;ehen Sie be&#x017F;&#x017F;er zu, wen Sie vor &#x017F;ich haben,<lb/>
Federvieh! Die Naturge&#x017F;chichte erlaubt Ihnen,<lb/>
ausnahmswei&#x017F;e auf Hirtenknaben zu &#x017F;toßen, nicht<lb/>
aber auf gebildete Kinder gebildeter Eltern. &#x2014;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[119/0137] habt Ihr mich darum gerettet, um mich in dieſer Einöde dem Hunger, dem Durſt, den wilden Thie- ren Preis zu geben? rief ich. Bei der Gnade des Himmels! nehmt mich auf der Kruppe Eures Pferdes mit. You would deprive me of my comfort, verſetzte der großmüthige Engländer kalt und ritt wirklich fort, ſo daß ich ihn bald aus dem Geſichte verloren hatte. — Elender, ſagte ich dumpf, iſt dieſes die Großmuth Albion’s? Du dachteſt an dein Jagd- vergnügen und nicht an das gebildete Kind gebil- deter Eltern, an den ſauer zubereiteten Wurm ſeines Vaters, als du ſchoſſeſt. Geh, falſcher, heuchleriſcher Britte, wir ſind quitt! Bewaffne dich mit dem ganzen Stolze deines Englands, ich, ein deutſcher Knabe, verwerfe dich! Durch dieſen Monolog fühlte ſich meine Seele erhoben und gekräftigt. Ich empfand zugleich, was ich meiner Ehre gegen den verruchten Geier ſchul- dig war, der noch immer ſchnappte und jappte, trat daher zu ihm und ſagte: Ein anderesmal ſehen Sie beſſer zu, wen Sie vor ſich haben, Federvieh! Die Naturgeſchichte erlaubt Ihnen, ausnahmsweiſe auf Hirtenknaben zu ſtoßen, nicht aber auf gebildete Kinder gebildeter Eltern. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/137
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/137>, abgerufen am 23.12.2024.