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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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nicht vor den schrecklichen Pfeilen zu bergen im
Stande war. Sie schrieen meckernd: Der Geier!
der böse Geier! und zitterten und bebten, als ob
jener todte Bösewicht sie noch fressen könnte. An-
fangs schauerten auch die Mütter bei seinem An-
blicke zusammen, indessen faßten sie sich bald und
beruhigten die Zicklein mit verständigem Meckern.
O, rief eine der Ziegen, wie vielen Dank sind wir
diesem armen kleinen Findlinge schuldig! Ohne ihn
würden wir wahrscheinlich den Verlust eines von
Euch, Ihr theuren Kinder, zu beweinen haben!
Der Lämmergeier sah aber ihn und nahm ihn an
Eurer Statt in die Lüfte! -- Hier erwachte mein
ganzer Stolz, und auf die Gefahr hin, es mit
diesem Ziegenvolke auf der Schwelle unserer neuen
Bekanntschaft zu verderben, sprach ich: Meine
Damen, Sie sind im Irrthum. Daß jener Räuber
mich für einen Hirtenknaben hielt, den er nach
der Naturgeschichte ausnahmsweise zuweilen anfallen
darf, war schon unverzeihlich von ihm, daß er mich
aber gar für ein Ziegenlamm hätte halten sollen,
dazu traue ich ihm denn doch zu viel Verstand zu.
-- Das Wundfieber phantasirt aus ihm, riefen
alle Ziegen, er weiß nicht, was er spricht. -- Meine

nicht vor den ſchrecklichen Pfeilen zu bergen im
Stande war. Sie ſchrieen meckernd: Der Geier!
der böſe Geier! und zitterten und bebten, als ob
jener todte Böſewicht ſie noch freſſen könnte. An-
fangs ſchauerten auch die Mütter bei ſeinem An-
blicke zuſammen, indeſſen faßten ſie ſich bald und
beruhigten die Zicklein mit verſtändigem Meckern.
O, rief eine der Ziegen, wie vielen Dank ſind wir
dieſem armen kleinen Findlinge ſchuldig! Ohne ihn
würden wir wahrſcheinlich den Verluſt eines von
Euch, Ihr theuren Kinder, zu beweinen haben!
Der Lämmergeier ſah aber ihn und nahm ihn an
Eurer Statt in die Lüfte! — Hier erwachte mein
ganzer Stolz, und auf die Gefahr hin, es mit
dieſem Ziegenvolke auf der Schwelle unſerer neuen
Bekanntſchaft zu verderben, ſprach ich: Meine
Damen, Sie ſind im Irrthum. Daß jener Räuber
mich für einen Hirtenknaben hielt, den er nach
der Naturgeſchichte ausnahmsweiſe zuweilen anfallen
darf, war ſchon unverzeihlich von ihm, daß er mich
aber gar für ein Ziegenlamm hätte halten ſollen,
dazu traue ich ihm denn doch zu viel Verſtand zu.
— Das Wundfieber phantaſirt aus ihm, riefen
alle Ziegen, er weiß nicht, was er ſpricht. — Meine

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[128/0146] nicht vor den ſchrecklichen Pfeilen zu bergen im Stande war. Sie ſchrieen meckernd: Der Geier! der böſe Geier! und zitterten und bebten, als ob jener todte Böſewicht ſie noch freſſen könnte. An- fangs ſchauerten auch die Mütter bei ſeinem An- blicke zuſammen, indeſſen faßten ſie ſich bald und beruhigten die Zicklein mit verſtändigem Meckern. O, rief eine der Ziegen, wie vielen Dank ſind wir dieſem armen kleinen Findlinge ſchuldig! Ohne ihn würden wir wahrſcheinlich den Verluſt eines von Euch, Ihr theuren Kinder, zu beweinen haben! Der Lämmergeier ſah aber ihn und nahm ihn an Eurer Statt in die Lüfte! — Hier erwachte mein ganzer Stolz, und auf die Gefahr hin, es mit dieſem Ziegenvolke auf der Schwelle unſerer neuen Bekanntſchaft zu verderben, ſprach ich: Meine Damen, Sie ſind im Irrthum. Daß jener Räuber mich für einen Hirtenknaben hielt, den er nach der Naturgeſchichte ausnahmsweiſe zuweilen anfallen darf, war ſchon unverzeihlich von ihm, daß er mich aber gar für ein Ziegenlamm hätte halten ſollen, dazu traue ich ihm denn doch zu viel Verſtand zu. — Das Wundfieber phantaſirt aus ihm, riefen alle Ziegen, er weiß nicht, was er ſpricht. — Meine

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/146>, abgerufen am 09.11.2024.