Nun, diese Unannehmlichkeiten hatten zuletzt auch ein Ende. Wir trafen in Amsterdam und eine Stunde später auf dem Landhause Welge- legen ein. Bei dem Anblicke des Canals, der ebenen Wiese, der zwölf Windmühlen, endlich bei dem Anblicke seines stillen Hauses mit den herab- gelassenen Fenstervorhängen, mit dem buntgepfla- sterten Hofe, mit der Voliere aus vergoldetem Drath und mit dem grünen, eingezäunten Flecke, auf welchem Gold- und Silberfasanen nebst an- derem Gethier spazieren gingen, vergoß Myn Heer van Streef zwei runde Thränen und sagte zu Sebulon: O Welgelegen! weiter aber nichts. Sebulon schluchzte, beugte sich vor dem Thore zur Erde, gleichsam um sie zu küssen und ver- setzte: Welgelegen ist Welgelegen, Myn Heer van Streef. In der Pforte standen sechs nordhollän- dische Mägde mit goldenen Blechen in den Haa- ren, alle weiß und rund und sauber gekleidet, daß sie glänzten. Sie machten einen Knicks, küßten ihrem Herrn die Hand und sagten: Viel Glück und Heil zur Rückkunft, Myn Heer. Ihren Kreis trennte ein kleiner Mann, rothen Antlitzes, aber ganz weiß und ehrwürdig eingepudert, schüttelte
Nun, dieſe Unannehmlichkeiten hatten zuletzt auch ein Ende. Wir trafen in Amſterdam und eine Stunde ſpäter auf dem Landhauſe Welge- legen ein. Bei dem Anblicke des Canals, der ebenen Wieſe, der zwölf Windmühlen, endlich bei dem Anblicke ſeines ſtillen Hauſes mit den herab- gelaſſenen Fenſtervorhängen, mit dem buntgepfla- ſterten Hofe, mit der Voliere aus vergoldetem Drath und mit dem grünen, eingezäunten Flecke, auf welchem Gold- und Silberfaſanen nebſt an- derem Gethier ſpazieren gingen, vergoß Myn Heer van Streef zwei runde Thränen und ſagte zu Sebulon: O Welgelegen! weiter aber nichts. Sebulon ſchluchzte, beugte ſich vor dem Thore zur Erde, gleichſam um ſie zu küſſen und ver- ſetzte: Welgelegen iſt Welgelegen, Myn Heer van Streef. In der Pforte ſtanden ſechs nordhollän- diſche Mägde mit goldenen Blechen in den Haa- ren, alle weiß und rund und ſauber gekleidet, daß ſie glänzten. Sie machten einen Knicks, küßten ihrem Herrn die Hand und ſagten: Viel Glück und Heil zur Rückkunft, Myn Heer. Ihren Kreis trennte ein kleiner Mann, rothen Antlitzes, aber ganz weiß und ehrwürdig eingepudert, ſchüttelte
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Nun, dieſe Unannehmlichkeiten hatten zuletzt
auch ein Ende. Wir trafen in Amſterdam und
eine Stunde ſpäter auf dem Landhauſe Welge-
legen ein. Bei dem Anblicke des Canals, der
ebenen Wieſe, der zwölf Windmühlen, endlich bei
dem Anblicke ſeines ſtillen Hauſes mit den herab-
gelaſſenen Fenſtervorhängen, mit dem buntgepfla-
ſterten Hofe, mit der Voliere aus vergoldetem
Drath und mit dem grünen, eingezäunten Flecke,
auf welchem Gold- und Silberfaſanen nebſt an-
derem Gethier ſpazieren gingen, vergoß Myn Heer
van Streef zwei runde Thränen und ſagte zu
Sebulon: O Welgelegen! weiter aber nichts.
Sebulon ſchluchzte, beugte ſich vor dem Thore
zur Erde, gleichſam um ſie zu küſſen und ver-
ſetzte: Welgelegen iſt Welgelegen, Myn Heer van
Streef. In der Pforte ſtanden ſechs nordhollän-
diſche Mägde mit goldenen Blechen in den Haa-
ren, alle weiß und rund und ſauber gekleidet, daß
ſie glänzten. Sie machten einen Knicks, küßten
ihrem Herrn die Hand und ſagten: Viel Glück
und Heil zur Rückkunft, Myn Heer. Ihren Kreis
trennte ein kleiner Mann, rothen Antlitzes, aber
ganz weiß und ehrwürdig eingepudert, ſchüttelte
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/204>, abgerufen am 22.12.2024.
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