schätze Euch, Münchhausen, deßhalb will ich für Euch Beide klug seyn. Eine Mariage wäre nichts mehr in Euren Jahren.
Mariage! rief das Fräulein und erröthete. O wie verstehen Sie, mein Vater, mich einmal wieder recht gründlich miß! Sie ging aus dem Zimmer.
Mariage! rief der Freiherr und ergrünte. Nein, mein würdiger Altvater, befürchten Sie keine Ma- riage. Ich könnte Ihre unschätzbare Tochter tausend Jahre lang du nennen und dächte nicht an Ma- riage. Zur Mariage gehört Amour; ich spüre keinerlei Amour für meine Diotima-Emerentia. Es ist der Ort und ist die Stunde, Ihnen eine wichtige Entdeckung zu machen. Ich fühle eine Achtung für jenes reine weibliche Wesen, die in das Unermeßliche geht, sie läßt sich nur mit der Begeisterung Kühne's für Theodor Mundt verglei- chen. Wenn Emerentia nieset, so ist das für mich ein Gedicht; aber meine Empfindungen stehen zu derselben Zeit abgesondert, gleichsam geronnen, für sich, sie haben keinen Verkehr mit der Achtung, sie führen ihren eigenen Haushalt; kurz, denn Offen- heit muß ja, wie Sie selbst herzlich und bieder
ſchätze Euch, Münchhauſen, deßhalb will ich für Euch Beide klug ſeyn. Eine Mariage wäre nichts mehr in Euren Jahren.
Mariage! rief das Fräulein und erröthete. O wie verſtehen Sie, mein Vater, mich einmal wieder recht gründlich miß! Sie ging aus dem Zimmer.
Mariage! rief der Freiherr und ergrünte. Nein, mein würdiger Altvater, befürchten Sie keine Ma- riage. Ich könnte Ihre unſchätzbare Tochter tauſend Jahre lang du nennen und dächte nicht an Ma- riage. Zur Mariage gehört Amour; ich ſpüre keinerlei Amour für meine Diotima-Emerentia. Es iſt der Ort und iſt die Stunde, Ihnen eine wichtige Entdeckung zu machen. Ich fühle eine Achtung für jenes reine weibliche Weſen, die in das Unermeßliche geht, ſie läßt ſich nur mit der Begeiſterung Kühne’s für Theodor Mundt verglei- chen. Wenn Emerentia nieſet, ſo iſt das für mich ein Gedicht; aber meine Empfindungen ſtehen zu derſelben Zeit abgeſondert, gleichſam geronnen, für ſich, ſie haben keinen Verkehr mit der Achtung, ſie führen ihren eigenen Haushalt; kurz, denn Offen- heit muß ja, wie Sie ſelbſt herzlich und bieder
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ſchätze Euch, Münchhauſen, deßhalb will ich für
Euch Beide klug ſeyn. Eine Mariage wäre nichts
mehr in Euren Jahren.
Mariage! rief das Fräulein und erröthete. O
wie verſtehen Sie, mein Vater, mich einmal
wieder recht gründlich miß! Sie ging aus dem
Zimmer.
Mariage! rief der Freiherr und ergrünte. Nein,
mein würdiger Altvater, befürchten Sie keine Ma-
riage. Ich könnte Ihre unſchätzbare Tochter tauſend
Jahre lang du nennen und dächte nicht an Ma-
riage. Zur Mariage gehört Amour; ich ſpüre
keinerlei Amour für meine Diotima-Emerentia.
Es iſt der Ort und iſt die Stunde, Ihnen eine
wichtige Entdeckung zu machen. Ich fühle eine
Achtung für jenes reine weibliche Weſen, die in
das Unermeßliche geht, ſie läßt ſich nur mit der
Begeiſterung Kühne’s für Theodor Mundt verglei-
chen. Wenn Emerentia nieſet, ſo iſt das für mich
ein Gedicht; aber meine Empfindungen ſtehen zu
derſelben Zeit abgeſondert, gleichſam geronnen, für
ſich, ſie haben keinen Verkehr mit der Achtung, ſie
führen ihren eigenen Haushalt; kurz, denn Offen-
heit muß ja, wie Sie ſelbſt herzlich und bieder
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/23>, abgerufen am 22.12.2024.
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