Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
XI.
Bekenntnisse einer Sterbenden.


Kernbeißer war zerbrochen und vernichtet. Dürr
schlief. Ich war stark im Glauben und hoffte auf
den nächstkünftigen Mittwoch.

Aber die Entscheidung sollte noch rascher her-
anrücken. Gegen zehn Uhr Abends ließ uns die
Schnotterbaum rufen. Wir fanden sie völlig ent-
kräftet und kaum noch fähig zu reden. Die Magd
wurde herbeigeholt, unterstützte sie mit ihren Ar-
men, und so halb emporgerichtet, gab sie uns, oft
unterbrochen von ihrer Schwäche, Folgendes zu
vernehmen:

Ihr Herren, es geht mit mir zu Ende. Die
Geistersachen haben mich zu sehr mitgenommen.
Vielleicht hätt' einige irdische Arznei meinen
schwachen und gebrechlichen Leib länger hingehalten;
indessen sei es fern' von mir, an den Pforten der
Ewigkeit Jemand anzuklagen.


XI.
Bekenntniſſe einer Sterbenden.


Kernbeißer war zerbrochen und vernichtet. Dürr
ſchlief. Ich war ſtark im Glauben und hoffte auf
den nächſtkünftigen Mittwoch.

Aber die Entſcheidung ſollte noch raſcher her-
anrücken. Gegen zehn Uhr Abends ließ uns die
Schnotterbaum rufen. Wir fanden ſie völlig ent-
kräftet und kaum noch fähig zu reden. Die Magd
wurde herbeigeholt, unterſtützte ſie mit ihren Ar-
men, und ſo halb emporgerichtet, gab ſie uns, oft
unterbrochen von ihrer Schwäche, Folgendes zu
vernehmen:

Ihr Herren, es geht mit mir zu Ende. Die
Geiſterſachen haben mich zu ſehr mitgenommen.
Vielleicht hätt’ einige irdiſche Arznei meinen
ſchwachen und gebrechlichen Leib länger hingehalten;
indeſſen ſei es fern’ von mir, an den Pforten der
Ewigkeit Jemand anzuklagen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0342" n="324"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XI.</hi></hi><lb/><hi rendition="#g">Bekenntni&#x017F;&#x017F;e einer Sterbenden</hi>.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Kernbeißer war zerbrochen und vernichtet. Dürr<lb/>
&#x017F;chlief. Ich war &#x017F;tark im Glauben und hoffte auf<lb/>
den näch&#x017F;tkünftigen Mittwoch.</p><lb/>
          <p>Aber die Ent&#x017F;cheidung &#x017F;ollte noch ra&#x017F;cher her-<lb/>
anrücken. Gegen zehn Uhr Abends ließ uns die<lb/>
Schnotterbaum rufen. Wir fanden &#x017F;ie völlig ent-<lb/>
kräftet und kaum noch fähig zu reden. Die Magd<lb/>
wurde herbeigeholt, unter&#x017F;tützte &#x017F;ie mit ihren Ar-<lb/>
men, und &#x017F;o halb emporgerichtet, gab &#x017F;ie uns, oft<lb/>
unterbrochen von ihrer Schwäche, Folgendes zu<lb/>
vernehmen:</p><lb/>
          <p>Ihr Herren, es geht mit mir zu Ende. Die<lb/>
Gei&#x017F;ter&#x017F;achen haben mich zu &#x017F;ehr mitgenommen.<lb/>
Vielleicht hätt&#x2019; einige irdi&#x017F;che Arznei meinen<lb/>
&#x017F;chwachen und gebrechlichen Leib länger hingehalten;<lb/>
inde&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ei es fern&#x2019; von mir, an den Pforten der<lb/>
Ewigkeit Jemand anzuklagen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[324/0342] XI. Bekenntniſſe einer Sterbenden. Kernbeißer war zerbrochen und vernichtet. Dürr ſchlief. Ich war ſtark im Glauben und hoffte auf den nächſtkünftigen Mittwoch. Aber die Entſcheidung ſollte noch raſcher her- anrücken. Gegen zehn Uhr Abends ließ uns die Schnotterbaum rufen. Wir fanden ſie völlig ent- kräftet und kaum noch fähig zu reden. Die Magd wurde herbeigeholt, unterſtützte ſie mit ihren Ar- men, und ſo halb emporgerichtet, gab ſie uns, oft unterbrochen von ihrer Schwäche, Folgendes zu vernehmen: Ihr Herren, es geht mit mir zu Ende. Die Geiſterſachen haben mich zu ſehr mitgenommen. Vielleicht hätt’ einige irdiſche Arznei meinen ſchwachen und gebrechlichen Leib länger hingehalten; indeſſen ſei es fern’ von mir, an den Pforten der Ewigkeit Jemand anzuklagen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/342
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/342>, abgerufen am 23.12.2024.