Die Entdeckung, welcher dein unseliger Fürwitz zusteuert, würde dich deinen Freund kosten! Er warf mit leidenschaftlicher Heftigkeit seine Klei- dungsstücke ab und sah im Hemde zum Fenster hinaus, den Anwesenden den Rücken kehrend.
Karl Buttervogel rief, ohne sich stören zu lassen, in dieses Concert: Und es ist schändlich von so einem Herrn, wenn so ein Herr immer lügen thut. Das Lügen ist für uns geringe Leute, wir können oft nicht darüber hin, und der liebe Gott vergiebt es uns, weil wir sonst unser Brod nicht haben, und wenn ich erst meinen gnädigen Schwiegervater besitze und auf meine fernerweite gehörige Bekösti- gung rechnen darf, so will ich's auch lassen, und von so einem Herrn, wie von meinem Herrn von Münchhausen ist es sehr unrecht, und allen Leuten lügt er etwas vor, und aller Orten hat er gelogen, und sie sind so dumm und glauben ihm auch immer, obgleich kein wahres Wort aus seinem Munde geht.
Es ist gut, Karl, bringe das Andere draußen an, sagte Münchhausen, sich umwendend. Der Ton seiner Stimme war sanft aber fest geworden. Er band einen roth und gelbseidnen Tuch mützenartig um den Kopf, so, daß die Zipfel an seinen Ohren
Die Entdeckung, welcher dein unſeliger Fürwitz zuſteuert, würde dich deinen Freund koſten! Er warf mit leidenſchaftlicher Heftigkeit ſeine Klei- dungsſtücke ab und ſah im Hemde zum Fenſter hinaus, den Anweſenden den Rücken kehrend.
Karl Buttervogel rief, ohne ſich ſtören zu laſſen, in dieſes Concert: Und es iſt ſchändlich von ſo einem Herrn, wenn ſo ein Herr immer lügen thut. Das Lügen iſt für uns geringe Leute, wir können oft nicht darüber hin, und der liebe Gott vergiebt es uns, weil wir ſonſt unſer Brod nicht haben, und wenn ich erſt meinen gnädigen Schwiegervater beſitze und auf meine fernerweite gehörige Beköſti- gung rechnen darf, ſo will ich’s auch laſſen, und von ſo einem Herrn, wie von meinem Herrn von Münchhauſen iſt es ſehr unrecht, und allen Leuten lügt er etwas vor, und aller Orten hat er gelogen, und ſie ſind ſo dumm und glauben ihm auch immer, obgleich kein wahres Wort aus ſeinem Munde geht.
Es iſt gut, Karl, bringe das Andere draußen an, ſagte Münchhauſen, ſich umwendend. Der Ton ſeiner Stimme war ſanft aber feſt geworden. Er band einen roth und gelbſeidnen Tuch mützenartig um den Kopf, ſo, daß die Zipfel an ſeinen Ohren
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0080"n="62"/>
Die Entdeckung, welcher dein unſeliger Fürwitz<lb/>
zuſteuert, würde dich deinen Freund koſten! Er<lb/>
warf mit leidenſchaftlicher Heftigkeit ſeine Klei-<lb/>
dungsſtücke ab und ſah im Hemde zum Fenſter<lb/>
hinaus, den Anweſenden den Rücken kehrend.</p><lb/><p>Karl Buttervogel rief, ohne ſich ſtören zu laſſen,<lb/>
in dieſes Concert: Und es iſt ſchändlich von ſo<lb/>
einem Herrn, wenn ſo ein Herr immer lügen thut.<lb/>
Das Lügen iſt für uns geringe Leute, wir können<lb/>
oft nicht darüber hin, und der liebe Gott vergiebt<lb/>
es uns, weil wir ſonſt unſer Brod nicht haben,<lb/>
und wenn ich erſt meinen gnädigen Schwiegervater<lb/>
beſitze und auf meine fernerweite gehörige Beköſti-<lb/>
gung rechnen darf, ſo will ich’s auch laſſen, und<lb/>
von ſo einem Herrn, wie von meinem Herrn von<lb/>
Münchhauſen iſt es ſehr unrecht, und allen Leuten<lb/>
lügt er etwas vor, und aller Orten hat er gelogen,<lb/>
und ſie ſind ſo dumm und glauben ihm auch immer,<lb/>
obgleich kein wahres Wort aus ſeinem Munde geht.</p><lb/><p>Es iſt gut, Karl, bringe das Andere draußen<lb/>
an, ſagte Münchhauſen, ſich umwendend. Der Ton<lb/>ſeiner Stimme war ſanft aber feſt geworden. Er<lb/>
band einen roth und gelbſeidnen Tuch mützenartig<lb/>
um den Kopf, ſo, daß die Zipfel an ſeinen Ohren<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[62/0080]
Die Entdeckung, welcher dein unſeliger Fürwitz
zuſteuert, würde dich deinen Freund koſten! Er
warf mit leidenſchaftlicher Heftigkeit ſeine Klei-
dungsſtücke ab und ſah im Hemde zum Fenſter
hinaus, den Anweſenden den Rücken kehrend.
Karl Buttervogel rief, ohne ſich ſtören zu laſſen,
in dieſes Concert: Und es iſt ſchändlich von ſo
einem Herrn, wenn ſo ein Herr immer lügen thut.
Das Lügen iſt für uns geringe Leute, wir können
oft nicht darüber hin, und der liebe Gott vergiebt
es uns, weil wir ſonſt unſer Brod nicht haben,
und wenn ich erſt meinen gnädigen Schwiegervater
beſitze und auf meine fernerweite gehörige Beköſti-
gung rechnen darf, ſo will ich’s auch laſſen, und
von ſo einem Herrn, wie von meinem Herrn von
Münchhauſen iſt es ſehr unrecht, und allen Leuten
lügt er etwas vor, und aller Orten hat er gelogen,
und ſie ſind ſo dumm und glauben ihm auch immer,
obgleich kein wahres Wort aus ſeinem Munde geht.
Es iſt gut, Karl, bringe das Andere draußen
an, ſagte Münchhauſen, ſich umwendend. Der Ton
ſeiner Stimme war ſanft aber feſt geworden. Er
band einen roth und gelbſeidnen Tuch mützenartig
um den Kopf, ſo, daß die Zipfel an ſeinen Ohren
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/80>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.