als zweiter Aufwärter bei der Mahlzeit zu dienen. Nichts konnte dem Manne erwünschter seyn. Er versetzte, daß sein ganzes Bestreben jetzt dahin gehe, nützlich zu wirken, daß er daher mit Freu- den die Gelegenheit, die ihm heute dazu durch das Bedienen der Gäste gewährt werde, ergreife, und in diesem anscheinend zufälligen Ereignisse eine wahre Fügung des Himmels erkenne, indem er nicht verschweigen könne, daß der Herr Schulrath Thomasius ihm gewisse Aussicht auf die Schul- meisterstelle der Bauerschaft gegeben habe, daher das vorläufige Aufwarten gleichsam schon der An- fang des ihm zugesagten Dienstes darstelle. Nach dieser Rede band er sich hurtig eine weiße Schürze vor, holte mit Geschicklichkeit einen gekochten Schinken vom Feuer und setzte ihn anstandsvoll auf die Tafel im Baumgarten.
Sonach waren alle Hindernisse beseitiget, und die ganze Hochzeitgesellschaft nahm auf eine ge- reimte Einladung des Burschen, der Hölscher zu bitten vergessen hatte, Platz. Die Braut, die Brautjungfern, der Diaconus, der Brautvater, die städtischen Freunde, die Excellenz, der Schirrmei- ster und die größten Hofesbesitzer mit ihren Frauen
als zweiter Aufwärter bei der Mahlzeit zu dienen. Nichts konnte dem Manne erwünſchter ſeyn. Er verſetzte, daß ſein ganzes Beſtreben jetzt dahin gehe, nützlich zu wirken, daß er daher mit Freu- den die Gelegenheit, die ihm heute dazu durch das Bedienen der Gäſte gewährt werde, ergreife, und in dieſem anſcheinend zufälligen Ereigniſſe eine wahre Fügung des Himmels erkenne, indem er nicht verſchweigen könne, daß der Herr Schulrath Thomaſius ihm gewiſſe Ausſicht auf die Schul- meiſterſtelle der Bauerſchaft gegeben habe, daher das vorläufige Aufwarten gleichſam ſchon der An- fang des ihm zugeſagten Dienſtes darſtelle. Nach dieſer Rede band er ſich hurtig eine weiße Schürze vor, holte mit Geſchicklichkeit einen gekochten Schinken vom Feuer und ſetzte ihn anſtandsvoll auf die Tafel im Baumgarten.
Sonach waren alle Hinderniſſe beſeitiget, und die ganze Hochzeitgeſellſchaft nahm auf eine ge- reimte Einladung des Burſchen, der Hölſcher zu bitten vergeſſen hatte, Platz. Die Braut, die Brautjungfern, der Diaconus, der Brautvater, die ſtädtiſchen Freunde, die Excellenz, der Schirrmei- ſter und die größten Hofesbeſitzer mit ihren Frauen
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als zweiter Aufwärter bei der Mahlzeit zu dienen.
Nichts konnte dem Manne erwünſchter ſeyn. Er
verſetzte, daß ſein ganzes Beſtreben jetzt dahin
gehe, nützlich zu wirken, daß er daher mit Freu-
den die Gelegenheit, die ihm heute dazu durch
das Bedienen der Gäſte gewährt werde, ergreife,
und in dieſem anſcheinend zufälligen Ereigniſſe eine
wahre Fügung des Himmels erkenne, indem er
nicht verſchweigen könne, daß der Herr Schulrath
Thomaſius ihm gewiſſe Ausſicht auf die Schul-
meiſterſtelle der Bauerſchaft gegeben habe, daher
das vorläufige Aufwarten gleichſam ſchon der An-
fang des ihm zugeſagten Dienſtes darſtelle. Nach
dieſer Rede band er ſich hurtig eine weiße Schürze
vor, holte mit Geſchicklichkeit einen gekochten
Schinken vom Feuer und ſetzte ihn anſtandsvoll
auf die Tafel im Baumgarten.
Sonach waren alle Hinderniſſe beſeitiget, und
die ganze Hochzeitgeſellſchaft nahm auf eine ge-
reimte Einladung des Burſchen, der Hölſcher zu
bitten vergeſſen hatte, Platz. Die Braut, die
Brautjungfern, der Diaconus, der Brautvater, die
ſtädtiſchen Freunde, die Excellenz, der Schirrmei-
ſter und die größten Hofesbeſitzer mit ihren Frauen
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/107>, abgerufen am 21.11.2024.
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