stellten sich um die Tafel unter den Bäumen im Garten, die geringeren Leute und die jungen Bur- sche und Mädchen unter Anführung des Küsters um die im Flur. Der Diaconus sprach an seinem Tische ein Gebet, der Küster eins an dem seinigen. Hierauf wurde an beiden Tischen ein geistliches Lied angestimmt.
Für Lisbeth war zwischen den Brautjungfern ein Platz offen gelassen worden. Der Hofschulze sah sich unruhig nach ihr um. Sie kam nicht. Dagegen kam während des Gesanges der Jäger, überblickte die Tafel, fand für sich keinen Platz offen, weil die zwei unerwarteten Gäste, die Excel- lenz und der Schirrmeister, schon allen Raum hin- weggenommen hatten, Lisbeths Platz aber unbe- setzt. Freudeglänzend wurde sein Antlitz, er schlich sich sacht seitwärts nach dem Hause, um sein Mädchen aufzusuchen. Sie trat ihm bei den Lin- den entgegen, umgekleidet, in ihrem gewöhnlichen Anzuge, den Strohhut auf dem Haupte. -- Nun ist mir wohl, nun bin ich wieder, wie ich seyn muß! rief sie freundlich. -- Ich weiß, sagte er, du magst dich nicht verstellen, du wolltest neulich nicht ein- mal leiden, daß ich dir an deinem Haare zeigen
ſtellten ſich um die Tafel unter den Bäumen im Garten, die geringeren Leute und die jungen Bur- ſche und Mädchen unter Anführung des Küſters um die im Flur. Der Diaconus ſprach an ſeinem Tiſche ein Gebet, der Küſter eins an dem ſeinigen. Hierauf wurde an beiden Tiſchen ein geiſtliches Lied angeſtimmt.
Für Lisbeth war zwiſchen den Brautjungfern ein Platz offen gelaſſen worden. Der Hofſchulze ſah ſich unruhig nach ihr um. Sie kam nicht. Dagegen kam während des Geſanges der Jäger, überblickte die Tafel, fand für ſich keinen Platz offen, weil die zwei unerwarteten Gäſte, die Excel- lenz und der Schirrmeiſter, ſchon allen Raum hin- weggenommen hatten, Lisbeths Platz aber unbe- ſetzt. Freudeglänzend wurde ſein Antlitz, er ſchlich ſich ſacht ſeitwärts nach dem Hauſe, um ſein Mädchen aufzuſuchen. Sie trat ihm bei den Lin- den entgegen, umgekleidet, in ihrem gewöhnlichen Anzuge, den Strohhut auf dem Haupte. — Nun iſt mir wohl, nun bin ich wieder, wie ich ſeyn muß! rief ſie freundlich. — Ich weiß, ſagte er, du magſt dich nicht verſtellen, du wollteſt neulich nicht ein- mal leiden, daß ich dir an deinem Haare zeigen
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ſtellten ſich um die Tafel unter den Bäumen im
Garten, die geringeren Leute und die jungen Bur-
ſche und Mädchen unter Anführung des Küſters
um die im Flur. Der Diaconus ſprach an ſeinem
Tiſche ein Gebet, der Küſter eins an dem ſeinigen.
Hierauf wurde an beiden Tiſchen ein geiſtliches
Lied angeſtimmt.
Für Lisbeth war zwiſchen den Brautjungfern
ein Platz offen gelaſſen worden. Der Hofſchulze
ſah ſich unruhig nach ihr um. Sie kam nicht.
Dagegen kam während des Geſanges der Jäger,
überblickte die Tafel, fand für ſich keinen Platz
offen, weil die zwei unerwarteten Gäſte, die Excel-
lenz und der Schirrmeiſter, ſchon allen Raum hin-
weggenommen hatten, Lisbeths Platz aber unbe-
ſetzt. Freudeglänzend wurde ſein Antlitz, er ſchlich
ſich ſacht ſeitwärts nach dem Hauſe, um ſein
Mädchen aufzuſuchen. Sie trat ihm bei den Lin-
den entgegen, umgekleidet, in ihrem gewöhnlichen
Anzuge, den Strohhut auf dem Haupte. — Nun iſt
mir wohl, nun bin ich wieder, wie ich ſeyn muß!
rief ſie freundlich. — Ich weiß, ſagte er, du magſt
dich nicht verſtellen, du wollteſt neulich nicht ein-
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/108>, abgerufen am 21.11.2024.
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