muthigen Vorsätze auf Schinken, Mostertstücke und Braten daran zu geben. Eine unendliche Last von Eßbarem dampfte auf den Tafeln, fast schien es, selbst diesen Appetiten gegenüber, unmöglich, Alles zu bewältigen, wenn nicht dennoch die Schnelligkeit, womit die ersten Gänge vom Angesichte der Welt verschwanden, dazu die Aussicht gegeben hätte. Alles schrotete, käute, schluckte, und es ist nicht erlogen, -- denn ich bin ja nicht Münchhausen, oder wenigstens nur zur Hälfte Er -- wenn ich sage, daß mancher Bauer binnen wenigen Minuten ein ganzes Huhn überwunden hatte, und daß ein Schinken für sechs Mann nur so eben zureichte. Auch die Städter ließen sich die reinliche, derbe Kost trefflich munden, der Schirrmeister aber aß für zwei Bauern und trank für drei. Was das Getränk betrifft, so muß ich leider, wie undichte- risch dieß klingen mag, von Bier berichten. Jeder hatte seinen irdenen Deckelkrug gefüllt vor sich stehen, und wenn derselbe geleert war, so klappte der Inhaber auf eine eigene landesübliche Weise mit dem zinnernen Deckel, worauf frische Füllung erfolgte. Selbige besorgte der erste Aufwärter, der Bräutigam, aus einer mächtigen Schleifkanne
muthigen Vorſätze auf Schinken, Moſtertſtücke und Braten daran zu geben. Eine unendliche Laſt von Eßbarem dampfte auf den Tafeln, faſt ſchien es, ſelbſt dieſen Appetiten gegenüber, unmöglich, Alles zu bewältigen, wenn nicht dennoch die Schnelligkeit, womit die erſten Gänge vom Angeſichte der Welt verſchwanden, dazu die Ausſicht gegeben hätte. Alles ſchrotete, käute, ſchluckte, und es iſt nicht erlogen, — denn ich bin ja nicht Münchhauſen, oder wenigſtens nur zur Hälfte Er — wenn ich ſage, daß mancher Bauer binnen wenigen Minuten ein ganzes Huhn überwunden hatte, und daß ein Schinken für ſechs Mann nur ſo eben zureichte. Auch die Städter ließen ſich die reinliche, derbe Koſt trefflich munden, der Schirrmeiſter aber aß für zwei Bauern und trank für drei. Was das Getränk betrifft, ſo muß ich leider, wie undichte- riſch dieß klingen mag, von Bier berichten. Jeder hatte ſeinen irdenen Deckelkrug gefüllt vor ſich ſtehen, und wenn derſelbe geleert war, ſo klappte der Inhaber auf eine eigene landesübliche Weiſe mit dem zinnernen Deckel, worauf friſche Füllung erfolgte. Selbige beſorgte der erſte Aufwärter, der Bräutigam, aus einer mächtigen Schleifkanne
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0112"n="98"/>
muthigen Vorſätze auf Schinken, Moſtertſtücke und<lb/>
Braten daran zu geben. Eine unendliche Laſt von<lb/>
Eßbarem dampfte auf den Tafeln, faſt ſchien es,<lb/>ſelbſt dieſen Appetiten gegenüber, unmöglich, Alles<lb/>
zu bewältigen, wenn nicht dennoch die Schnelligkeit,<lb/>
womit die erſten Gänge vom Angeſichte der Welt<lb/>
verſchwanden, dazu die Ausſicht gegeben hätte.<lb/>
Alles ſchrotete, käute, ſchluckte, und es iſt nicht<lb/>
erlogen, — denn ich bin ja nicht Münchhauſen,<lb/>
oder wenigſtens nur zur Hälfte Er — wenn ich<lb/>ſage, daß mancher Bauer binnen wenigen Minuten<lb/>
ein ganzes Huhn überwunden hatte, und daß ein<lb/>
Schinken für ſechs Mann nur ſo eben zureichte.<lb/>
Auch die Städter ließen ſich die reinliche, derbe<lb/>
Koſt trefflich munden, der Schirrmeiſter aber aß<lb/>
für zwei Bauern und trank für drei. Was das<lb/>
Getränk betrifft, ſo muß ich leider, wie undichte-<lb/>
riſch dieß klingen mag, von Bier berichten. Jeder<lb/>
hatte ſeinen irdenen Deckelkrug gefüllt vor ſich<lb/>ſtehen, und wenn derſelbe geleert war, ſo klappte<lb/>
der Inhaber auf eine eigene landesübliche Weiſe<lb/>
mit dem zinnernen Deckel, worauf friſche Füllung<lb/>
erfolgte. Selbige beſorgte der erſte Aufwärter,<lb/>
der Bräutigam, aus einer mächtigen Schleifkanne<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[98/0112]
muthigen Vorſätze auf Schinken, Moſtertſtücke und
Braten daran zu geben. Eine unendliche Laſt von
Eßbarem dampfte auf den Tafeln, faſt ſchien es,
ſelbſt dieſen Appetiten gegenüber, unmöglich, Alles
zu bewältigen, wenn nicht dennoch die Schnelligkeit,
womit die erſten Gänge vom Angeſichte der Welt
verſchwanden, dazu die Ausſicht gegeben hätte.
Alles ſchrotete, käute, ſchluckte, und es iſt nicht
erlogen, — denn ich bin ja nicht Münchhauſen,
oder wenigſtens nur zur Hälfte Er — wenn ich
ſage, daß mancher Bauer binnen wenigen Minuten
ein ganzes Huhn überwunden hatte, und daß ein
Schinken für ſechs Mann nur ſo eben zureichte.
Auch die Städter ließen ſich die reinliche, derbe
Koſt trefflich munden, der Schirrmeiſter aber aß
für zwei Bauern und trank für drei. Was das
Getränk betrifft, ſo muß ich leider, wie undichte-
riſch dieß klingen mag, von Bier berichten. Jeder
hatte ſeinen irdenen Deckelkrug gefüllt vor ſich
ſtehen, und wenn derſelbe geleert war, ſo klappte
der Inhaber auf eine eigene landesübliche Weiſe
mit dem zinnernen Deckel, worauf friſche Füllung
erfolgte. Selbige beſorgte der erſte Aufwärter,
der Bräutigam, aus einer mächtigen Schleifkanne
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/112>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.