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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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eingießend, mit welcher er, eine weiße Serviette
vorgesteckt, die Tafeln umkreiste. Dieser König
des Festes hatte von seinem Ehrentage nichts als
Prügel vorhin und Mühe anjetzt, denn die Deckel
klappten unaufhörlich, bald hier, bald da. -- Nur
der Diaconus und die städtischen Gäste erhielten
Wein vorgesetzt. Der Schulmeister lag der Auf-
wartung in Betreff des Festen ob, flink und ge-
wandt, recht heiter in diesem Geschäfte.

Es gab unter den Gästen nur Zwei, welche
die allgemeine Befriedigung nicht ganz theilten, der
Eine aus Verlegenheit, der Andere aus Furcht.
In Furcht befand sich nämlich der Küster und in
Verlegenheit der vornehme Herr vom Hofe. Dem
Küster hätte der größte Irrenarzt von Europa ein
schriftliches Zeugniß einhändigen können, daß der
Schulmeister bei Sinnen sei, es würde ihm doch
nicht wohl geworden seyn in der Nähe dieses Men-
schen, der mit so gefährlichen Werkzeugen, wie
Schüsseln, Tellern, Messern, unbewacht um ihn her
handthierte. Er dachte im Stillen an alle die
Fälle, worin ein Verrückter, lange Zeit scheinbar
hergestellt, plötzlich wieder wüthend geworden ist,
und nun mit dem, was er gerade in der Hand

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eingießend, mit welcher er, eine weiße Serviette
vorgeſteckt, die Tafeln umkreiſte. Dieſer König
des Feſtes hatte von ſeinem Ehrentage nichts als
Prügel vorhin und Mühe anjetzt, denn die Deckel
klappten unaufhörlich, bald hier, bald da. — Nur
der Diaconus und die ſtädtiſchen Gäſte erhielten
Wein vorgeſetzt. Der Schulmeiſter lag der Auf-
wartung in Betreff des Feſten ob, flink und ge-
wandt, recht heiter in dieſem Geſchäfte.

Es gab unter den Gäſten nur Zwei, welche
die allgemeine Befriedigung nicht ganz theilten, der
Eine aus Verlegenheit, der Andere aus Furcht.
In Furcht befand ſich nämlich der Küſter und in
Verlegenheit der vornehme Herr vom Hofe. Dem
Küſter hätte der größte Irrenarzt von Europa ein
ſchriftliches Zeugniß einhändigen können, daß der
Schulmeiſter bei Sinnen ſei, es würde ihm doch
nicht wohl geworden ſeyn in der Nähe dieſes Men-
ſchen, der mit ſo gefährlichen Werkzeugen, wie
Schüſſeln, Tellern, Meſſern, unbewacht um ihn her
handthierte. Er dachte im Stillen an alle die
Fälle, worin ein Verrückter, lange Zeit ſcheinbar
hergeſtellt, plötzlich wieder wüthend geworden iſt,
und nun mit dem, was er gerade in der Hand

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[99/0113] eingießend, mit welcher er, eine weiße Serviette vorgeſteckt, die Tafeln umkreiſte. Dieſer König des Feſtes hatte von ſeinem Ehrentage nichts als Prügel vorhin und Mühe anjetzt, denn die Deckel klappten unaufhörlich, bald hier, bald da. — Nur der Diaconus und die ſtädtiſchen Gäſte erhielten Wein vorgeſetzt. Der Schulmeiſter lag der Auf- wartung in Betreff des Feſten ob, flink und ge- wandt, recht heiter in dieſem Geſchäfte. Es gab unter den Gäſten nur Zwei, welche die allgemeine Befriedigung nicht ganz theilten, der Eine aus Verlegenheit, der Andere aus Furcht. In Furcht befand ſich nämlich der Küſter und in Verlegenheit der vornehme Herr vom Hofe. Dem Küſter hätte der größte Irrenarzt von Europa ein ſchriftliches Zeugniß einhändigen können, daß der Schulmeiſter bei Sinnen ſei, es würde ihm doch nicht wohl geworden ſeyn in der Nähe dieſes Men- ſchen, der mit ſo gefährlichen Werkzeugen, wie Schüſſeln, Tellern, Meſſern, unbewacht um ihn her handthierte. Er dachte im Stillen an alle die Fälle, worin ein Verrückter, lange Zeit ſcheinbar hergeſtellt, plötzlich wieder wüthend geworden iſt, und nun mit dem, was er gerade in der Hand 7*

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/113>, abgerufen am 21.11.2024.