und von Mordthaten, die Niemand gesehen, als die Vögel:
Sie fliegen wohl über den Kreuzweg hin, Schaut Keiner nach ihnen hin!
Dann setzten sie sich auf den Zweigen straff zurecht, kuckten den Schüler spöttisch an und zwei freche Kohlmeisen riefen: Da steht der Zauberer und hört uns zu und weiß nicht, was mit ihm geschieht; nun, der wird Augen machen! -- Der wird Augen machen! schrie der ganze Haufen und flog mit einem Gezwitscher davon, welches wie ein halbes Lachen klang.
Indem bekam der Schüler einen Wurf in das Gesicht, er blickte empor, da sah er ein ungeschlif- fenes Eichhorn, das hatte ihm die hohle Nuß auf die Stirne geworfen, lag platt auf seinem Aste auf dem Bauche, stierte ihm in's Gesicht, und rief: Die hohle für dich, die volle für mich! -- Ihr ungezogenes Gesindel, laßt den fremden Herrn doch zufrieden! rief eine schwarz und weiße Elster, die wackelnd durch das Gras herzugeschritten kam. Sie setzte sich dem Schüler auf die Schulter und sagte ihm in's Ohr: Ihr müßt nicht uns Alle nach jenen unhöflichen Bestien beurtheilen, gelahrter Herr,
11*
und von Mordthaten, die Niemand geſehen, als die Vögel:
Sie fliegen wohl über den Kreuzweg hin, Schaut Keiner nach ihnen hin!
Dann ſetzten ſie ſich auf den Zweigen ſtraff zurecht, kuckten den Schüler ſpöttiſch an und zwei freche Kohlmeiſen riefen: Da ſteht der Zauberer und hört uns zu und weiß nicht, was mit ihm geſchieht; nun, der wird Augen machen! — Der wird Augen machen! ſchrie der ganze Haufen und flog mit einem Gezwitſcher davon, welches wie ein halbes Lachen klang.
Indem bekam der Schüler einen Wurf in das Geſicht, er blickte empor, da ſah er ein ungeſchlif- fenes Eichhorn, das hatte ihm die hohle Nuß auf die Stirne geworfen, lag platt auf ſeinem Aſte auf dem Bauche, ſtierte ihm in’s Geſicht, und rief: Die hohle für dich, die volle für mich! — Ihr ungezogenes Geſindel, laßt den fremden Herrn doch zufrieden! rief eine ſchwarz und weiße Elſter, die wackelnd durch das Gras herzugeſchritten kam. Sie ſetzte ſich dem Schüler auf die Schulter und ſagte ihm in’s Ohr: Ihr müßt nicht uns Alle nach jenen unhöflichen Beſtien beurtheilen, gelahrter Herr,
11*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0177"n="163"/>
und von Mordthaten, die Niemand geſehen, als die<lb/>
Vögel:</p><lb/><lgtype="poem"><l>Sie fliegen wohl über den Kreuzweg hin,</l><lb/><l>Schaut Keiner nach ihnen hin!</l></lg><lb/><p>Dann ſetzten ſie ſich auf den Zweigen ſtraff zurecht,<lb/>
kuckten den Schüler ſpöttiſch an und zwei freche<lb/>
Kohlmeiſen riefen: Da ſteht der Zauberer und hört<lb/>
uns zu und weiß nicht, was mit ihm geſchieht;<lb/>
nun, der wird Augen machen! — Der wird Augen<lb/>
machen! ſchrie der ganze Haufen und flog mit<lb/>
einem Gezwitſcher davon, welches wie ein halbes<lb/>
Lachen klang.</p><lb/><p>Indem bekam der Schüler einen Wurf in das<lb/>
Geſicht, er blickte empor, da ſah er ein ungeſchlif-<lb/>
fenes Eichhorn, das hatte ihm die hohle Nuß auf<lb/>
die Stirne geworfen, lag platt auf ſeinem Aſte auf<lb/>
dem Bauche, ſtierte ihm in’s Geſicht, und rief:<lb/>
Die hohle für dich, die volle für mich! — Ihr<lb/>
ungezogenes Geſindel, laßt den fremden Herrn doch<lb/>
zufrieden! rief eine ſchwarz und weiße Elſter, die<lb/>
wackelnd durch das Gras herzugeſchritten kam.<lb/>
Sie ſetzte ſich dem Schüler auf die Schulter und<lb/>ſagte ihm in’s Ohr: Ihr müßt nicht uns Alle nach<lb/>
jenen unhöflichen Beſtien beurtheilen, gelahrter Herr,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">11*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[163/0177]
und von Mordthaten, die Niemand geſehen, als die
Vögel:
Sie fliegen wohl über den Kreuzweg hin,
Schaut Keiner nach ihnen hin!
Dann ſetzten ſie ſich auf den Zweigen ſtraff zurecht,
kuckten den Schüler ſpöttiſch an und zwei freche
Kohlmeiſen riefen: Da ſteht der Zauberer und hört
uns zu und weiß nicht, was mit ihm geſchieht;
nun, der wird Augen machen! — Der wird Augen
machen! ſchrie der ganze Haufen und flog mit
einem Gezwitſcher davon, welches wie ein halbes
Lachen klang.
Indem bekam der Schüler einen Wurf in das
Geſicht, er blickte empor, da ſah er ein ungeſchlif-
fenes Eichhorn, das hatte ihm die hohle Nuß auf
die Stirne geworfen, lag platt auf ſeinem Aſte auf
dem Bauche, ſtierte ihm in’s Geſicht, und rief:
Die hohle für dich, die volle für mich! — Ihr
ungezogenes Geſindel, laßt den fremden Herrn doch
zufrieden! rief eine ſchwarz und weiße Elſter, die
wackelnd durch das Gras herzugeſchritten kam.
Sie ſetzte ſich dem Schüler auf die Schulter und
ſagte ihm in’s Ohr: Ihr müßt nicht uns Alle nach
jenen unhöflichen Beſtien beurtheilen, gelahrter Herr,
11*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/177>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.