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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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der Teufel und seine Großmutter gegen dieses
Schloß heranrücken, mir soll das Herz nicht ab-
wärts sinken. -- Sie haben mich in Ihrer rauhen
Manier angefahren, Sie haben einen hohen Ton
gegen mich angestimmt, als seien Sie wunder wie
weit über mir und ich nur eine mediocre Figur.
Ich bin gegen solche Beleidigungen empfindlich.
Deßhalb frage ich Sie jetzt, womit habe ich sie
verdient? Wissen Sie einen einzigen schlechten
Streich von mir, mein Herr?

Der Schriftsteller versetzte nach einigem Besin-
nen: Nein. Wahrheit muß Wahrheit bleiben. Einen
eigentlich schlechten Streich weiß ich allerdings nicht
von Ihnen. Wie hätte ich mich auch mit einem
Escroc so weit einlassen mögen?

Nun denn! rief Münchhausen, und seine Ge-
stalt, von der rothen Uniform gehoben, nahm eine
Art komischer Erhabenheit an. Ich habe phanta-
sirt, ja! Ich habe tolle Streiche ausgehen lassen,
ja! Ich habe es mit der Wahrheit ziemlich oder
vielmehr unziemlich leicht genommen, ja! Ich war
überall und nirgends, mein Name war mir stäts
so gleichgültig, wie der Rock, den ich gerade zu-
fällig trug -- aber mein Ehrenwort hatte ich mir

der Teufel und ſeine Großmutter gegen dieſes
Schloß heranrücken, mir ſoll das Herz nicht ab-
wärts ſinken. — Sie haben mich in Ihrer rauhen
Manier angefahren, Sie haben einen hohen Ton
gegen mich angeſtimmt, als ſeien Sie wunder wie
weit über mir und ich nur eine mediocre Figur.
Ich bin gegen ſolche Beleidigungen empfindlich.
Deßhalb frage ich Sie jetzt, womit habe ich ſie
verdient? Wiſſen Sie einen einzigen ſchlechten
Streich von mir, mein Herr?

Der Schriftſteller verſetzte nach einigem Beſin-
nen: Nein. Wahrheit muß Wahrheit bleiben. Einen
eigentlich ſchlechten Streich weiß ich allerdings nicht
von Ihnen. Wie hätte ich mich auch mit einem
Escroc ſo weit einlaſſen mögen?

Nun denn! rief Münchhauſen, und ſeine Ge-
ſtalt, von der rothen Uniform gehoben, nahm eine
Art komiſcher Erhabenheit an. Ich habe phanta-
ſirt, ja! Ich habe tolle Streiche ausgehen laſſen,
ja! Ich habe es mit der Wahrheit ziemlich oder
vielmehr unziemlich leicht genommen, ja! Ich war
überall und nirgends, mein Name war mir ſtäts
ſo gleichgültig, wie der Rock, den ich gerade zu-
fällig trug — aber mein Ehrenwort hatte ich mir

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[274/0288] der Teufel und ſeine Großmutter gegen dieſes Schloß heranrücken, mir ſoll das Herz nicht ab- wärts ſinken. — Sie haben mich in Ihrer rauhen Manier angefahren, Sie haben einen hohen Ton gegen mich angeſtimmt, als ſeien Sie wunder wie weit über mir und ich nur eine mediocre Figur. Ich bin gegen ſolche Beleidigungen empfindlich. Deßhalb frage ich Sie jetzt, womit habe ich ſie verdient? Wiſſen Sie einen einzigen ſchlechten Streich von mir, mein Herr? Der Schriftſteller verſetzte nach einigem Beſin- nen: Nein. Wahrheit muß Wahrheit bleiben. Einen eigentlich ſchlechten Streich weiß ich allerdings nicht von Ihnen. Wie hätte ich mich auch mit einem Escroc ſo weit einlaſſen mögen? Nun denn! rief Münchhauſen, und ſeine Ge- ſtalt, von der rothen Uniform gehoben, nahm eine Art komiſcher Erhabenheit an. Ich habe phanta- ſirt, ja! Ich habe tolle Streiche ausgehen laſſen, ja! Ich habe es mit der Wahrheit ziemlich oder vielmehr unziemlich leicht genommen, ja! Ich war überall und nirgends, mein Name war mir ſtäts ſo gleichgültig, wie der Rock, den ich gerade zu- fällig trug — aber mein Ehrenwort hatte ich mir

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/288>, abgerufen am 22.11.2024.