Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Inmitten der vorbereitenden Weihen verschwand
er, entschwand er, schwand. -- Wir verlangen,
daß man uns allein lasse bei ihm, zu küssen seine
leuchtenden Füße, zu fassen den Zipfel seines Man-
tels, zu harren, bis er aufwacht und uns die drei
abstracten Formeln mittheilt.

Es waren nur noch zehn Minuten vom Waffen-
stillstande übrig. Der Schriftsteller befand sich in
der sichtlichsten Verlegenheit, denn sämmtliche In-
teressenten an Münchhausen riefen ihn jetzt zur
Entscheidung auf, die, das sah er vorher, sie
mochte ausfallen, wie sie wollte, ihm die Interes-
senten nicht vom Halse schaffen, sondern sie ihm
erst recht auf den Hals bringen würde. Immer
dichter zog sich der Knäuel der Anwesenden um
ihn zusammen, da rief er in einem Anstoße von
Verzweiflung: Ich setze hiemit ein Provisorium
fest, denn nur die Zeit kann die Schlichtung so
verschiedenartiger Forderungen bringen. Jener
große Mann und angebliche Reifenschläger-Goose-
berry-Hegel bleibt auf gemeinschaftliche Kosten lie-
gen, sämmtliche Herren, welche ihn für sich reclami-
ren, ziehen sich vor das Schloß zurück und auch ich
halte mir Protocoll offen für die Ansprüche des Ho-

Inmitten der vorbereitenden Weihen verſchwand
er, entſchwand er, ſchwand. — Wir verlangen,
daß man uns allein laſſe bei ihm, zu küſſen ſeine
leuchtenden Füße, zu faſſen den Zipfel ſeines Man-
tels, zu harren, bis er aufwacht und uns die drei
abſtracten Formeln mittheilt.

Es waren nur noch zehn Minuten vom Waffen-
ſtillſtande übrig. Der Schriftſteller befand ſich in
der ſichtlichſten Verlegenheit, denn ſämmtliche In-
tereſſenten an Münchhauſen riefen ihn jetzt zur
Entſcheidung auf, die, das ſah er vorher, ſie
mochte ausfallen, wie ſie wollte, ihm die Intereſ-
ſenten nicht vom Halſe ſchaffen, ſondern ſie ihm
erſt recht auf den Hals bringen würde. Immer
dichter zog ſich der Knäuel der Anweſenden um
ihn zuſammen, da rief er in einem Anſtoße von
Verzweiflung: Ich ſetze hiemit ein Proviſorium
feſt, denn nur die Zeit kann die Schlichtung ſo
verſchiedenartiger Forderungen bringen. Jener
große Mann und angebliche Reifenſchläger-Gooſe-
berry-Hegel bleibt auf gemeinſchaftliche Koſten lie-
gen, ſämmtliche Herren, welche ihn für ſich reclami-
ren, ziehen ſich vor das Schloß zurück und auch ich
halte mir Protocoll offen für die Anſprüche des Ho-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0336" n="322"/>
          <p>Inmitten der vorbereitenden Weihen ver&#x017F;chwand<lb/>
er, ent&#x017F;chwand er, &#x017F;chwand. &#x2014; Wir verlangen,<lb/>
daß man uns allein la&#x017F;&#x017F;e bei ihm, zu kü&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eine<lb/>
leuchtenden Füße, zu fa&#x017F;&#x017F;en den Zipfel &#x017F;eines Man-<lb/>
tels, zu harren, bis er aufwacht und uns die drei<lb/>
ab&#x017F;tracten Formeln mittheilt.</p><lb/>
          <p>Es waren nur noch zehn Minuten vom Waffen-<lb/>
&#x017F;till&#x017F;tande übrig. Der Schrift&#x017F;teller befand &#x017F;ich in<lb/>
der &#x017F;ichtlich&#x017F;ten Verlegenheit, denn &#x017F;ämmtliche In-<lb/>
tere&#x017F;&#x017F;enten an Münchhau&#x017F;en riefen ihn jetzt zur<lb/>
Ent&#x017F;cheidung auf, die, das &#x017F;ah er vorher, &#x017F;ie<lb/>
mochte ausfallen, wie &#x017F;ie wollte, ihm die Intere&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enten nicht vom Hal&#x017F;e &#x017F;chaffen, &#x017F;ondern &#x017F;ie ihm<lb/>
er&#x017F;t recht <choice><sic>au&#x017F;</sic><corr>auf</corr></choice> den Hals bringen würde. Immer<lb/>
dichter zog &#x017F;ich der Knäuel der Anwe&#x017F;enden um<lb/>
ihn zu&#x017F;ammen, da rief er in einem An&#x017F;toße von<lb/>
Verzweiflung: Ich &#x017F;etze hiemit ein Provi&#x017F;orium<lb/>
fe&#x017F;t, denn nur die Zeit kann die Schlichtung &#x017F;o<lb/>
ver&#x017F;chiedenartiger Forderungen bringen. Jener<lb/>
große Mann und angebliche Reifen&#x017F;chläger-Goo&#x017F;e-<lb/>
berry-Hegel bleibt auf gemein&#x017F;chaftliche Ko&#x017F;ten lie-<lb/>
gen, &#x017F;ämmtliche Herren, welche ihn für &#x017F;ich reclami-<lb/>
ren, ziehen &#x017F;ich vor das Schloß zurück und auch ich<lb/>
halte mir Protocoll offen für die An&#x017F;prüche des Ho-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[322/0336] Inmitten der vorbereitenden Weihen verſchwand er, entſchwand er, ſchwand. — Wir verlangen, daß man uns allein laſſe bei ihm, zu küſſen ſeine leuchtenden Füße, zu faſſen den Zipfel ſeines Man- tels, zu harren, bis er aufwacht und uns die drei abſtracten Formeln mittheilt. Es waren nur noch zehn Minuten vom Waffen- ſtillſtande übrig. Der Schriftſteller befand ſich in der ſichtlichſten Verlegenheit, denn ſämmtliche In- tereſſenten an Münchhauſen riefen ihn jetzt zur Entſcheidung auf, die, das ſah er vorher, ſie mochte ausfallen, wie ſie wollte, ihm die Intereſ- ſenten nicht vom Halſe ſchaffen, ſondern ſie ihm erſt recht auf den Hals bringen würde. Immer dichter zog ſich der Knäuel der Anweſenden um ihn zuſammen, da rief er in einem Anſtoße von Verzweiflung: Ich ſetze hiemit ein Proviſorium feſt, denn nur die Zeit kann die Schlichtung ſo verſchiedenartiger Forderungen bringen. Jener große Mann und angebliche Reifenſchläger-Gooſe- berry-Hegel bleibt auf gemeinſchaftliche Koſten lie- gen, ſämmtliche Herren, welche ihn für ſich reclami- ren, ziehen ſich vor das Schloß zurück und auch ich halte mir Protocoll offen für die Anſprüche des Ho-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/336
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/336>, abgerufen am 22.11.2024.