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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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fernerhin nicht mehr dem Privatleben angehören
könne, am allerwenigsten ein Gegenstand polizei-
licher Verfolgung sei, sondern zu hohen Dingen,
zu einer öffentlichen Stellung berufen, nunmehr in
eine ganz andere Sphäre übergehe. Der geist-
reiche Erbprinz von Dünkelblasenheim wähle ihn
nämlich zu seinem Gesellschafter und Vertrauten.

Obgleich nun das Gebiet, auf dem sich unsere
Geschichte ereignete, nicht zu Dünkelblasenheim
gehörte, und obgleich die Anwesenden, außer Se-
milasso, kaum früher von dem Lande Dünkelblasen-
heim gehört hatten, so wirkte doch die bloße Er-
wähnung eines Hofes mit magischer Kraft auf die
Loyalität sämmtlicher Versammelten. Kein Wort
wurde laut, in den Mienen sprach sich Hingebung
und Unterwürfigkeit unter die Beschlüsse irgend-
welches Erbprinzen aus; der Bürgermeister nahm
seine Mütze ab.

Der Schriftsteller erbrach den Brief und las
folgendes Berufungsschreiben vor:

"Ich erwarte Sie mit Ungeduld. Nie habe
ich mich auf Jemand so gefreut, wie auf Sie.
Seitdem ich Sie im Bade zu * sah, nahmen Sie mir
Kopf und Herz, wie eine Geliebte ein. Sie ken-

fernerhin nicht mehr dem Privatleben angehören
könne, am allerwenigſten ein Gegenſtand polizei-
licher Verfolgung ſei, ſondern zu hohen Dingen,
zu einer öffentlichen Stellung berufen, nunmehr in
eine ganz andere Sphäre übergehe. Der geiſt-
reiche Erbprinz von Dünkelblaſenheim wähle ihn
nämlich zu ſeinem Geſellſchafter und Vertrauten.

Obgleich nun das Gebiet, auf dem ſich unſere
Geſchichte ereignete, nicht zu Dünkelblaſenheim
gehörte, und obgleich die Anweſenden, außer Se-
milaſſo, kaum früher von dem Lande Dünkelblaſen-
heim gehört hatten, ſo wirkte doch die bloße Er-
wähnung eines Hofes mit magiſcher Kraft auf die
Loyalität ſämmtlicher Verſammelten. Kein Wort
wurde laut, in den Mienen ſprach ſich Hingebung
und Unterwürfigkeit unter die Beſchlüſſe irgend-
welches Erbprinzen aus; der Bürgermeiſter nahm
ſeine Mütze ab.

Der Schriftſteller erbrach den Brief und las
folgendes Berufungsſchreiben vor:

„Ich erwarte Sie mit Ungeduld. Nie habe
ich mich auf Jemand ſo gefreut, wie auf Sie.
Seitdem ich Sie im Bade zu * ſah, nahmen Sie mir
Kopf und Herz, wie eine Geliebte ein. Sie ken-

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[338/0352] fernerhin nicht mehr dem Privatleben angehören könne, am allerwenigſten ein Gegenſtand polizei- licher Verfolgung ſei, ſondern zu hohen Dingen, zu einer öffentlichen Stellung berufen, nunmehr in eine ganz andere Sphäre übergehe. Der geiſt- reiche Erbprinz von Dünkelblaſenheim wähle ihn nämlich zu ſeinem Geſellſchafter und Vertrauten. Obgleich nun das Gebiet, auf dem ſich unſere Geſchichte ereignete, nicht zu Dünkelblaſenheim gehörte, und obgleich die Anweſenden, außer Se- milaſſo, kaum früher von dem Lande Dünkelblaſen- heim gehört hatten, ſo wirkte doch die bloße Er- wähnung eines Hofes mit magiſcher Kraft auf die Loyalität ſämmtlicher Verſammelten. Kein Wort wurde laut, in den Mienen ſprach ſich Hingebung und Unterwürfigkeit unter die Beſchlüſſe irgend- welches Erbprinzen aus; der Bürgermeiſter nahm ſeine Mütze ab. Der Schriftſteller erbrach den Brief und las folgendes Berufungsſchreiben vor: „Ich erwarte Sie mit Ungeduld. Nie habe ich mich auf Jemand ſo gefreut, wie auf Sie. Seitdem ich Sie im Bade zu * ſah, nahmen Sie mir Kopf und Herz, wie eine Geliebte ein. Sie ken-

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/352>, abgerufen am 22.11.2024.