Ja! -- sagte er, den Cylinder tiefsinnig betrachtend und das Papier von demselben loswickelnd; das ist die Mitgift der kaiserlichen Prinzessin, meiner lieben Tochter. -- Der Jäger mochte mit diesem neuen Ausbruche des Unsinns nichts weiter zu schaffen haben, er ließ daher dem Alten, was die- sem so wichtig zu seyn schien, und wollte gehen. Der Alte hatte das Papier, auf welchem, wie dem Jäger ein flüchtiger Blick gezeigt hatte, in den Ecken allerhand Buchstaben und Charaktere standen, glatt und grade gestrichen, die Gläser des Cylin- ders abgewischt und hindurch gesehen. -- Ach Lis- beth! Lisbeth! seufzte er.
Dieses Zauberwort fesselte den Jäger an die Stätte. Zu seiner Verwunderung sah er, daß der Alte sich platt auf den Boden setzte und bit- terlich zu weinen anfing wie ein Kind. Ach, sagte er und sah wieder durch den Cylinder in die leere Luft, indem er dabei das Blatt Papier steif in der anderen Hand hielt, ich sehe mein Kind Lisbeth noch immer nicht dadurch. O wie gern legte ich mei- nen Kopf auf ihren Schooß und ließe ihn streicheln von ihren sanften Händen, denn die Regierungssorgen machen müde und ein Kaiser bleibt auch ein Mensch!
Ja! — ſagte er, den Cylinder tiefſinnig betrachtend und das Papier von demſelben loswickelnd; das iſt die Mitgift der kaiſerlichen Prinzeſſin, meiner lieben Tochter. — Der Jäger mochte mit dieſem neuen Ausbruche des Unſinns nichts weiter zu ſchaffen haben, er ließ daher dem Alten, was die- ſem ſo wichtig zu ſeyn ſchien, und wollte gehen. Der Alte hatte das Papier, auf welchem, wie dem Jäger ein flüchtiger Blick gezeigt hatte, in den Ecken allerhand Buchſtaben und Charaktere ſtanden, glatt und grade geſtrichen, die Gläſer des Cylin- ders abgewiſcht und hindurch geſehen. — Ach Lis- beth! Lisbeth! ſeufzte er.
Dieſes Zauberwort feſſelte den Jäger an die Stätte. Zu ſeiner Verwunderung ſah er, daß der Alte ſich platt auf den Boden ſetzte und bit- terlich zu weinen anfing wie ein Kind. Ach, ſagte er und ſah wieder durch den Cylinder in die leere Luft, indem er dabei das Blatt Papier ſteif in der anderen Hand hielt, ich ſehe mein Kind Lisbeth noch immer nicht dadurch. O wie gern legte ich mei- nen Kopf auf ihren Schooß und ließe ihn ſtreicheln von ihren ſanften Händen, denn die Regierungsſorgen machen müde und ein Kaiſer bleibt auch ein Menſch!
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Ja! — ſagte er, den Cylinder tiefſinnig betrachtend
und das Papier von demſelben loswickelnd; das
iſt die Mitgift der kaiſerlichen Prinzeſſin, meiner
lieben Tochter. — Der Jäger mochte mit dieſem
neuen Ausbruche des Unſinns nichts weiter zu
ſchaffen haben, er ließ daher dem Alten, was die-
ſem ſo wichtig zu ſeyn ſchien, und wollte gehen.
Der Alte hatte das Papier, auf welchem, wie dem
Jäger ein flüchtiger Blick gezeigt hatte, in den
Ecken allerhand Buchſtaben und Charaktere ſtanden,
glatt und grade geſtrichen, die Gläſer des Cylin-
ders abgewiſcht und hindurch geſehen. — Ach Lis-
beth! Lisbeth! ſeufzte er.
Dieſes Zauberwort feſſelte den Jäger an die
Stätte. Zu ſeiner Verwunderung ſah er, daß
der Alte ſich platt auf den Boden ſetzte und bit-
terlich zu weinen anfing wie ein Kind. Ach, ſagte
er und ſah wieder durch den Cylinder in die leere
Luft, indem er dabei das Blatt Papier ſteif in
der anderen Hand hielt, ich ſehe mein Kind Lisbeth
noch immer nicht dadurch. O wie gern legte ich mei-
nen Kopf auf ihren Schooß und ließe ihn ſtreicheln von
ihren ſanften Händen, denn die Regierungsſorgen
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/397>, abgerufen am 22.11.2024.
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