Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
Intermezzo.


Während der Schriftsteller sich in der Krypte
seinen zur Zeit noch verbotenen Gedanken ergab,
trug sich in der nahen Schenke eine derbe Scene
des Lebens zu. In der Stube nämlich fuhr durch
einen Kreis gaffender Bauern eine Gestalt, deren
auffallender Anzug durch die Eile, womit sie ihr
Ziel verfolgt hatte, in Unordnung gerathen war.
Sie hatte eine Erkundigung angestellt, welche ihr
von den Bauern nicht hatte gegeben werden kön-
nen, und war darauf rasch zur Thüre hinaus wie-
der dem Ziele ihrer Verfolgung nachgeeilt. Ob-
gleich diese Gestalt die wunderlichste und lächer-
lichste Figur bildete, so lachten die Bauern dennoch
nicht, sondern standen in stummen, nachdenklichen
und zum Theil verlegenen Gruppen umher. Ei-
nige strichen sich das Haar glatt, Andere sagten:
Hm! und Zwei legten den Finger an die Nase.
In der Mitte aber stand ein Mann, dessen Anzug
eine etwas höhere Beschäftigung anzeigte, denn er

Intermezzo.


Während der Schriftſteller ſich in der Krypte
ſeinen zur Zeit noch verbotenen Gedanken ergab,
trug ſich in der nahen Schenke eine derbe Scene
des Lebens zu. In der Stube nämlich fuhr durch
einen Kreis gaffender Bauern eine Geſtalt, deren
auffallender Anzug durch die Eile, womit ſie ihr
Ziel verfolgt hatte, in Unordnung gerathen war.
Sie hatte eine Erkundigung angeſtellt, welche ihr
von den Bauern nicht hatte gegeben werden kön-
nen, und war darauf raſch zur Thüre hinaus wie-
der dem Ziele ihrer Verfolgung nachgeeilt. Ob-
gleich dieſe Geſtalt die wunderlichſte und lächer-
lichſte Figur bildete, ſo lachten die Bauern dennoch
nicht, ſondern ſtanden in ſtummen, nachdenklichen
und zum Theil verlegenen Gruppen umher. Ei-
nige ſtrichen ſich das Haar glatt, Andere ſagten:
Hm! und Zwei legten den Finger an die Naſe.
In der Mitte aber ſtand ein Mann, deſſen Anzug
eine etwas höhere Beſchäftigung anzeigte, denn er

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0416" n="402"/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#g">Intermezzo</hi>.</head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Während der Schrift&#x017F;teller &#x017F;ich in der Krypte<lb/>
&#x017F;einen zur Zeit noch verbotenen Gedanken ergab,<lb/>
trug &#x017F;ich in der nahen Schenke eine derbe Scene<lb/>
des Lebens zu. In der Stube nämlich fuhr durch<lb/>
einen Kreis gaffender Bauern eine Ge&#x017F;talt, deren<lb/>
auffallender Anzug durch die Eile, womit &#x017F;ie ihr<lb/>
Ziel verfolgt hatte, in Unordnung gerathen war.<lb/>
Sie hatte eine Erkundigung ange&#x017F;tellt, welche ihr<lb/>
von den Bauern nicht hatte gegeben werden kön-<lb/>
nen, und war darauf ra&#x017F;ch zur Thüre hinaus wie-<lb/>
der dem Ziele ihrer Verfolgung nachgeeilt. Ob-<lb/>
gleich die&#x017F;e Ge&#x017F;talt die wunderlich&#x017F;te und lächer-<lb/>
lich&#x017F;te Figur bildete, &#x017F;o lachten die Bauern dennoch<lb/>
nicht, &#x017F;ondern &#x017F;tanden in &#x017F;tummen, nachdenklichen<lb/>
und zum Theil verlegenen Gruppen umher. Ei-<lb/>
nige &#x017F;trichen &#x017F;ich das Haar glatt, Andere &#x017F;agten:<lb/>
Hm! und Zwei legten den Finger an die Na&#x017F;e.<lb/>
In der Mitte aber &#x017F;tand ein Mann, de&#x017F;&#x017F;en Anzug<lb/>
eine etwas höhere Be&#x017F;chäftigung anzeigte, denn er<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[402/0416] Intermezzo. Während der Schriftſteller ſich in der Krypte ſeinen zur Zeit noch verbotenen Gedanken ergab, trug ſich in der nahen Schenke eine derbe Scene des Lebens zu. In der Stube nämlich fuhr durch einen Kreis gaffender Bauern eine Geſtalt, deren auffallender Anzug durch die Eile, womit ſie ihr Ziel verfolgt hatte, in Unordnung gerathen war. Sie hatte eine Erkundigung angeſtellt, welche ihr von den Bauern nicht hatte gegeben werden kön- nen, und war darauf raſch zur Thüre hinaus wie- der dem Ziele ihrer Verfolgung nachgeeilt. Ob- gleich dieſe Geſtalt die wunderlichſte und lächer- lichſte Figur bildete, ſo lachten die Bauern dennoch nicht, ſondern ſtanden in ſtummen, nachdenklichen und zum Theil verlegenen Gruppen umher. Ei- nige ſtrichen ſich das Haar glatt, Andere ſagten: Hm! und Zwei legten den Finger an die Naſe. In der Mitte aber ſtand ein Mann, deſſen Anzug eine etwas höhere Beſchäftigung anzeigte, denn er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/416
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/416>, abgerufen am 24.11.2024.