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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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den Packen und Laden im Flur, zum letzten An-
fassen bereit; der Hofschulze schaute unruhig nach der
zweiten und nach der improvisirten dritten Braut-
jungfer sich um; denn wenn diese nicht vor der Er-
scheinung des Bräutigams den Platz, den ihnen der
Tag anwies, nahmen, so war es nach seinem Ge-
fühle um die ganze Feierlichkeit geschehen. Doch da
kamen die beiden Erwarteten eben noch zur rech-
ten Zeit die Treppe herunter und stellten sich zu
der Ersten, als der Wagen gerade auf den freien
Platz vor dem Hause hinauslenkte.

Gleichmüthig im Gesicht, wie alle Hauptperso-
nen dieses Festes, stieg der Bräutigam vom Wa-
gen. Junge Leute, seine nächsten Freunde, folgten
ihm bebändert und bestraußt. Er schritt langsam
auf die Braut zu, die auch jetzt noch nicht empor-
sah, sondern immerfort nur spann und spann.
Nun befestigte ihm die erste Brautjungfer den gro-
ßen Strauß, worin Sternblume und Salbei duf-
teten, vorn auf der Brust an dem hochzeitlichen
Kleide. Der Bräutigam empfing diesen Schmuck,
ohne zu danken, denn der Dank gehörte nicht zum
Herkommen. Er reichte seinem Schwiegervater still-
schweigend die Hand, dann sie eben so stillschweigend

den Packen und Laden im Flur, zum letzten An-
faſſen bereit; der Hofſchulze ſchaute unruhig nach der
zweiten und nach der improviſirten dritten Braut-
jungfer ſich um; denn wenn dieſe nicht vor der Er-
ſcheinung des Bräutigams den Platz, den ihnen der
Tag anwies, nahmen, ſo war es nach ſeinem Ge-
fühle um die ganze Feierlichkeit geſchehen. Doch da
kamen die beiden Erwarteten eben noch zur rech-
ten Zeit die Treppe herunter und ſtellten ſich zu
der Erſten, als der Wagen gerade auf den freien
Platz vor dem Hauſe hinauslenkte.

Gleichmüthig im Geſicht, wie alle Hauptperſo-
nen dieſes Feſtes, ſtieg der Bräutigam vom Wa-
gen. Junge Leute, ſeine nächſten Freunde, folgten
ihm bebändert und beſtraußt. Er ſchritt langſam
auf die Braut zu, die auch jetzt noch nicht empor-
ſah, ſondern immerfort nur ſpann und ſpann.
Nun befeſtigte ihm die erſte Brautjungfer den gro-
ßen Strauß, worin Sternblume und Salbei duf-
teten, vorn auf der Bruſt an dem hochzeitlichen
Kleide. Der Bräutigam empfing dieſen Schmuck,
ohne zu danken, denn der Dank gehörte nicht zum
Herkommen. Er reichte ſeinem Schwiegervater ſtill-
ſchweigend die Hand, dann ſie eben ſo ſtillſchweigend

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[57/0071] den Packen und Laden im Flur, zum letzten An- faſſen bereit; der Hofſchulze ſchaute unruhig nach der zweiten und nach der improviſirten dritten Braut- jungfer ſich um; denn wenn dieſe nicht vor der Er- ſcheinung des Bräutigams den Platz, den ihnen der Tag anwies, nahmen, ſo war es nach ſeinem Ge- fühle um die ganze Feierlichkeit geſchehen. Doch da kamen die beiden Erwarteten eben noch zur rech- ten Zeit die Treppe herunter und ſtellten ſich zu der Erſten, als der Wagen gerade auf den freien Platz vor dem Hauſe hinauslenkte. Gleichmüthig im Geſicht, wie alle Hauptperſo- nen dieſes Feſtes, ſtieg der Bräutigam vom Wa- gen. Junge Leute, ſeine nächſten Freunde, folgten ihm bebändert und beſtraußt. Er ſchritt langſam auf die Braut zu, die auch jetzt noch nicht empor- ſah, ſondern immerfort nur ſpann und ſpann. Nun befeſtigte ihm die erſte Brautjungfer den gro- ßen Strauß, worin Sternblume und Salbei duf- teten, vorn auf der Bruſt an dem hochzeitlichen Kleide. Der Bräutigam empfing dieſen Schmuck, ohne zu danken, denn der Dank gehörte nicht zum Herkommen. Er reichte ſeinem Schwiegervater ſtill- ſchweigend die Hand, dann ſie eben ſo ſtillſchweigend

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/71>, abgerufen am 24.11.2024.