sie zu begrüßen, auf den Stein unter den Linden, den Königsstuhl, zu, setzte sich, stellte seine Füße auf das Kornmaaß und entbloßte das Haupt, wel- chem Beispiele die Bauern folgten. Dann zog er eine Flechte von Weidenzweigen aus dem Rock- ärmel und gab sie dem Frohnboten, der sie auf einen tischartigen Stein vor dem Stuhle legte.
Die Bauern murmelten und Einer fragte: Die Wyd sehen wir; wo ist das Schwert?
Der alte Freigraf zuckte zusammen und der Frohnbote antwortete statt seiner: Es hat nicht gleich auf der Stelle gefunden werden können.
Nachbarn, sagte der Hofschulze zitternden Lau- tes, es ist ein Malheur mit dem Schwerte von Carolus Magnus geschehen, und wenn Ihr so wollt, stehen wir auf und gehen heim.
Nein! riefen die Bauern; aber daß das Schwert mangelt, ist schlimm, denn es bedeutet das Kreuz, woran der Herr Christus gelitten hat.
Sie blieben in nachdenklichen Stellungen. Auch ihr alter Vorstand hatte Mühe, seine Fassung zu behalten. Er erhob indessen die Stimme und sprach zum Frohnboten:
ſie zu begrüßen, auf den Stein unter den Linden, den Königsſtuhl, zu, ſetzte ſich, ſtellte ſeine Füße auf das Kornmaaß und entbloßte das Haupt, wel- chem Beiſpiele die Bauern folgten. Dann zog er eine Flechte von Weidenzweigen aus dem Rock- ärmel und gab ſie dem Frohnboten, der ſie auf einen tiſchartigen Stein vor dem Stuhle legte.
Die Bauern murmelten und Einer fragte: Die Wyd ſehen wir; wo iſt das Schwert?
Der alte Freigraf zuckte zuſammen und der Frohnbote antwortete ſtatt ſeiner: Es hat nicht gleich auf der Stelle gefunden werden können.
Nachbarn, ſagte der Hofſchulze zitternden Lau- tes, es iſt ein Malheur mit dem Schwerte von Carolus Magnus geſchehen, und wenn Ihr ſo wollt, ſtehen wir auf und gehen heim.
Nein! riefen die Bauern; aber daß das Schwert mangelt, iſt ſchlimm, denn es bedeutet das Kreuz, woran der Herr Chriſtus gelitten hat.
Sie blieben in nachdenklichen Stellungen. Auch ihr alter Vorſtand hatte Mühe, ſeine Faſſung zu behalten. Er erhob indeſſen die Stimme und ſprach zum Frohnboten:
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ſie zu begrüßen, auf den Stein unter den Linden,
den Königsſtuhl, zu, ſetzte ſich, ſtellte ſeine Füße
auf das Kornmaaß und entbloßte das Haupt, wel-
chem Beiſpiele die Bauern folgten. Dann zog er
eine Flechte von Weidenzweigen aus dem Rock-
ärmel und gab ſie dem Frohnboten, der ſie
auf einen tiſchartigen Stein vor dem Stuhle
legte.
Die Bauern murmelten und Einer fragte: Die
Wyd ſehen wir; wo iſt das Schwert?
Der alte Freigraf zuckte zuſammen und der
Frohnbote antwortete ſtatt ſeiner: Es hat nicht
gleich auf der Stelle gefunden werden können.
Nachbarn, ſagte der Hofſchulze zitternden Lau-
tes, es iſt ein Malheur mit dem Schwerte von
Carolus Magnus geſchehen, und wenn Ihr ſo wollt,
ſtehen wir auf und gehen heim.
Nein! riefen die Bauern; aber daß das Schwert
mangelt, iſt ſchlimm, denn es bedeutet das Kreuz,
woran der Herr Chriſtus gelitten hat.
Sie blieben in nachdenklichen Stellungen. Auch
ihr alter Vorſtand hatte Mühe, ſeine Faſſung zu
behalten. Er erhob indeſſen die Stimme und
ſprach zum Frohnboten:
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/129>, abgerufen am 16.02.2025.
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