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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

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herbei. Der junge Bauer sah sehr stolz und freu-
dig aus, als er in den Kreis trat, in welchem
er die höchste Ehre von seines Gleichen empfan-
gen sollte.

Der Frohnbote gab ihm Anweisung, darauf
entblößte der junge Bauer sein rechtes Knie,
kniete bedeckten Hauptes vor seinem Schwieger-
vater nieder, legte die linke Hand auf die Weide,
die ihm der Frohnbote vorhielt, und empfing in
dieser Stellung vom Hofschulzen die Vermahnung
vor Eidbruch, die ihm unter schweren Verwün-
schungen ertheilt wurde. Bei der Weide solle er
denken an den Strick um den Hals, hieß es darin,
und bei der Linde, die er sehe, an den Baum,
der den Verräther trage. Vermaledeit sei dessen
Fleisch und Blut, der Wind solle ihn verwehen,
die Krähen, Raben und Thiere in der Luft sollen
ihn verführen und verzehren.

Noch schrecklichere Drohungen enthielt dieses
Verwarnen. Der Eidam verzog aber keine Miene
dabei. Hierauf nahm ihm der Frohnbote den Eid
ab, den der neue Schöffe nachsprach. Er schwor,
die Fehme zu hüten:


herbei. Der junge Bauer ſah ſehr ſtolz und freu-
dig aus, als er in den Kreis trat, in welchem
er die höchſte Ehre von ſeines Gleichen empfan-
gen ſollte.

Der Frohnbote gab ihm Anweiſung, darauf
entblößte der junge Bauer ſein rechtes Knie,
kniete bedeckten Hauptes vor ſeinem Schwieger-
vater nieder, legte die linke Hand auf die Weide,
die ihm der Frohnbote vorhielt, und empfing in
dieſer Stellung vom Hofſchulzen die Vermahnung
vor Eidbruch, die ihm unter ſchweren Verwün-
ſchungen ertheilt wurde. Bei der Weide ſolle er
denken an den Strick um den Hals, hieß es darin,
und bei der Linde, die er ſehe, an den Baum,
der den Verräther trage. Vermaledeit ſei deſſen
Fleiſch und Blut, der Wind ſolle ihn verwehen,
die Krähen, Raben und Thiere in der Luft ſollen
ihn verführen und verzehren.

Noch ſchrecklichere Drohungen enthielt dieſes
Verwarnen. Der Eidam verzog aber keine Miene
dabei. Hierauf nahm ihm der Frohnbote den Eid
ab, den der neue Schöffe nachſprach. Er ſchwor,
die Fehme zu hüten:


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[120/0132] herbei. Der junge Bauer ſah ſehr ſtolz und freu- dig aus, als er in den Kreis trat, in welchem er die höchſte Ehre von ſeines Gleichen empfan- gen ſollte. Der Frohnbote gab ihm Anweiſung, darauf entblößte der junge Bauer ſein rechtes Knie, kniete bedeckten Hauptes vor ſeinem Schwieger- vater nieder, legte die linke Hand auf die Weide, die ihm der Frohnbote vorhielt, und empfing in dieſer Stellung vom Hofſchulzen die Vermahnung vor Eidbruch, die ihm unter ſchweren Verwün- ſchungen ertheilt wurde. Bei der Weide ſolle er denken an den Strick um den Hals, hieß es darin, und bei der Linde, die er ſehe, an den Baum, der den Verräther trage. Vermaledeit ſei deſſen Fleiſch und Blut, der Wind ſolle ihn verwehen, die Krähen, Raben und Thiere in der Luft ſollen ihn verführen und verzehren. Noch ſchrecklichere Drohungen enthielt dieſes Verwarnen. Der Eidam verzog aber keine Miene dabei. Hierauf nahm ihm der Frohnbote den Eid ab, den der neue Schöffe nachſprach. Er ſchwor, die Fehme zu hüten:

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/132>, abgerufen am 21.11.2024.