Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Fancy, die Kammerjungfer ließ sich hören und
wurde gleich darauf sichtbar. Fancy, bringe mir
meine Crespine und setz' deinen Hut auf, wir
wollen noch etwas spazieren gehen, sagte ihre junge
Gebieterin.

Dürfen wir Sie nicht zu unserem Freunde beglei-
ten? fragten der Diaconus und der Oberamtmann.

Nein, versetzte die schöne Empfindliche mit
kurzem Ton, zu den ganz unschädlichen Besuchern
mag ich mich denn doch nicht gern zählen lassen.

Sie verschwand mit Fancy. Die Männer
gingen nach dem Krankenzimmer. Als der Dia-
conus bei Lisbeth vorbeiging, sagte er erstaunt und
halb leise zu ihr: Sie scheinen sich über des Doc-
tors Nachricht wenig gefreut zu haben.

Ich wußte schon lange die Wahrheit, versetzte
Lisbeth mit niedergeschlagenen Augen. Der Arzt
hatte meine Angst gesehen und mir entdeckt, wie
die Sache stand.

Und Sie konnten sich überwinden, Oswald nicht
zu besuchen?

Warum nicht? Wenn er nur gesund wird!
Kam ich und meine Sehnsucht da in Betracht?



Fancy, die Kammerjungfer ließ ſich hören und
wurde gleich darauf ſichtbar. Fancy, bringe mir
meine Crespine und ſetz’ deinen Hut auf, wir
wollen noch etwas ſpazieren gehen, ſagte ihre junge
Gebieterin.

Dürfen wir Sie nicht zu unſerem Freunde beglei-
ten? fragten der Diaconus und der Oberamtmann.

Nein, verſetzte die ſchöne Empfindliche mit
kurzem Ton, zu den ganz unſchädlichen Beſuchern
mag ich mich denn doch nicht gern zählen laſſen.

Sie verſchwand mit Fancy. Die Männer
gingen nach dem Krankenzimmer. Als der Dia-
conus bei Lisbeth vorbeiging, ſagte er erſtaunt und
halb leiſe zu ihr: Sie ſcheinen ſich über des Doc-
tors Nachricht wenig gefreut zu haben.

Ich wußte ſchon lange die Wahrheit, verſetzte
Lisbeth mit niedergeſchlagenen Augen. Der Arzt
hatte meine Angſt geſehen und mir entdeckt, wie
die Sache ſtand.

Und Sie konnten ſich überwinden, Oswald nicht
zu beſuchen?

Warum nicht? Wenn er nur geſund wird!
Kam ich und meine Sehnſucht da in Betracht?



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0206" n="194"/>
          <p>Fancy, die Kammerjungfer ließ &#x017F;ich hören und<lb/>
wurde gleich darauf &#x017F;ichtbar. Fancy, bringe mir<lb/>
meine Crespine und &#x017F;etz&#x2019; deinen Hut auf, wir<lb/>
wollen noch etwas &#x017F;pazieren gehen, &#x017F;agte ihre junge<lb/>
Gebieterin.</p><lb/>
          <p>Dürfen wir Sie nicht zu un&#x017F;erem Freunde beglei-<lb/>
ten? fragten der Diaconus und der Oberamtmann.</p><lb/>
          <p>Nein, ver&#x017F;etzte die &#x017F;chöne Empfindliche mit<lb/>
kurzem Ton, zu den ganz un&#x017F;chädlichen Be&#x017F;uchern<lb/>
mag ich mich denn doch nicht gern zählen la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Sie ver&#x017F;chwand mit Fancy. Die Männer<lb/>
gingen nach dem Krankenzimmer. Als der Dia-<lb/>
conus bei Lisbeth vorbeiging, &#x017F;agte er er&#x017F;taunt und<lb/>
halb lei&#x017F;e zu ihr: Sie &#x017F;cheinen &#x017F;ich über des Doc-<lb/>
tors Nachricht wenig gefreut zu haben.</p><lb/>
          <p>Ich wußte &#x017F;chon lange die Wahrheit, ver&#x017F;etzte<lb/>
Lisbeth mit niederge&#x017F;chlagenen Augen. Der Arzt<lb/>
hatte meine Ang&#x017F;t ge&#x017F;ehen und mir entdeckt, wie<lb/>
die Sache &#x017F;tand.</p><lb/>
          <p>Und Sie konnten &#x017F;ich überwinden, Oswald nicht<lb/>
zu be&#x017F;uchen?</p><lb/>
          <p>Warum nicht? Wenn er nur ge&#x017F;und wird!<lb/>
Kam ich und meine Sehn&#x017F;ucht da in Betracht?</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[194/0206] Fancy, die Kammerjungfer ließ ſich hören und wurde gleich darauf ſichtbar. Fancy, bringe mir meine Crespine und ſetz’ deinen Hut auf, wir wollen noch etwas ſpazieren gehen, ſagte ihre junge Gebieterin. Dürfen wir Sie nicht zu unſerem Freunde beglei- ten? fragten der Diaconus und der Oberamtmann. Nein, verſetzte die ſchöne Empfindliche mit kurzem Ton, zu den ganz unſchädlichen Beſuchern mag ich mich denn doch nicht gern zählen laſſen. Sie verſchwand mit Fancy. Die Männer gingen nach dem Krankenzimmer. Als der Dia- conus bei Lisbeth vorbeiging, ſagte er erſtaunt und halb leiſe zu ihr: Sie ſcheinen ſich über des Doc- tors Nachricht wenig gefreut zu haben. Ich wußte ſchon lange die Wahrheit, verſetzte Lisbeth mit niedergeſchlagenen Augen. Der Arzt hatte meine Angſt geſehen und mir entdeckt, wie die Sache ſtand. Und Sie konnten ſich überwinden, Oswald nicht zu beſuchen? Warum nicht? Wenn er nur geſund wird! Kam ich und meine Sehnſucht da in Betracht?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/206
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/206>, abgerufen am 24.11.2024.