bediente sich jetzt der Wendung, welche bei einem Streite so ziemlich klar die Niederlage anzeigt. Er sagte nämlich, daß diese Drohungen wohl nicht ganz der Ernst des Oberamtmanns seyn möchten, daß er gewiß Bedenken tragen werde, sie in ihrem vollen Umfange auszuführen.
Darauf versetzte der Amtmann sehr kalt und fest: Sie würden im Irrthume seyn, wenn Sie diese Meinung wirklich hegten. Ich bemerke wohl, daß die Scherze, welche die junge Baronesse in ihrer liebenswürdigen Laune zuweilen über mich macht, Sie zum Lachen über mich anreizen, und es mag auch wahr seyn, daß ich eine ziemlich son- derbare und graue Actenfigur bin. -- Ich habe neulich den sogenannten Patriotencaspar verhört, darüber den Grafen vergessen, kam zu spät auf den Oberhof und fand meinen Freund, der viel- leicht gesund mit mir gefahren wäre, erst wieder, als er blutend am Wege lag. Das war ein Schwa- benstreich. -- Indessen kann man solche begehen und doch bei manchem Puncte unbesieglich seyn. -- Glauben Sie mir, daß, wo ich mich in meinem Amte und Rechte fühle, Alles von mir abgleitet, wie von einem Felsen und daß ich dann fest zu
bediente ſich jetzt der Wendung, welche bei einem Streite ſo ziemlich klar die Niederlage anzeigt. Er ſagte nämlich, daß dieſe Drohungen wohl nicht ganz der Ernſt des Oberamtmanns ſeyn möchten, daß er gewiß Bedenken tragen werde, ſie in ihrem vollen Umfange auszuführen.
Darauf verſetzte der Amtmann ſehr kalt und feſt: Sie würden im Irrthume ſeyn, wenn Sie dieſe Meinung wirklich hegten. Ich bemerke wohl, daß die Scherze, welche die junge Baroneſſe in ihrer liebenswürdigen Laune zuweilen über mich macht, Sie zum Lachen über mich anreizen, und es mag auch wahr ſeyn, daß ich eine ziemlich ſon- derbare und graue Actenfigur bin. — Ich habe neulich den ſogenannten Patriotencaspar verhört, darüber den Grafen vergeſſen, kam zu ſpät auf den Oberhof und fand meinen Freund, der viel- leicht geſund mit mir gefahren wäre, erſt wieder, als er blutend am Wege lag. Das war ein Schwa- benſtreich. — Indeſſen kann man ſolche begehen und doch bei manchem Puncte unbeſieglich ſeyn. — Glauben Sie mir, daß, wo ich mich in meinem Amte und Rechte fühle, Alles von mir abgleitet, wie von einem Felſen und daß ich dann feſt zu
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0212"n="200"/>
bediente ſich jetzt der Wendung, welche bei einem<lb/>
Streite ſo ziemlich klar die Niederlage anzeigt.<lb/>
Er ſagte nämlich, daß dieſe Drohungen wohl nicht<lb/>
ganz der Ernſt des Oberamtmanns ſeyn möchten,<lb/>
daß er gewiß Bedenken tragen werde, ſie in ihrem<lb/>
vollen Umfange auszuführen.</p><lb/><p>Darauf verſetzte der Amtmann ſehr kalt und<lb/>
feſt: Sie würden im Irrthume ſeyn, wenn Sie<lb/>
dieſe Meinung wirklich hegten. Ich bemerke wohl,<lb/>
daß die Scherze, welche die junge Baroneſſe in<lb/>
ihrer liebenswürdigen Laune zuweilen über mich<lb/>
macht, Sie zum Lachen über mich anreizen, und<lb/>
es mag auch wahr ſeyn, daß ich eine ziemlich ſon-<lb/>
derbare und graue Actenfigur bin. — Ich habe<lb/>
neulich den ſogenannten Patriotencaspar verhört,<lb/>
darüber den Grafen vergeſſen, kam zu ſpät auf<lb/>
den Oberhof und fand meinen Freund, der viel-<lb/>
leicht geſund mit mir gefahren wäre, erſt wieder,<lb/>
als er blutend am Wege lag. Das war ein Schwa-<lb/>
benſtreich. — Indeſſen kann man ſolche begehen<lb/>
und doch bei manchem Puncte unbeſieglich ſeyn. —<lb/>
Glauben Sie mir, daß, wo ich mich in meinem<lb/>
Amte und Rechte fühle, Alles von mir abgleitet,<lb/>
wie von einem Felſen und daß ich dann feſt zu<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[200/0212]
bediente ſich jetzt der Wendung, welche bei einem
Streite ſo ziemlich klar die Niederlage anzeigt.
Er ſagte nämlich, daß dieſe Drohungen wohl nicht
ganz der Ernſt des Oberamtmanns ſeyn möchten,
daß er gewiß Bedenken tragen werde, ſie in ihrem
vollen Umfange auszuführen.
Darauf verſetzte der Amtmann ſehr kalt und
feſt: Sie würden im Irrthume ſeyn, wenn Sie
dieſe Meinung wirklich hegten. Ich bemerke wohl,
daß die Scherze, welche die junge Baroneſſe in
ihrer liebenswürdigen Laune zuweilen über mich
macht, Sie zum Lachen über mich anreizen, und
es mag auch wahr ſeyn, daß ich eine ziemlich ſon-
derbare und graue Actenfigur bin. — Ich habe
neulich den ſogenannten Patriotencaspar verhört,
darüber den Grafen vergeſſen, kam zu ſpät auf
den Oberhof und fand meinen Freund, der viel-
leicht geſund mit mir gefahren wäre, erſt wieder,
als er blutend am Wege lag. Das war ein Schwa-
benſtreich. — Indeſſen kann man ſolche begehen
und doch bei manchem Puncte unbeſieglich ſeyn. —
Glauben Sie mir, daß, wo ich mich in meinem
Amte und Rechte fühle, Alles von mir abgleitet,
wie von einem Felſen und daß ich dann feſt zu
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/212>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.