lichen Lager beigefallen wäre. Das zerschnitt ihm aber das Herz, welches den beiden Liebenden mit Innigkeit zugethan war und sich schon an der Aus- sicht geweidet hatte, durch sie die Anschauung eines seltenen Glückes zu gewinnen. Indessen hatte er nur noch wenig Hoffnung darauf, denn er meinte auch wie jeder dritte Zeuge eines Verhältnisses, daß keine Leidenschaft den Angriffen des Verstan- des auf die Länge gewachsen sei. So befürchtete er denn von der Herstellung Oswald's nichts als Einbuße, tiefes Leid und Zerstörung.
Die schöne Clelia hatte übrigens bei'm Er- wachen eine unerwartete Nachricht empfangen. Als sie nämlich in das Morgengewand geschlüpft war und sich nach ihrem Gemahle erkundigte, brachte ihr Fancy ein Billet von ihm, aus dem sie sah, daß er wirklich in der Nacht Extrapost genommen hatte und zum Besuche bei dem Oheim im Osna- brück'schen abgereiset war. Das Billet sagte ihr das zärtlichste Lebewohl, sagte ihr, daß er ihren Morgenschlummer nicht habe stören wollen und sprach den empfundensten Wunsch aus, daß eine baldige Schlichtung der Verwirrung, wie sie sich dieselbe vorgenommen, die Dauer dieser ersten ihm
lichen Lager beigefallen wäre. Das zerſchnitt ihm aber das Herz, welches den beiden Liebenden mit Innigkeit zugethan war und ſich ſchon an der Aus- ſicht geweidet hatte, durch ſie die Anſchauung eines ſeltenen Glückes zu gewinnen. Indeſſen hatte er nur noch wenig Hoffnung darauf, denn er meinte auch wie jeder dritte Zeuge eines Verhältniſſes, daß keine Leidenſchaft den Angriffen des Verſtan- des auf die Länge gewachſen ſei. So befürchtete er denn von der Herſtellung Oswald’s nichts als Einbuße, tiefes Leid und Zerſtörung.
Die ſchöne Clelia hatte übrigens bei’m Er- wachen eine unerwartete Nachricht empfangen. Als ſie nämlich in das Morgengewand geſchlüpft war und ſich nach ihrem Gemahle erkundigte, brachte ihr Fancy ein Billet von ihm, aus dem ſie ſah, daß er wirklich in der Nacht Extrapoſt genommen hatte und zum Beſuche bei dem Oheim im Osna- brück’ſchen abgereiſet war. Das Billet ſagte ihr das zärtlichſte Lebewohl, ſagte ihr, daß er ihren Morgenſchlummer nicht habe ſtören wollen und ſprach den empfundenſten Wunſch aus, daß eine baldige Schlichtung der Verwirrung, wie ſie ſich dieſelbe vorgenommen, die Dauer dieſer erſten ihm
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lichen Lager beigefallen wäre. Das zerſchnitt ihm
aber das Herz, welches den beiden Liebenden mit
Innigkeit zugethan war und ſich ſchon an der Aus-
ſicht geweidet hatte, durch ſie die Anſchauung eines
ſeltenen Glückes zu gewinnen. Indeſſen hatte er
nur noch wenig Hoffnung darauf, denn er meinte
auch wie jeder dritte Zeuge eines Verhältniſſes,
daß keine Leidenſchaft den Angriffen des Verſtan-
des auf die Länge gewachſen ſei. So befürchtete
er denn von der Herſtellung Oswald’s nichts als
Einbuße, tiefes Leid und Zerſtörung.
Die ſchöne Clelia hatte übrigens bei’m Er-
wachen eine unerwartete Nachricht empfangen. Als
ſie nämlich in das Morgengewand geſchlüpft war
und ſich nach ihrem Gemahle erkundigte, brachte
ihr Fancy ein Billet von ihm, aus dem ſie ſah,
daß er wirklich in der Nacht Extrapoſt genommen
hatte und zum Beſuche bei dem Oheim im Osna-
brück’ſchen abgereiſet war. Das Billet ſagte ihr
das zärtlichſte Lebewohl, ſagte ihr, daß er ihren
Morgenſchlummer nicht habe ſtören wollen und
ſprach den empfundenſten Wunſch aus, daß eine
baldige Schlichtung der Verwirrung, wie ſie ſich
dieſelbe vorgenommen, die Dauer dieſer erſten ihm
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/226>, abgerufen am 24.11.2024.
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